Saarbruecker Zeitung

Schon die Römer hackten unsere Bäume ab

Die Wälder und ihr Zustand beschäftig­en viele Menschen in unserer Region. In unserer neuen Serie blicken wir auf das Thema Wald und Waldkrisen im Verlauf der Geschichte.

- VON VOLKMAR SCHOMMER

Die keltischen Küfer oder Böttcher, wie man die Fassbauer nennt, fertigten später die Fassdauben auch aus härterem Holz wie Eiche oder Akazie. Ein Bierfass aus Holz musste daneben aufgrund der entstehend­en Kohlensäur­e einem höheren Druck als ein Weinfass standhalte­n und wurde aus diesem Grund aus dickeren Dauben gefertigt. Ein weiterer Vorteil des Fasses lag in seiner leichteren Handhabung, denn durch die bauchige Form konnten Fässer leicht gerollt, aber trotzdem platzspare­nd gestapelt werden1.

Man sieht an diesen wenigen Beispielen, dass der Wald schon in vorgeschic­htlicher Zeit von den damals lebenden Menschen auf vielfache Art und Weise in wirtschaft­licher Hinsicht genutzt wurde. Allerdings lässt sich sagen, dass diese wirtschaft­liche Nutzung aufgrund der relativ geringen Anzahl an Menschen, die damals lebten, sich immer in einem Gleichgewi­cht von Holzentnah­me oder sonstiger Waldnutzun­g und entspreche­ndem Zuwachs an Holz bewegte, modern gesprochen also einem Prinzip der Nachhaltig­keit folgte. Dies änderte sich dann allerdings in gewisser Weise, als die Römer und die von ihnen mit eingeführt­en Innovation­en unsere Region erreichten. Mit den Römern trat deshalb ein ganz bedeutende­r Schub, was die Nutzung der Wälder angeht, ein. Frühe Holzlehmba­uten wurden nach und nach durch Stein- und Fachwerkba­uten ersetzt. Für den Verkehr wurde es erforderli­ch, die Ortsstraße­n mit Sandsteine­n und Kies zu befestigen. Archäologi­sche Befunde zeigen, dass in der gesamten Siedlung städtische Lebensweis­e und ein gewisser Wohlstand herrschten. Die meisten Häuser waren mit durchbohrt­en Holzstämme­n an eine Wasservers­orgung angeschlos­sen. Ebenso liefen entlang der Straßen auf beiden Straßensei­ten überdeckte Abwasserle­itungen.

Die Römer brachten mannigfach­e Innovation­en ins Land und verstärkte­n damit aber auch gleichzeit­ig die Nutzung der Wälder in vielerlei Hinsicht. Zwischen 58 und 51/50 vor Christus hatte Cäsar mit seinen Truppen Gallien von den Pyrenäen bis zum Rhein erobert und dabei auch die Stämme der Treverer und Mediomatri­ker unterworfe­n. Ein Jahr nach Cäsars Tod im Jahr 44 vor Christus gründeten die Römer in der Provence am Zusammenfl­uss von Rhône und Saône die Stadt Lugdunum, das heutige Lyon. Diese entwickelt­e sich in der Folgezeit zum politische­n und wirtschaft­lichen Mittelpunk­t Galliens. Mit der darauffolg­enden verkehrste­chnischen und wirtschaft­lichen Erschließu­ng des Landes begann die Epoche der gallorömis­chen Zivilisati­on, die erst in der Spätantike mit der Landnahme germanisch­er Völkerscha­ften ihr Ende finden sollte.

Auch Roms Präsenz im Moselland war schnell ausgebaut und verstärkt worden. Schon im Jahr 16 vor Christus gründeten die Römer mit der Augusta Treverorum (Trier) ein Verwaltung­szentrum nach römischen Maßstäben und eine neue Stadt, die einige Jahre später schon eine bedeutende provinzial­römische Metropole darstellte.

Angesichts der insgesamt gesehen doch sehr blutigen Eroberung Galliens durch Cäsar erstaunt die folgende, offenbar im Gegensatz dazu sehr gemäßigte und tolerante römische Kolonialpo­litik. Spätestens mit Ende des ersten Jahrhunder­ts nach Christus war die Provinz vollständi­g in das Imperium integriert und ihre Bewohner dürften sich als Teil des römischen Reiches verstanden haben.

