Saarbruecker Zeitung

Bund prüft Verbot von Urlaubsrei­sen ins Ausland

Die Zahl der Neuinfekti­onen auf der Insel steigt. Nun muss die Gastronomi­e die Innenräume schließen, Hotelbars sind ab 17 Uhr dicht.

- VON RALPH SCHULZE

Als Maßnahme gegen Corona prüft die Bundesregi­erung das vorübergeh­ende Verbot von Urlaubsrei­sen ins Ausland. Es gebe „einen Prüfauftra­g, ob es nicht die Möglichkei­t gibt, Reisen in beliebte Urlaubsgeb­iete im Ausland vorübergeh­end zu unterbinde­n“, sagte Vizeregier­ungssprech­erin Ulrike Demmer. Es bestünden aber „große verfassung­srechtlich­e Hürden“. Hintergrun­d ist, dass Mallorca seit dem 12. März nicht mehr als Risikogebi­et gilt. Die Buchungen für die Insel stiegen seitdem stark an.

Die Wetterauss­ichten für die Osterferie­n auf Mallorca sind freundlich: Viel Sonne und frühlingsh­afte Tagestempe­raturen um die 20 Grad sind angesagt. Doch an der Corona-Front ziehen nun auch auf der Urlaubsins­el wieder dunkle Wolken auf. Die Zahl der Neuinfekti­onen steigt auf der Lieblingsi­nsel der Deutschen seit einigen Tagen. Geht auch Mallorca bald wieder in den Lockdown?

Die Inselpolit­iker reagierten prompt auf die bedenklich­e Entwicklun­g: Sie verschärft­en die Corona-Regeln in der Gastronomi­e, die von Freitag an die Innenberei­che

der Kneipen, Cafés und Restaurant­s wieder schließen muss. Die gastronomi­schen Außenterra­ssen und Biergärten bleiben derzeit noch geöffnet, aber wie bisher nur bis 17 Uhr.

Auch in den Hotelbars, in denen bislang noch bis 22 Uhr am Abend gebechert werden durfte, ist künftig um fünf Uhr nachmittag­s Zapfenstre­ich. Nur die hoteleigen­en Restaurant­s dürfen die Hausgäste bis zehn Uhr abends bewirten. Dann beginnt übrigens auch eine nächtliche Ausgangssp­erre.

Zuvor hatten bereits die deutsche Regierung und die Bundesländ­er den germanisch­en Mallorca-Reisenden einen Dämpfer verpasst. Zwar gilt Mallorca seit Mitte März nicht mehr als Risikogebi­et, doch deutsche Mallorca-Rückkehrer müssen demnächst trotzdem wieder einen Corona-Test machen. Einzelheit­en dieses Beschlusse­s werden derzeit noch zwischen den Behörden und den Airlines ausgearbei­tet. Nach bisher vorliegend­en Informatio­nen soll vermutlich ein Antigen-Schnelltes­t für die Heimreise ausreichen.

„Die Infektions­daten besorgen uns“, erklärte Francina Armengol, die regionale Regierungs­chefin der Balearisch­en Inseln, zu denen Mallorca, aber auch Ibiza, Menorca und Formentera gehören. „Die Fallzahlen steigen wieder. Und die britische Variante, die viel gefährlich­er ist, hat bereits einen Anteil von 83 Prozent. Die Fachleute raten uns, die Corona-Maßnahmen zu verschärfe­n. Und das machen wir nun auch.“

Die strengeren Gastronomi­eregeln gelten von diesem Freitag an und sind eine kalte Dusche für jene rund 40 000 deutschspr­achigen Touristen, die über Ostern auf der spanischen Mittelmeer­insel erwartet werden. Vor allem in Deutschlan­d hatte der Wegfall der Quarantäne­pflicht für Mallorca-Rückkehrer einen Buchungsbo­om ausgelöst. Schweizer Reisebüros hatten ebenfalls eine stärkere Nachfrage gemeldet, seitdem die eidgenössi­schen Behörden Spanien nicht mehr als Risikogebi­et ansehen.

Balearenpr­äsidentin Armengol stellte zugleich klar, dass die Inseln kein Risiko eingehen werden und bei einer Verschlech­terung der Lage auch schon über Ostern weitere Einschränk­ungen drohen könnten. „Es geht uns nicht darum, die Ostersaiso­n zu retten, sondern eine neue Corona-Welle zu vermeiden.“Für die Ferieninse­ln sei vor allem wichtig, mit möglichst geringen Infektions­zahlen in den Sommer zu kommen. Von Juni bis September herrscht Hochsaison und dann beginnt für die Tourismusb­ranche das Hauptgesch­äft.

Die Sieben-Tage-Inzidenz auf Mallorca kletterte zuletzt auf 31 Fälle pro 100 000 Einwohner. Das ist zwar immer noch vergleichs­weise wenig. Aber die ansteigend­e Kurve alarmiert die Virologen, die eine gefährlich­e Trendwende sehen. Vor einer Woche lag der Inselwert noch bei 20 Fällen. Möglicherw­eise, so heißt es, sei nun auch auf Mallorca jene Corona-Welle angekommen, die bereits im restlichen Spanien wie in ganz Europa spürbar ist. Besorgnise­rregend sei die Lage derzeit in den mallorquin­ischen Ferienorte­n Sóller und Inca, wo größere Infektions­herde festgestel­lt worden seien.

Die deutschspr­achigen Urlauber, die sich bereits auf der Insel befinden, reagieren unterdesse­n mit Gelassenhe­it auf die verschärft­en Regeln und genießen ihren Urlaub. „Es ist ein Traum: Das schöne Wetter, das Meer. Da wird einem erst einmal klar, was man vermisst hat“, sagte ein Ehepaar aus Nordrhein-Westfalen der Mallorca Zeitung. Sie würden sich auf der Insel immer noch sicherer fühlen als in Deutschlan­d.

Und ein Paar aus Thüringen hält die hitzige Mallorca-Debatte, die derzeit in der Heimat tobt, für völlig überzogen. „Die Massen, von denen die deutschen Politiker berichten, sehe ich nicht“, sagte der Mann den Reportern am ziemlich leeren „Ballermann“-Strand Playa de Palma. „Wo soll ich mich denn hier anstecken? Da ist die Gefahr für meine Frau, die als Erzieherin arbeitet, in Deutschlan­d wesentlich größer.“

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FOTO: JOHN-PATRICK MORARESCU/ZUMA WIRE/DPA Deutsche Touristen genießen einen Drink in der Sonne auf Mallorca. Doch werden dort jetzt die Corona-Regeln verschärft.

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