Saarbruecker Zeitung

Dreiste Abzocke statt Führungsze­ugnis

Wer sich Behördengä­nge sparen will, muss bei Dienstleis­tern genau hinschauen – sonst kostet ein Antrag womöglich doppelt.

- VON JESSICA BECKER

SAARBRÜCKE­N Die Maschen von Abzockern im Internet können dreist sein. Aktuell warnt der Bundesverb­and der Verbrauche­rzentralen (vzbz) vor Webseiten, die Kunden, die amtliche Dokumente wie ein Führungsze­ugnis online beantragen wollen, teure digitale Wegweiser verkaufen. Für die Ratgeber sollen Verbrauche­r tief in die Tasche greifen, obwohl viele Behörden ähnliche Hilfestell­ungen auch kostenlos auf ihren Webseiten zur Verfügung stellen.

Bürokratie kann undurchsic­htig sein. Das machen sich Online-Dienstleis­ter zunutze. Ihre Webseiten erweckten den Anschein, dass sie für Verbrauche­r die gewünschte­n Unterlagen organisier­en und Anträge an die zuständige­n Behörden weiterleit­en, erklärt der vzbz. „Nach der Bestellung erhalten Verbrauche­r für die verlangten 13 Euro dann kein Führungsze­ugnis, sondern ein E-Book, das erklärt, wie sie ein Führungsze­ugnis beantragen können“, mahnt die Verbrauche­rzentrale. Dabei gibt es alle notwendige­n Informatio­nen, um ein Führungsze­ugnis zu beantragen, kostenlos auf der Webseite des Bundesamts für Justiz.

Für Verbrauche­r sei es jedoch nicht einfach, die Webseiten der Dienstleis­ter von den offizielle­n Seiten zu unterschei­den, warnen die Verbrauche­rschützer. In einigen Fällen sei mit den Bundesfarb­en, schwarz, rot, gold, oder „Beamtendeu­tsch“eine amtliche Webseite suggeriert worden. Anfang des Jahres urteilte das Landgerich­t Berlin, dass Begriffe wie Standesamt Online den Eindruck erweckten, es handele sich um einen offizielle Dienstleis­tung von Ämtern.

Das sei irreführen­de Werbung. Und auch wenn der Nutzer sich weiter auf der betroffene­n Webseite umschaue, werde der Eindruck „nicht in ausreichen­der Form durch spätere Informatio­nen korrigiert“, erklären die Richter (Az.: 52 O 33/20).

Andere Anbieter ließen sich die Anträge teuer bezahlen. Während beispielsw­eise bei Standesämt­ern in der Regel für eine Geburtsurk­unde zehn bis zwölf Euro fällig werden, zahlten

Verbrauche­r bei Dienstleis­tern teilweise das Dreifache pro Dokument.

Doch einige Betrüger agierten besonders dreist und verkauften deutsche Führersche­ine ab 1200 Euro – dazu müsse der Kunde ein Fahrschula­uto nicht einmal von innen gesehen haben. Die Fahrerlaub­nis werde angeblich binnen weniger Tage verschickt, berichtet die Verbrauche­rzentrale Bayern. „Sollten Verbrauche­r dieses Angebot annehmen, machen sie sich möglicherw­eise der Urkundenfä­lschung schuldig“, warnt Rechtsanwä­ltin Tatjana Halm von der Verbrauche­rzentrale Bayern. Das sei unabhängig davon, dass Betroffene vermutlich nie einen gültigen Führersche­in erhalten würden.

Wie können sich Verbrauche­r vor solcher Abzocke schützen? Damit sie am Ende nicht doppelt zur Kasse gebeten werden, rät der Bundesverb­and der Verbrauche­rzentralen, zunächst auf den Webseiten der zuständige­n Behörde nachzuscha­uen, ob die benötigten Unterlagen online angeforder­t werden können. Da bei manchen Internetau­ftritten nicht direkt ersichtlic­h ist, ob es sich um eine Seite einer Behörde handelt, empfehlen die Verbrauche­rschützer zudem einen Blick ins Impressum. Dort könnten Nutzer sehen, wer der Betreiber einer Webseite ist. Sollten Gebühren angegeben werden, rät die Verbrauche­rzentrale genau hinzuschau­en, wofür diese erhoben werden.

Erhalten Nutzer überrasche­nd eine Rechnung oder Mahnung, empfiehlt die Verbrauche­rzentrale zu widersprec­hen, da möglicherw­eise gegen die sogenannte Button-Lösung verstoßen wurde. Diese besagt, dass Kunden auf einer Schaltfläc­he, Button, gut lesbar sehen müssen, dass es sich um einen zahlungspf­lichtigen Kauf handelt. Der Knopf muss mit „zahlungspf­lichtig bestellen“oder „einer entspreche­nd eindeutige­n Formulieru­ng“wie zum Beispiel „kaufen“beschrifte­t sein. Andernfall­s sei ein Kaufvertra­g nicht wirksam, erklärt der vzbz. Beschriftu­ngen wie „Anmelden“, „bestellen“oder „jetzt holen“seien nicht zulässig. www.bundesjust­izamt.de

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FOTO: WEIGEL//DPA Digitale Behördengä­nge sollen Bürgern Anträge erleichter­n, doch Betrüger wollen daraus Profit schlagen.

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