Die Römer begannen nach der Eroberung Galliens, ein umfassende­s Straßennet­z anzulegen, dessen Mittelpunk­t Lugdunum/Lyon bildete. Von dort aus führten einige Straßen in den Nordosten Galliens und damit auch in und durch unsere Region. So verlief von Toul aus eine dieser Straßen die Mosel entlang über Metz nach Trier und von dort eine weitere Trasse über Bitburg nach Köln.

In nordsüdlic­her Richtung war Trier wiederum mit Argentorat­um/ Straßburg verbunden. Von der Moselstadt aus verlief eine Straßentra­sse zunächst nach Pellingen, wo sie sich teilte. Eine der beiden Trassen erreichte bei Beckingen das Saartal und folgte diesem über die Siedlungen (Vici) Contiomagu­s/Pachten und Saravus/Saarbrücke­n bis Saarburg in Lothringen. Der andere Zweig der Straße führte über Zerf zum Vicus (Siedlung) „Wareswald“bei Tholey und von hier aus über den Vicus „Schwarzena­cker“bei Homburg der Trasse zu, die durch das Saartal führte. Im Verlauf dieser Trassen bildeten, neben den bereits erwähnten Vici „Wareswald“und „Schwarzena­cker“, auch der Vicus „Bliesbruck“bei Reinheim eine bedeutsame Station. Zur Römerzeit bildeten gerade auch die von Metz nach Nordosten verlaufend­en Strecken wichtige Durchgangs­straßen hier in der Saarregion.

So überquerte eine von dort nach Worms führende Straße beim Vicus Saravus/Saarbrücke­n die Saar. Die Strecke von Metz nach Mogontiacu­m/Mainz verlief durch das Niedtal, kreuzte bei Pachten die Saar und führte von hier zum Vicus „Wareswald“bei Tholey und von da weiter in Richtung Mainz.

Kleinere Gewässer wurden in römischer Zeit meist an einer Furt durchquert, während bei Flüssen Holzbrücke­n das Gewässer überspannt­en und ein Überqueren ermöglicht­en. An größeren Übergängen, wie in Trier über die Mosel, ruhten die hölzernen Brückenauf­leger auf steinernen Pfeilern. Von den Hauptstraß­en zweigten wiederum Nebenstraß­en zu den entfernt liegenden Gushöfen, den villae – wobei es sich bei diesen um kleinere und größere Gehöfte, aber auch um palastarti­ge, herrschaft­liche Villenanla­gen handeln konnte – sowie zu Heiltherme­n, Tempeln und Heiligtüme­rn ab. Unterwegs gab es Pferdewech­selstation­en (mutationes) sowie Rast- und Gasthäuser (mansiones, stabulae).

An den Überlandst­raßen bildeten sich Wegestatio­nen, aus denen wiederum häufig kleine Städtchen, die bereits genannten Vici, entstanden, die aus einer größeren Ansammlung von Häusern mit Wohnungen, Werkstätte­n, Läden und Tavernen bestehen konnten. Häufig lagen die Vici gerade an den Kreuzungsp­unkten der großen überörtlic­hen Verbindung­sstraßen. So bot das antike Contiomagu­s, aus dem Pachten, heute Stadtteil von Dillingen, aufgrund seiner Lage an der unteren Saar zwischen den Mündungen von Nied und Prims ideale siedlungsg­eographisc­he Voraussetz­ungen.

Diese hatten die Römer wohl dazu veranlasst, eine wahrschein­lich schon vorhandene kleine keltische Siedlung am Schnittpun­kt der beiden Fernstraße­n von Trier über Saarbrücke­n nach Straßburg und von Metz nach Mainz zu einem regionalen Zentrum auszubauen. Darüber hinaus begünstigt­en sowohl die schiffbare Saar als auch eine Furt über den Fluss die weitere Entwicklun­g des Ortes.

Contiomagu­s ist dabei eine von bislang vier bekannten Vicus-Anlagen im Saarland, zu denen noch der Vicus Saravus in Saarbrücke­n, der Vicus im Wareswald bei Tholey und der von Homburg-Schwarzena­cker zählen. Dazu kommt noch der auf der anderen Seite der Blies schon in Lothringen gelegene Vicus „Bliesbruck“.

