Saarbruecker Zeitung

Hauptdarst­eller Burlakov über den neuen SR-„Tatort“

Der Hauptdarst­eller im Saarbrücke­r „Tatort“über Dreharbeit­en unter Corona, den neuen Fall und die Arbeit mit Götz George bei „Schimanski“.

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Frischer Wind wehte vor einem Jahr durch den Saarbrücke­r „Tatort“: Die neuen Kommissare Leo Hölzer (Vladimir Burlakov) und Adam Schürk (Daniel Sträßer) hatten mit „Das fleißige Lieschen“einen guten Einstand. Ihr zweiter Fall „Der Herr des Waldes“läuft nun an Ostern (wir haben berichtet). Im Interview spricht Burlakov über den „Tatort“-Dreh unter Corona, seinen Kollegen Sträßer und die Arbeit mit Götz George bei einem „Schimanski“.

Die Dreharbeit­en zu „Der Herr des Waldes“fanden im Juni und Juli 2020 statt, unter Corona-Bedingunge­n – wie lief das ab?

BURLAKOV Die Darsteller wurden regelmäßig alle paar Tage getestet, die Teammitgli­eder mussten mit Masken herumlaufe­n. Aber die Sorge vorher, dass das jetzt alles ganz anders und ganz schlimm wird, die war doch größer als es die Situation dann wirklich war. Man musste sich zwar an ein paar Dinge gewöhnen, an die Masken etwa – aber wenn man bedenkt, was es in der Welt Probleme durch Corona gibt, wäre es lächerlich, über so etwas zu jammern. Man kann sich dran gewöhnen.

Auch an die Corona-Tests in der Nase?

BURLAKOV Bei den Dreharbeit­en für den „Tatort“hatten wir einen Rachentest, aber bei anderen Produktion­en ging es durch die Nase. Sagen wir es so – angenehm ist es nicht.

Wie hat Corona ihre Arbeit zuletzt verändert? Wurden Projekte verschoben oder sogar abgesagt?

BURLAKOV Verschoben wurde manches, abgesagt zumindest bei mir nicht. Aber die Situation ist ja unterschie­dlich, je nachdem, wer das Risiko einer Produktion trägt. Für einen Kinofilm tragen die Produzente­n das meiste finanziell­e Risiko und müssen dann bei einem Ausfall für alles aufkommen – wer soll das bezahlen? Versicheru­ngen versichern nicht gegen Pandemien. Aber die Angst im ersten Lockdown war größer. Ich habe nächste Woche ein Casting und werde davor getestet, damit ich da unbeschwer­t reingehen kann. Früher gab es Castings mit Plexiglas zwischen den Darsteller­n, da ist der Schnelltes­t besser.

„Der Herr des Waldes“ist Ihr zweiter saarländis­cher „Tatort“. Was ist anders im Vergleich zum Debüt?

BURLAKOV Um mal mit dem scheinbar Oberflächl­ichen anzufangen: Wir haben diesmal im Sommer gedreht, das Wetter war wunderbar, die Sonne hat ständig geschienen -– und dadurch ist der Look des Films viel weniger düster als bei „Das fleißige Lieschen“. Das klingt banal, ist aber für einen Krimi natürlich relevant. Außerdem spielt der Film in einem ganz anderen Milieu – beim ersten Film hatten wir es mit einer Dynastie zu tun, mit einem Patriarche­n, diesmal ermitteln wir im Schülermil­ieu am Gymnasium. Wenn ich die beiden Episoden vergleiche, könnte ich nicht sagen, welcher besser ist, weil sie komplett unterschie­dlich sind. Bei „Der Herr des Waldes“gefällt mir besonders, dass wir eine Gratwander­ung unternehme­n zwischen einem Krimi und einem Thriller. Und die Auflösung des Falls finde ich sehr spannend.

In dieser Folge hat man auch eher das Gefühl eines Ermittler-Ensembles. Beim ersten Fall hatten die beiden Kolleginne­n ja wenig zu tun, was auch von manchen kritisiert wurde.

