Die Trainer schlagen vor dem Gipfeltreffen Alarm
Die Corona-Pandemie und ihre Folgen überschatten das Spitzenspiel der Handball-Bundesligist zwischen Flensburg-Handewitt und dem THW Kiel.
(dpa) Filip Jicha konnte sich über den Sprung an die Tabellenspitze mit dem THW Kiel vor dem 104. Nord-Derby bei der SG Flensburg-Handewitt nicht so richtig freuen. Die beispiellose Terminhatz in der Corona-Krise hat beim Trainer des deutschen Handball-Meisters deutliche Spuren hinterlassen – und den Spaß an der Titeljagd minimiert. „Es ist einfach irre. Wir leben in einer Pandemie – und genau so fühlt sich auch die Tabelle an“, sagte Jicha vor dem Gipfeltreffen im Bundesliga-Titelrennen an diesem
Samstag (18.05 Uhr/ARD und Sky).
Im Anschluss an eine zweiwöchige Quarantäne im Februar musste der THW innerhalb von 13 Tagen sieben Spiele bestreiten, danach war der Großteil des Kaders in der Länderspielwoche gefordert. Nach der Rückkehr der Spieler von ihren Nationalmannschaften ging es im Drei-Tage-Rhythmus weiter. Zu viel, wie Jicha findet. „Unsere Spieler waren einen Monat ohne Training. Das finde ich schockierend“, sagte der 38-Jährige und prophezeite gravierende Langzeitfolgen: „Von der Belastung
her ist es für Spitzensportler eine Situation, die Spuren hinterlassen wird. Hintenraus werden diese Wochen der Terminhatz manche Profikarrieren sicherlich etwas abkürzen. Davon bin ich überzeugt.“
Ähnliche Befürchtungen hat Flensburgs Trainer Maik Machulla. „Ich glaube, dass wir irgendwann in eine Situation kommen, wo der ganze Wahnsinn auf den Schultern der Spieler ausgetragen wird. Der Spielrhythmus bringt eine enorm große Belastung mit sich“, sagte Machulla. Dennoch plädiert er dafür, die Saison
zu Ende zu spielen: „Eine Wertung am Grünen Tisch will keiner.“
Ob es wie im Vorjahr dazu kommt, ist derzeit nicht absehbar. „Wir sind mitten in der dritten Welle, es wird schwierig“, sagte Jicha. Jüngster Beleg dafür sind die positiven Corona-Fälle beim TBV Lemgo und bei der TSV Hannover-Burgdorf. Beide Teams befinden sich derzeit in Quarantäne – so wie übrigens auch die dänischen Nationalspieler der beiden Topclubs, Niklas Landin (Kiel) sowie Mads Mensah Larsen und Simon Hald (Flensburg).
Bei SG-Trainer Machulla hält sich die Vorfreude auf das Topspiel nicht nur wegen der Ausfälle in Grenzen. Denn nach den jüngsten coronabedingten Absagen der Partien gegen den Bergischen HC und in Melsungen muss der Vizemeister ausgerechnet im Topspiel einen Kaltstart hinlegen. „Es ist dieses Jahr ein bisschen Lotterie. Wir haben seit drei Wochen kein Pflichtspiel absolviert und wären gerne in Bestbesetzung angetreten. Davon profitiert jetzt der THW. Aber es bringt nichts, sich zu bemitleiden“, sagte Machulla.
Die Favoritenrolle schiebt der 44-Jährige dem Champions-League-Sieger zu. „Die sind richtig gut drauf. Jede Position ist doppelt mit Weltklasse besetzt“, sagte Machulla über den Nordrivalen aus Kiel. Mit einem Sieg würde der THW (33:3 Punkte) die Flensburger (32:4) vorerst distanzieren und der Titelverteidigung einen großen Schritt näher kommen.