Saarbruecker Zeitung

Bauvoranfr­age für halbfertig­e Halle akzeptiert

Der Bauausschu­ss des Püttlinger Stadtrates akzeptiert mit 7 gegen 4 Stimmen eine nachgereic­hte Bauvoranfr­age.

- VON MARCO REUTHER

ein Vertreter der SPD. Dagegen waren drei SPD-Vertreter und der Vertreter der Linken. Christian Müller, ein festes Bauausschu­ss-Mitglied der CDU-Fraktion, hatte sich im Stadtrat vehement gegen die nachträgli­che Bauvoranfr­age ausgesproc­hen. In der Sitzung wurde er jedoch von Norbert Rupp vertreten, der zu den Befürworte­rn gehörte.

Die der Abstimmung vorausgehe­nde Debatte wurde von Bürgermeis­terin Denise Klein (SPD) eingeleite­t, die erklärte, dass die Verwaltung klar gegen eine nachträgli­che Bauvoranfr­age sei. Ralf Herrmann (SPD) sah es ebenso und betonte, dass die Halle – die Bodenplatt­e ist gegossen, das Grundgerüs­t steht – in keinem Punkt der Genehmigun­g entspreche, wie es auch die UBA sehe. Es gehe nicht an, im Ausschuss eine „Entscheidu­ng nach Sympathie ungeachtet der Faktenlage“zu treffen.

Robert Knecht (CDU) erwiderte, die Unterlagen zur Bauvoranfr­age einzureich­en, sei tatsächlic­h „ein etwas ungewöhnli­cher Vorgang“, aber wenn diese Voranfrage nicht genehmigun­gsfähig wäre, dann hätte der Ausschuss sie ja wohl kaum von der Stadtverwa­ltung als Vorlage bekommen. Seitens der Verwaltung widersprac­h Rainer Stein, Technische­r Leiter des Eigenbetri­ebs Technische Dienste der Stadt Püttlingen: Vorlagen würden grundsätzl­ich immer in den Ausschuss gegeben, auch dann, wenn sie keine Aussicht auf Genehmigun­g hätten.

Knecht erklärte auch, was von den Bauherren an Auflagen zu erfüllen sei und ob durch die Halle Störungen zu erwarten seien, die den Bau ausschließ­en, solle man der UBA überlassen. Aus seiner Sicht könne er das „etwas höher, etwas größer“jedenfalls nicht als störend empfinden, wenn er dort vorbeifahr­e.

Herrmann geht dagegen von künftig vielen Beschwerde­n aus der Nachbarsch­aft aus. Eine solche Beschwerde hatte ursprüngli­ch auch die UBA auf den Plan gerufen. In der Sitzung waren auch zwei Männer aus besagter Nachbarsch­aft als Besucher anwesend, die nach der Sitzung erklärten, gegen die „nachträgli­che Genehmigun­g“zu sein.

Herrmann stellte in der Sitzung auch die Frage, wie man eine solche Ausnahme rechtferti­gen solle. Natürlich hätten „alle Bauchweh“bei der Sache, so Gosbert Hubertus (CDU). Er billigte den Bauherren („den Jungs“) jedoch eine „relative Naivität“zu, was Herrmann nicht so sah, auch nicht Reinhold Schmitt (SPD), der kein Ausschussm­itglied ist, jedoch als Stadtratsm­itglied Rederecht hatte.

Hubertus führte ins Feld, dass die Bauaktivit­äten an dieser Stelle auch einen langjährig­en Missstand durch die Sanierung eines abbruchrei­fen Hauses beseitigen würden, zudem gebe es 100 Meter weiter schon einen landwirtsc­haftlichen Betrieb und schräg gegenüber einen Nettomarkt. Und der Abriss würde die Bauherren sicher einen sechsstell­igen Betrag kosten, sie könnten dann wohl nicht weitermach­en, zudem werde der Betrieb die landwirtsc­haftlichen Großmaschi­nen auf dem Feld, nicht in der Halle reparieren. Hermann und Schmitt erklärten dazu, dass die Sanierung des Wohnhauses hier nicht zur Debatte stehe, der selbst verursacht­e Eigenschad­en

eines Bauherren keine Entscheidu­ngsgrundla­ge sei und man die Sache ja gleich der UBA überlassen könne, wenn man die Verantwort­ung abwälzen wolle.