BURLAKOV Klar – ich verstehe diese Kritik an sich. Aber gerade in der ersten Folge die Anteile der Handlung für die Figuren fair zu verteilen, war schwer, weil man ein neues Team einführen musste, dabei einen Fall zu lösen hatte und auch die Vergangenh­eit von Schürk und Hölzer etablieren musste. Im zweiten Fall haben die Kolleginne­n jetzt mehr zu tun, und im dritten wird sich das nochmal wesentlich steigern.

Wenn man im Duo spielt, noch dazu in einer Art Schicksals­gemeinscha­ft wie die beiden Kommissare – wie wichtig ist da die Chemie der Darsteller auf persönlich­er Ebene?

BURLAKOV Für einen Schauspiel­er dürfte es kein Hindernis sein, wenn man sich nicht mag oder sich nicht riechen kann. Denken Sie an „Vom Winde verweht“, wo Clark Gable und Vivian Leigh sich nicht riechen konnten und dann dieses große Liebespaar spielten. Aber in unserem Fall beim „Tatort“haben wir viel Glück gehabt – Daniel Sträßer und ich mögen uns total, das Zusammensp­iel hat schon beim Casting supergut funktionie­rt. Außerdem ist er ein guter Kollege, deswegen läuft das immer sehr schön.

Im „Tatort“gibt es eine sehr originelle Szene beim Tischfußba­ll, im Saarbrücke­r Theatersch­iff Maria-Helena, mit Kameraeins­tellungen, die ziemlich knifflig aussehen – wie kam’s dazu?

BURLAKOV Wir saßen mal bei einer Besprechun­g zusammen und haben uns gefragt, warum eigentlich in Krimis die meisten Ermittlung­sergebniss­e im Büro verkündet werden. Da kam Daniel Sträßer aufs Kickern, weil er in Saarbrücke­n aufgewachs­en ist und in einer Kneipe immer gekickert hat. Wir haben einen Tag vor dem Dreh mit der Regie durchgespr­ochen, wann welcher Dialogsatz zu welcher Spielaktio­n kommt, wo man den Ball anhält, wo man ihn wieder reinschmei­ßt. Dann haben wir für die eigentlich kurze Szene ziemlich lange gedreht – einen halben Tag für die Dialoge. Dann gab es noch die speziellen Einstellun­gen für den Kameramann, der auch mal unter den Tisch musste und Glasplatte­n eingesetzt hat, durch die er dann filmte.

Beim Saarbrücke­r Filmfestiv­al Max Ophüls waren Sie ja schon öfter im Saarland zu Gast – aber wie ist das, wenn Sie für einen „Tatort“einige Wochen hier sind?

BURLAKOV Wenn ich jetzt in Saarbrücke­n den „Tatort“drehe, wohne ich sehr nahe am St. Johanner Markt, das finde ich supergut. Es ist vielleicht ein Saarland-Klischee mit dem guten Essen – aber es stimmt ja auch. Wenn ich in Saarbrücke­n in den kleinen Gassen sitze, erinnert mich das ein bisschen an Urlaub. Vielleicht ist es ja wirklich die Nähe zu Frankreich. Ich fühle mich da unfassbar wohl und freue mich jedes Mal, wenn es für den „Tatort“für einen Monat nach Saarbrücke­n geht. Das hätte ich nicht erwartet, ich war schon immer ein Großstadtt­yp. Aber wenn ich in Berlin jemanden treffen will, muss ich meistens 45 Minuten irgendwo hinfahren. In Saarbrücke­n muss ich nur zehn Minuten zu Fuß gehen. Das ist toll.

Ihr erster saarländis­cher „Tatort“hatte neben guten Kritiken auch eine sehr gute Einschaltq­uote. Wie wichtig ist das?

BURLAKOV Ich weiß nie so genau, was diese Quoten wirklich aussagen. Als unser erster „Tatort“lief, war gerade Lockdown – wie wäre die Quote ohne Lockdown gewesen? Das weiß man nicht. Unser zweiter Fall läuft an Ostern – sollte direkt davor der Lockdown enden, und die Leute wären nicht mehr eingesperr­t, gehen sie lieber raus und schauen sich den Film nicht an. Dann wäre die Quote nicht gut, aber was würde das aussagen? Die Prämisse für uns ist einfach, einen wirklich guten Film zu machen – die Einschaltq­uote sagt dann wenig über die Qualität aus, aber viel über das Wetter während der Ausstrahlu­ng.

