Hat Merkel mit ihren Drohungen die K-Frage entschieden?
Während CSU-Chef Söder der Kanzlerin nach ihrem Interview demonstrativ den Rücken stärkt, geht CDU-Chef Laschet seinerseits in die Offensive.
Es wirkte wie eine konzertierte Aktion. Kaum hatte Angela Merkel am Sonntagabend ihr Interview bei Anne Will beendet, erschien CSUChef Markus Söder auf dem Bildschirm. In den Tagesthemen stärkte Söder der Kanzlerin demonstrativ den Rücken, auch er könne sich im Kampf gegen die Pandemie mehr Kompetenzen des Bundes vorstellen. Merkel hatte zuvor den Ländern mit Änderungen des Infektionsschutzgesetzes gedroht – und den neuen CDU-Chef Armin Laschet gerüffelt. Damit könnte sie die Entscheidung in der K-Frage in eine Richtung gelenkt haben.
In dem Interview bescheinigte Merkel dem NRW-Ministerpräsidenten – und anderen – einen Verstoß gegen die von Bund und Ländern Anfang März beschlossene Notbremse bei Inzidenzzahlen über 100. Freilich erst auf Nachhaken der Talkmasterin. „Da, wo jetzt der Eindruck erzeugt wird, wir können noch irgendwas öffnen – das ist im Augenblick nicht das Gebot der Stunde“, warnte die Kanzlerin. „Ich werde jedenfalls nicht zuschauen, dass wir 100 000 Infizierte haben.“Das zielte ebenso auf den Saarländer Tobias Hans (CDU), der in seinem Land nach Ostern weitere Öffnungsschritte gehen will.
Söder blies daraufhin in der ARD ins selbe Horn: In einigen Bundesländern würden viele der beschlossenen Maßnahmen nicht umgesetzt. Er habe „kein gutes Gefühl dabei“. Wie die Kanzlerin könne auch er sich weitergehende Kompetenzen des Bundes über das Infektionsschutzgesetz
vorstellen, um die Länder zu klaren Regeln zu zwingen. „Ich bin da sehr dafür und offen“, so Söder. Der Schulterschluss war damit perfekt – Merkel und Söder versus Laschet. Die Kanzlerin und der Bayer verbindet im Pandemiekampf seit Monaten viel mehr. Beide sind im „Team Vorsicht“und Befürworter harter Lockdown-Maßnahmen. Anders als der NRW-Mann.
Ursprünglich wollte Laschet nach der Präsidiumssitzung der CDU am Montag keine Pressekonferenz geben, zumal er an diesem Dienstag eine Grundsatzrede zur programmatischen Ausrichtung seiner Partei im Bundestagswahljahr halten will. Angesichts der Vorwürfe und des Zusammenspiels von Merkel und Söder fühlte er sich aber offenbar gezwungen, doch in die Offensive zu gehen. Es helfe nicht weiter, so Laschet, „wenn Bund und Länder sich die Verantwortung gegenseitig zuschieben. Und es hilft erst recht nicht weiter, wenn Ministerpräsidenten über andere Länder urteilen.“Eine klare Watsche für Söder, der im Laufe der Pandemie immer mal wieder vor allem gegen NRW ausgeteilt hatte.
Laschet ergänzte: Kontakte herunterzufahren, Anreize zu geben, sich testen zu lassen, das sei ebenfalls ein von den Ministerpräsidenten beschlossener Weg, um Infektionsketten zu brechen. Von einem laxen Umgang mit der Pandemie, wie die Kanzlerin suggeriert hatte, wollte Laschet nichts wissen. Außerdem erteilte er Merkel eine Abfuhr hinsichtlich der Änderung des Infektionsschutzgesetzes zugunsten des Bundes. Auch wenn er für Vorschläge offen sei, was besser gemacht werden könne, wenn jeder seine Hausaufgaben mache, „wird das Infektionsschutzgesetz erfüllt“. Basta.
Gleichwohl scheint Merkels Rüffel und der Tandem-Coup von Kanzlerin und bayerischem Ministerpräsidenten die Debatte über die K-Frage jetzt zu beschleunigen. Erste Bundestagsabgeordnete sprachen sich offen für Söder als Kanzlerkandidaten aus – etwa der pfälzische CDUMann Johannes Steiniger und seine Kollegin aus Baden-Württemberg, Ronja Kemmer. Nicht zuletzt auch wegen der schlechten Umfragewerte. Der CDU-Chef selbst betonte vor der Presse, der Zeitplan bleibe bestehen. Zwischen Ostern und Pfingsten werde die Personalfrage zwischen ihm und Söder entschieden. „Ostern beginnt bekanntlich am kommenden Sonntag“, ergänzte der Vorsitzende vielsagend.