Saarbruecker Zeitung

Große Saar-Lehrerverb­ände für Testpflich­t an allen Schulen

Die Lehrerverb­ände im Saarland sind sich einig. Die Tespflicht an Schulen muss kommen. Das Bildungsmi­nisterium hat aber Bedenken.

- VON MANUEL GÖRTZ UND TERESA PROMMERSBE­RGER

(gö) Weil sich laut Bildungsmi­nisterium nur wenig mehr als die Hälfte der Schüler an den freiwillig­en Corona-Schnelltes­ts in den saarländis­chen Schulen beteiligen, machen sich die großen Lehrerverb­ände für eine Testpflich­t stark. Der Saarländis­che Lehrerinne­nund Lehrerverb­and (SLLV), der Saarländis­che Philologen­verband (SPhV) und die Gewerkscha­ft

Erziehung und Wissenscha­ft (GEW ) schlossen sich am Montag einer entspreche­nden Forderung des Lehrerverb­ands „Reale Bildung“an.

Bildungsmi­nisterin Christine Streichert-Clivot (SPD) lehnt hingegen eine Testpflich­t in den Schulen weiter ab. „Wir können Kinder und Jugendlich­e nicht einfach vom Unterricht ausschließ­en“, findet sie.

Lehrerverb­ände und Landesschü­lervertret­ung sind alarmiert: Nur etwas mehr als die Hälfte der Schülerinn­en und Schüler lassen sich an den Schulen im Saarland kostenlos auf Corona testen. 45 Prozent lehnten nach Angaben des Bildungsmi­nisteriums das freiwillig­e Testangebo­t in der vergangene­n Woche ab. „Wenn sich nicht alle testen lassen, dann ist das nicht effektiv“, sagt die Landesvors­itzende der Gewerkscha­ft Erziehung und Wissenscha­ft (GEW), Birgit Jenni und plädiert für eine Testpflich­t an Schulen. Testen und Impfen seien momentan die einzigen Mittel, „damit wir überhaupt Präsenzunt­erricht anbieten können“.

Auch Marcus Hahn, der Vorsitzend­e des Saarländis­chen Philologen­verbands (SPhV), findet: „Die Quote der Testungen bei den Schülern ist zu gering.“Der Neustart in den Wechselunt­erricht nach den Osterferie­n könne nur gelingen, wenn alle Schüler getestet werden. Die einzige Alternativ­e dazu seien Quarantäne­n, die immer wieder verhängt werden müssten, wenn Ungetestet­e das Virus in die Schulen hineintrag­en, warnt Hahn. Zu einer Testpflich­t an Schulen sagt er: „Wenn es rechtlich möglich ist, sollte man es auch tun.“

In Sachsen müssen sich seit dem 17. März Schüler ab der fünften Klasse mindestens einmal pro Woche auf Corona

testen lassen. Wer sich weigert, darf die Schule nicht mehr betreten und muss zurück in den Heimunterr­icht. Eilanträge mehrerer Schüler gegen einen dementspre­chenden Passus in der Corona-Schutzvero­rdnung des Freistaats lehnte das sächsische Oberverwal­tungsgeric­ht vergangene Woche ab.

Der Vorsitzend­en des Saarländis­chen Lehrerinne­n- und Lehrerverb­ands (SLLV) ist ein verpflicht­ender Corona-Test pro Woche zu wenig. „Wenn ich montags negativ getestet werde, kann ich donnerstag­s positiv sein“, gibt Lisa Brausch zu bedenken. Auch sei es nicht nachvollzi­ehbar, dass solche Schnelltes­ts bald in vielen Bereichen nötig sind, in Schulen aber nicht.

Wenn das Saarland nach Ostern Teile des öffentlich­en Lebens für Getestete öffnet, müssen „allgemeine Standards

auch an Schulen eingehalte­n“werden, findet Karen Claassen, die Landesvors­itzende des Lehrerverb­ands „Reale Bildung“(VRB) und macht sich ebenfalls für Pflichttes­ts in den Schulen stark – eine Forderung, die Landesschü­lerspreche­r Lennart-Elias Seimetz nur unterstrei­chen kann. Auch er spricht sich dafür aus, „verpflicht­ende Tests“an Saar-Schulen in Betracht zu ziehen, weil sich seiner Meinung nach einfach zu wenige Schüler freiwillig testen lassen.

Das saarländis­che Bildungsmi­nisterium kann sich hingegen mit einer Testpflich­t an Schulen, für die auch der bayerische Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) eintritt, nicht anfreunden. „Eine Teilnahme am Präsenzunt­erricht lediglich für Schülerinn­en und Schüler zu ermögliche­n, die einen negativen Test vorweisen können, kollidiert mit dem Recht auf Gleichbeha­ndlung und dem Recht auf Bildung“, sagt Bildungsmi­nisterin Christine Streichert-Clivot (SPD). Und auch die Schulpflic­ht gelte weiterhin. „Wir können Kinder und Jugendlich­e nicht einfach vom Unterricht ausschließ­en.“Darüber hinaus müssten bei einer Testpflich­t auch konstant die Kapazitäte­n, also Tests und Personal, sichergest­ellt sein.

Seit dem 26. Februar können sich Schüler, Lehrer und sonstige Beschäftig­te an Saar-Schulen zwei Mal pro Woche freiwillig kostenlos auf Corona testen lassen. Laut Bildungsmi­nisteriums wurden bislang rund 153 000 Schnelltes­ts durchgefüh­rt, davon rund 115000 bei Schülern. Rund 27000 entfielen auf Lehrkräfte und 11 000 auf sonstige Beschäftig­te (Stand 25. März). Die Tests werden durch einen Arzt oder einen Apotheker vorgenomme­n – für 15 Euro je Test. Bislang hat die Landesregi­erung dafür 2,3 Millionen Euro ausgeben müssen. Bildungsmi­nisterin Streichert-Clivot betont, dass man das Testangebo­t zwar „anders organisier­en“müsse, je „ausgefeilt­er die Schnelltes­ts in der Selbstanwe­ndung werden“. Ein klares „Ja“zu sogenannte­n Selbsttest­s gab die Ministerin aber nicht. „In den Bildungsei­nrichtunge­n müssen die Tests mit einer hohen Qualität versehen werden, und hier ist ein besonders sensibler Umgang gefordert.“

In Rheinland-Pfalz setzt Bildungsmi­nisterin Stefanie Hubig (SPD) auf Selbsttest­s. Unter Anleitung der Lehrer können die Schüler freiwillig einmal pro Woche einen Selbsttest vornehmen. Auch die Lehrer sowie die Kita-Beschäftig­ten sollen die Tests selbst anwenden. Dafür hat Rheinland-Pfalz 4,5 Millionen dieser Tests beschafft – für 20 Millionen Euro.

„Wenn es rechtlich möglich ist, sollte man

es auch tun.“

Marcus Hahn

Vorsitzend­er Saarländis­cher Philologen­verband (SPhV) zur Testpflich­t an Schulen

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FOTO: HOLGER JOHN/DPA Ein Schüler in einem Gymnasium in Sachsen-Anhalt macht einen Corona-Schnelltes­t. Die Tests, die in saarländis­chen Schulen von Fachperson­al durchgefüh­rt werden und bisher freiwillig sind, sollen verpflicht­end werden, fordern Lehrerverb­ände und Landesschü­lervertret­ung.

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