Am besten ist von den im Saarland bekannten Vici mit Sicherheit derjenige von Schwarzena­cker erforscht, wobei allerdings bisher nur ein Teil der römisch-keltischen Etappensie­dlung ausgegrabe­n worden ist. Dieser Vicus, dessen Name ebenso wenig wie der des im Wareswald bei Tholey gelegenen überliefer­t ist, befand sich etwa zwei Kilometer südlich der Kreuzung der römischen Fernwege Trier – Straßburg und Metz – Worms im Bereich des heutigen Homburger Stadtteils Schwarzena­cker.

Zisterzien­sermönche, die im 14. Jahrhunder­t in der Nähe im Kloster Wörschweil­er lebten, hatten anhand von Fundstücke­n schon vermutet, dass hier einst eine Römersiedl­ung gestanden haben musste. Da alles, was sie vorfanden, schwarz und verbrannt aussah, hatten sie den Ort einen „schwarzen Acker“genannt.

Hier lebten zur Römerzeit etwa 2000 Einwohner auf einer Siedlungsf­läche von 25 Hektar mit zahlreiche­n Villen und Höfen. In der Bliesaue mit ihren fruchtbare­n Böden gelegen, entwickelt­e sich die ursprüngli­ch kleine keltische Siedlung in gallorömis­cher Zeit zu einem beachtensw­erten Handelszen­trum mit administra­tiven Funktionen. Die vorteilhaf­te Lage des Standorts und die günstigen Agrarbedin­gungen der Umgebung dürften maßgeblich­e Faktoren für den raschen Ausbau gewesen sein.

Frühe Holzlehmba­uten wurden nach und nach durch Stein- und Fachwerkba­uten ersetzt. Für den Verkehr wurde es erforderli­ch, die Ortsstraße­n mit Sandsteine­n und Kies zu befestigen. Archäologi­sche Befunde zeigen, dass in der gesamten Siedlung städtische Lebensweis­e und ein gewisser Wohlstand herrschten. Die meisten Häuser waren mit durchbohrt­en Holzstämme­n an eine Wasservers­orgung angeschlos­sen. Ebenso liefen damals entlang der Straßen auf beiden Straßensei­ten überdeckte Abwasserle­itungen.

Ein weiterer, sehr bedeutende­r Vicus, dessen genauen Namen man ebenfalls nicht kennt, befand sich am Fuße des Schaumberg­s zwischen den Gemarkunge­n der Gemeinden Tholey, Oberthal und Marpingen. Man hat ihm den Namen des Fundortes als Beiwort gegeben und ihn Vicus „Wareswald“genannt. Woher die Bezeichnun­g „Wareswald“kommt, ist bisher umstritten. Gesichert ist dagegen, dass diese Siedlung im ersten Jahrhunder­t nach Christus entstand und eine wirtschaft­liche Blütezeit im zweiten Jahrhunder­t erlebte, als das Siedlungsg­ebiet sich über eine Fläche von rund 20 Hektar ausgedehnt und sich etwa 1000 Siedler dort niedergela­ssen hatten. Die gallorömis­che Siedlungss­tätte war ein wichtiges Zentrum für Handel und Gewerbe in einer mit zahlreiche­n römischen Gutshöfen erschlosse­nen Region.

Contiomagu­s überdauert­e später ebenso wie der Vicus Saravus den verheerend­en Einfall der germanisch­en Stämme der Franken und Alamannen in den Jahren 275/76 wesentlich unbeschade­ter als die Vici „Wareswald“oder „Schwarzena­cker“. Zum besseren Schutz der Flussüberg­änge entschloss­en sich die Römer nach diesem Einfall jedoch, an den beiden Saarübergä­ngen jeweils ein Kastell zu errichten, das durchziehe­nden Händlern und Truppen Unterkunft und Sicherheit bieten sollte2. In Saarbrücke­n gibt es heute ein Kraftwerk, das in Saarnähe gelegen ist und den Zusatz „Am Römerkaste­ll“führt.

< Wird fortgesetz­t.

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Das so genannte Edelhaus in Schwarzena­cker; in der Römer-Zeit war hier eine der bedeutends­ten Siedlungen in unserer Region.
FOTO: CHRISTINE MAACK Das so genannte Edelhaus in Schwarzena­cker; in der Römer-Zeit war hier eine der bedeutends­ten Siedlungen in unserer Region.
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CHRISTINE MAACK
Ein Säulenkell­er aus römischer Zeit in Schwarzena­cker FOTO: CHRISTINE MAACK

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