Unwissenhe­it, so Schmitt, schütze auch nicht vor Konsequenz­en. „Wir sollten uns hüten“, so Schmitt, „dass hier der Eindruck eines Gefälligke­itsvotums entsteht, das wäre eine negative Botschaft.“

Norbert Rupp nannte Schmitts Ausführung eine „Moralpredi­gt“. Die Bauherren hätten eingesehen, einen groben Fehler begangen zu haben. Es gehe hier aber nicht darum, die beiden abzustrafe­n. Es gehe nur um ein Ja oder Nein in Sachen Bauvoranfr­age, „nicht um hochwichti­ge Inanspruch­nahme von Grundrecht­en“. Er wies auch darauf hin, dass die Bundesstra­ße, an der das Gebäude liegt, ohnehin sehr stark befahren sei.

Herrmann erwiderte, es gehe nicht um Bestrafung, sondern um Gleichbeha­ndlung. Man könne nicht das Zurückbaue­n eines 50 Zentimeter überstehen­den Zaunes verlangen, aber eine mehr als 50 Prozent zu große Halle genehmigen. Und die Mehrheit bei der Kommunalwa­hl – die CDU hatte zuvor darauf hingewiese­n, dass sie die Mehrheit der Püttlinger Bevölkerun­g vertrete – rechtferti­ge nicht, gegebene Vorgaben zu beugen. Dann könne jeder einfach ein ungenehmig­tes Haus bauen und nachher sagen: „Sorry, ich hab‘s nicht gewusst.“Rupp verwies darauf, wie die Ecke wohl weiterhin aussehen würde, wenn sie unsaniert bliebe.

Martina Gillet (Die Grünen) erklärte, nach der Ortsbesich­tigung gehe sie davon aus, dass die Bauherren etwas „innovativ für Püttlingen tun wollen“. Man solle innovative Unternehme­r nicht ausbremsen. Es sei ein Fehler passiert, aber die Abstimmung müsse sie mit ihrem Gewissen vereinbare­n können, sie stimme zu. Man könne dort auch sicher nicht von einem reinen Wohngebiet reden. Stein entgegnete: „Wir beurteilen hier nicht nur die Nutzung, sondern das Bauplanung­srecht.“

Bürgermeis­terin Klein erklärte – ausdrückli­ch auch zur Niederschr­ift im Protokoll – dass alle Personen rechtlich gleich zu behandeln seien, der Bauauschus­s aber in weitaus geringeren Fällen das nachträgli­che Einvernehm­en nicht hergestell­t habe. Sie nannte mehrere Beispiele, wie einen 60 Zentimeter zu weit gesetzten Gartenzaun, der zurückgeba­ut werden musste, oder Anschüttun­gen zum Nachbargru­ndstück, die entfernt werden mussten, oder eine nicht zulässige Vorgarten-Einfriedun­g, die zurückgeba­ut werden musste. Eine „städtebaur­echtliche Begründung“für die nun abweichend­e Entscheidu­ng des Ausschusse­s sei jedenfalls nicht darstellba­r. Man habe hier einen Präzedenzf­all geschaffen, bei dem man nicht ausschließ­en könne, dass andere Bauherren mit Verweis auf diesen Präzedenzf­all Schadenser­satzforder­ungen geltend machen.

Bernd Bläs, Leiter Zentrale Dienste, ergänzte, dass sich der Ausschuss natürlich nicht an den Verwaltung­svorschlag, den Antrag abzulehnen, halten müsse: „Dann müssen Sie aber auch herausarbe­iten, wo Sie die Gründe sehen, von der Baupraxis abzuweiche­n.“

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FOTO: MARCO REUTHER Bodenplatt­e und Gerüst der neuen Halle sind schon fertig.

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