Große Saar-Lehrerverbände für Testpflicht an allen Schulen
Die Lehrerverbände im Saarland sind sich einig. Die Tespflicht an Schulen muss kommen. Das Bildungsministerium hat aber Bedenken.
(gö) Weil sich laut Bildungsministerium nur wenig mehr als die Hälfte der Schüler an den freiwilligen Corona-Schnelltests in den saarländischen Schulen beteiligen, machen sich die großen Lehrerverbände für eine Testpflicht stark. Der Saarländische Lehrerinnenund Lehrerverband (SLLV), der Saarländische Philologenverband (SPhV) und die Gewerkschaft
Erziehung und Wissenschaft (GEW ) schlossen sich am Montag einer entsprechenden Forderung des Lehrerverbands „Reale Bildung“an.
Bildungsministerin Christine Streichert-Clivot (SPD) lehnt hingegen eine Testpflicht in den Schulen weiter ab. „Wir können Kinder und Jugendliche nicht einfach vom Unterricht ausschließen“, findet sie.
Lehrerverbände und Landesschülervertretung sind alarmiert: Nur etwas mehr als die Hälfte der Schülerinnen und Schüler lassen sich an den Schulen im Saarland kostenlos auf Corona testen. 45 Prozent lehnten nach Angaben des Bildungsministeriums das freiwillige Testangebot in der vergangenen Woche ab. „Wenn sich nicht alle testen lassen, dann ist das nicht effektiv“, sagt die Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Birgit Jenni und plädiert für eine Testpflicht an Schulen. Testen und Impfen seien momentan die einzigen Mittel, „damit wir überhaupt Präsenzunterricht anbieten können“.
Auch Marcus Hahn, der Vorsitzende des Saarländischen Philologenverbands (SPhV), findet: „Die Quote der Testungen bei den Schülern ist zu gering.“Der Neustart in den Wechselunterricht nach den Osterferien könne nur gelingen, wenn alle Schüler getestet werden. Die einzige Alternative dazu seien Quarantänen, die immer wieder verhängt werden müssten, wenn Ungetestete das Virus in die Schulen hineintragen, warnt Hahn. Zu einer Testpflicht an Schulen sagt er: „Wenn es rechtlich möglich ist, sollte man es auch tun.“
In Sachsen müssen sich seit dem 17. März Schüler ab der fünften Klasse mindestens einmal pro Woche auf Corona
testen lassen. Wer sich weigert, darf die Schule nicht mehr betreten und muss zurück in den Heimunterricht. Eilanträge mehrerer Schüler gegen einen dementsprechenden Passus in der Corona-Schutzverordnung des Freistaats lehnte das sächsische Oberverwaltungsgericht vergangene Woche ab.
Der Vorsitzenden des Saarländischen Lehrerinnen- und Lehrerverbands (SLLV) ist ein verpflichtender Corona-Test pro Woche zu wenig. „Wenn ich montags negativ getestet werde, kann ich donnerstags positiv sein“, gibt Lisa Brausch zu bedenken. Auch sei es nicht nachvollziehbar, dass solche Schnelltests bald in vielen Bereichen nötig sind, in Schulen aber nicht.
Wenn das Saarland nach Ostern Teile des öffentlichen Lebens für Getestete öffnet, müssen „allgemeine Standards
auch an Schulen eingehalten“werden, findet Karen Claassen, die Landesvorsitzende des Lehrerverbands „Reale Bildung“(VRB) und macht sich ebenfalls für Pflichttests in den Schulen stark – eine Forderung, die Landesschülersprecher Lennart-Elias Seimetz nur unterstreichen kann. Auch er spricht sich dafür aus, „verpflichtende Tests“an Saar-Schulen in Betracht zu ziehen, weil sich seiner Meinung nach einfach zu wenige Schüler freiwillig testen lassen.
Das saarländische Bildungsministerium kann sich hingegen mit einer Testpflicht an Schulen, für die auch der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) eintritt, nicht anfreunden. „Eine Teilnahme am Präsenzunterricht lediglich für Schülerinnen und Schüler zu ermöglichen, die einen negativen Test vorweisen können, kollidiert mit dem Recht auf Gleichbehandlung und dem Recht auf Bildung“, sagt Bildungsministerin Christine Streichert-Clivot (SPD). Und auch die Schulpflicht gelte weiterhin. „Wir können Kinder und Jugendliche nicht einfach vom Unterricht ausschließen.“Darüber hinaus müssten bei einer Testpflicht auch konstant die Kapazitäten, also Tests und Personal, sichergestellt sein.
Seit dem 26. Februar können sich Schüler, Lehrer und sonstige Beschäftigte an Saar-Schulen zwei Mal pro Woche freiwillig kostenlos auf Corona testen lassen. Laut Bildungsministeriums wurden bislang rund 153 000 Schnelltests durchgeführt, davon rund 115000 bei Schülern. Rund 27000 entfielen auf Lehrkräfte und 11 000 auf sonstige Beschäftigte (Stand 25. März). Die Tests werden durch einen Arzt oder einen Apotheker vorgenommen – für 15 Euro je Test. Bislang hat die Landesregierung dafür 2,3 Millionen Euro ausgeben müssen. Bildungsministerin Streichert-Clivot betont, dass man das Testangebot zwar „anders organisieren“müsse, je „ausgefeilter die Schnelltests in der Selbstanwendung werden“. Ein klares „Ja“zu sogenannten Selbsttests gab die Ministerin aber nicht. „In den Bildungseinrichtungen müssen die Tests mit einer hohen Qualität versehen werden, und hier ist ein besonders sensibler Umgang gefordert.“
In Rheinland-Pfalz setzt Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) auf Selbsttests. Unter Anleitung der Lehrer können die Schüler freiwillig einmal pro Woche einen Selbsttest vornehmen. Auch die Lehrer sowie die Kita-Beschäftigten sollen die Tests selbst anwenden. Dafür hat Rheinland-Pfalz 4,5 Millionen dieser Tests beschafft – für 20 Millionen Euro.
„Wenn es rechtlich möglich ist, sollte man
es auch tun.“
Marcus Hahn
Vorsitzender Saarländischer Philologenverband (SPhV) zur Testpflicht an Schulen