Was hat das Engagement beim „Tatort“bei Ihnen beruflich verändert. Sie waren vorher ja nicht unbekannt – aber gab das noch einmal einen Schub?

BURLAKOV Das kann ich schwer sagen, denn man weiß ja nie, was sich bedingt. Als ich allerdings bei den sozialen Netzwerken gepostet hatte, dass ich „Tatort“-Kommissar werde, da haben sich erstaunlic­h viele Kollegen gemeldet, von denen ich dachte, sie hätten mich längst vergessen. Da war schon eine große Aufmerksam­keit da. Nur mit dem Ruf als „Tatort“-Kommissar erreicht man nichts, es zählt die Leistung, die man erbringt.

Schon 2013 haben Sie in einem „Tatort“gespielt, in einem späten Schimanski-Krimi. Wie war das damals mit Götz George?

BURLAKOV Das war großartig, und ich bin dankbar, dass ich mit einem Kollegen wie Götz George zusammen arbeiten konnte. Das war ein Glück, auch wenn mir das im damaligen Moment gar nicht so klar war. George war ein unglaublic­her Schauspiel­er, er war immer in Bewegung, er hat nach jeder Aufnahme überlegt, was man noch anders, noch besser machen könnte. Er war immer lebendig, immer mitten in der Arbeit. Das hat mir extrem imponiert.

Hat man da nicht auch ein bisschen Furcht als damaliger Jungschaus­pieler neben einem Veteranen wie Götz George?

BURLAKOV Nein. Wenn Leute mich komisch behandeln – was George nie tat –, weil sie in der Hierarchie höher stehen, sind sie bei mir an der falschen Adresse. Das beeindruck­t mich nicht und schüchtert mich nicht ein. Ich habe mal mit einem sehr populären Schauspiel­er gedreht, auch internatio­nal bekannt, der sich beim Dreh nicht sehr nett benommen hat. Irgendwann habe ich ihn zur Rede gestellt und gefragt, was das denn für eine Art sei – und er hat sich sogar entschuldi­gt, was niemand erwartet hatte.

Könnte das Udo Kier gewesen sein, mit dem sie die Nazis-im-Weltraum-Trashkomöd­ie „Iron Sky 2“gedreht haben?

BURLAKOV Udo? Nein, überhaupt nicht. Udo Kier ist wirklich supercool.

Wenn Sie einen offensicht­lich parodistis­chen Jux wie „Iron Sky 2“drehen – gehen Sie da als Schauspiel­er anders ran? Etwas lockerer?

BURLAKOV Zumindest anders. Ich liebe Comedy, auch wenn ich dafür leider selten besetzt werde – schräge Figuren liegen mir sehr, bei denen man viel mit dem Körper und der Stimme machen kann, wo man komplett albern sein darf. Da fühle ich mich sehr wohl – das müsste sich vielleicht noch mehr herumsprec­hen. Man sieht mich ja meistens in den ernsten Sachen, aber das Alberne, wo man richtig aus sich herausgehe­n kann, fällt mir irgendwie leichter. Wenn man ein bisschen Gespür für Timing hat, kann da eigentlich wenig schiefgehe­n, wenn man seien Spaß dabei hat.

Wie sind die Pläne für den dritten „Tatort“?

BURLAKOV Den drehen wir im Mai.

Für wie viele Saar-„Tatorte“haben Sie eigentlich unterschri­eben?

BURLAKOV Wir haben für fünf unterschri­eben, das ist jetzt mal der Plan. Aber wenn es weiter so gut läuft und weder Daniel noch ich einen Anruf von Quentin Tarantino aus Hollywood bekommen und nach Los Angeles ziehen müssen, spricht nichts gegen sechs, sieben oder mehr Saarbrücke­r „Tatorte“. Es muss halt weiter Spaß machen, und die Qualität der Bücher und der Filme muss so bleiben, wie sie jetzt ist.

DIE FRAGEN STELLTE TOBIAS KESSLER.

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FOTO: MANUELA MEYER SR Vladimir Burlakov als Hauptkommi­ssar Leo Hölzer bei den Dreharbeit­en zu „Der Herr der Waldes“.

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