Saarländische Unternehmerinnen machen Mut
Viele Frauen scheuen den Schritt in die Selbstständigkeit. Damit sich das ändert, berichten zwei Gründerinnen von ihren Erfahrungen.
Mutig? Nein, mutig findet Alexandra Blatt sich nicht. „Ich höre das öfter“, erzählt die 37-Jährige, „ich selber empfinde das gar nicht so.“Allerdings, fügt sie hinzu: Ihre Eltern hätten sie auch immer unterstützt. Und überhaupt kenne sie es ja nicht anders. Die Sicherheit, das
„Geregelte“einer festen Stelle – auf all das hat Blatt verzichtet, als sie sich entschloss, direkt nach dem Studium in die Selbstständigkeit zu starten.
Bereut hat sie es bisher nicht: Auch elf Jahre später ist die Grafikerin mit ihrem Saarbrücker Ein-Frau-Unternehmen „Büro für Kommunikationsdesign“erfolgreich. Ihre Schwerpunkte liegen in den Bereichen Markenbildung und Corporate Design. „Ich arbeite für ganz unterschiedliche kleine und mittelständische Unternehmer – vom Handwerksbetrieb über die Anwaltskanzlei bis hin zum Restaurant, sowohl auf regionaler, als auch nationaler Ebene“, erklärt die gebürtige Ottweilerin. Die eigene Chefin zu sein, hat einige Vorteile. Blatt schätzt vor allem die Unabhängigkeit. Inzwischen kann sie es sich erlauben, Kunden auch mal abzulehnen, wenn es „auf persönlicher Ebene nicht passt“.
Auch wenn Blatts eigene Erfahrungen positiv waren: Der Schritt in die Selbstständigkeit ist schwer, vor allem für Frauen. So lag der Frauenanteil unter den Personen, die 2019 ein Unternehmen gegründet haben, nach Angaben des Statistischen Bundesamts deutschlandweit bei nur 30,2 Prozent. Das Saarland schneidet dafür im Ländervergleich gut ab: Mit 32,2 Prozent landet es hinter Rheinland-Pfalz auf dem zweiten Platz und kann auch den zweithöchsten Zuwachs verzeichnen. Seit 2007 ist hier der Frauenanteil um 0,8 Prozent gestiegen, während er in zwölf Bundesländern sogar gesunken ist.
Weil da aber immer noch Luft nach oben ist, gibt es die Initiative
„Frauen unternehmen“des Bundeswirtschaftsministeriums. Auf Vorschlag des Saar-Wirtschaftsministeriums wurde Alexandra Blatt zur Botschafterin dieser Initiative – als eine von sechs saarländischen „Vorbild-Unternehmerinnen“. Als solche hilft Blatt ehrenamtlich, Frauen zur Gründung ihres eigenen Unternehmens zu begeistern. Auch während der Pandemie: So war sie Gast bei der Online-Veranstaltung „Unternehmerinnen erzählen ihre Geschichte“der
Netzwerkstelle Frauen im Beruf der saarländischen Arbeitskammer. Diese wird über das saarländische Wirtschaftsministerium mit Mitteln aus dem Europäischen Sozialfonds und durch das Landesarbeitsmarktprogramm „Frauen in Arbeit“sowie über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung gefördert.
Blatt ist es wichtig, Mädchen und Frauen überhaupt andere Möglichkeiten aufzuzeigen – ihnen zu vermitteln, dass der Weg nach einer Ausbildung
oder einem Studium nicht schnurstracks und zwangsläufig in ein Angestelltenverhältnis führen muss.
Diesen Mut, ihren eigenen Weg zu finden, brauchte auch Silke Freudenberg, die als zweite Vorbild-Unternehmerin während der Veranstaltung ebenfalls von ihrem Werdegang berichtet. Und der ist nochmal ganz anders: So hat Freudenberg einige Jahre als Physiotherapeutin gearbeitet, bevor sie sich entschloss, „ihren Horizont zu erweitern“und ein Studium in Spanisch, Betriebswirtschaft und Psychologie aufnahm. „Dabei habe ich dann mein Herz für die Veranstaltungsbranche entdeckt“, erzählt sie – und wurde direkt von der Universität weg engagiert, um als Vizedirektorin (und einzige Deutsche) beim spanischen Pavillon der Expo 2000 in Hannover mitzuarbeiten.
Es folgten viele Jahre Arbeit im Ausland bei Bosch, später ein Wechsel nach Stuttgart, bis sie schließlich in Homburg landete. „In all dieser Zeit wuchs in mir der Wunsch, mich mit meiner Begeisterung für die Veranstaltungsbranche auf eigene Beine zu stellen.“Seit 2014 betreibt sie mit „SF Eventprotokoll & Coaching“ihre eigene Eventagentur – allen Menschen in ihrem Umfeld zum Trotz, die mahnten, die Sicherheit ihres festen Arbeitsplatzes nicht aufzugeben.
„Sehr inspirierend“, findet eine Zuhörerin die Lebensgeschichten am Ende der Veranstaltung, bei der Interessierte den Vorbild-Unternehmerinnen auch Fragen stellen konnten. Nach der Pandemie werden diese mit ihren ehrenamtlichen Kolleginnen auch wieder „in Präsenz“zur Stelle sein – um zu zeigen, dass Unternehmertum auch weiblich sein kann.