Jetzt kommt Bewegung in die Kandidatenfrage
Die Grünen wollen ihre Entscheidung zwischen Habeck und Baerbock am 19. April bekannt geben. Derweil wächst der Druck auf CDU-Chef Laschet.
Irgendwann zwischen Ostern und Pfingsten wollte Armin Laschet die Frage der Kanzlerkandidatur der Union zusammen mit Markus Söder entscheiden. In aller Ruhe. So gemächlich wird der CDU-Vorsitzende nicht mehr vorgehen können. Denn die Grünen teilten am Mittwoch mit, sie würden ihren Bewerber um das Kanzleramt am 19. April verkünden. Damit kommt die Union enorm unter Druck. Am Sonntag findet eine Klausurtagung des Fraktionsvorstandes von CDU/CSU statt. Sie könnte nun vorentscheidend werden.
Auch bei den Grünen galt stets die Ansage, ihren Kanzlerkandidaten zwischen Ostern und Pfingsten auszurufen. In einem Brief an die Landesvorsitzenden und den Parteirat teilte Bundesgeschäftsführer Michael Kellner nun ein konkretes Datum mit. Demnach will der Grünen-Vorstand am übernächsten Montag „vorschlagen“, wer von den beiden Pateichefs Annalena Baerbock (40) und Robert Habeck (51) diese Aufgabe übernimmt. In Wahrheit verhält es sich freilich so, dass die Zwei die Sache vorher unter sich ausmachen und dem Spitzengremium dann ihre Entscheidung mitteilen, die auf einem Parteitag im Juni noch formal zu bestätigen ist.
Dieses Procedere ist unumstritten, denn Baerbock und Habeck genießen in der Partei hohes Ansehen. Seit ihrem Amtsantritt vor gut drei Jahren treten sie stets als Team auf, was auch der Partei selbst eine vordem nicht gekannte Geschlossenheit bescherte. In Kellners Schreiben ist folgerichtig von einem „Spitzenduo“für den Bundestagswahlkampf die Rede. Dass eine der beiden Spitzen trotzdem weiter vorn sein wird, nährt freilich Spekulationen über die Haltbarkeit dieses Konstrukts. Käme es zum persönlichen Streit, würde die grüne Wahlkampagne in sich zusammenbrechen. Genauso orakelt wird natürlich darüber, wer sich am Ende Kanzlerkandidat nennen darf. Die beiden wüssten es selbst noch nicht, wurde am Mittwoch parteiintern versichert.
Für Habeck spricht seine mehrjährige Regierungserfahrung in der schleswig-holsteinischen Landespolitik. Dort war er auch stellvertretender Ministerpräsident. Derweil ist Baerbock seit acht Jahren Bundestagsageordnete. Sie gilt als sehr sachkundig, etwa in der Europapolitik. Auch hätte sie als Frau ein Alleinstellungsmerkmal unter den durchweg männlichen Kanzlerschaftsbewerbern der politischen Konkurrenz. Lange hieß es, Baerbock sei in der Partei beliebter als Habeck, aber der punkte mehr in der Öffentlichkeit. Einer aktuellen Forsa-Umfrage zufolge würde Baerbock bei der Kanzlerpräferenz nun jedoch sogar etwas besser abschneiden als ihr Co-Vorsitzender.
Bei der Union wird nun ebenfalls auf Tempo gedrückt. Fraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) forderte am Mittwoch eine schnelle Entscheidung über die Kanzlerkandidatur. Die Abgeordneten wollten vor Beginn des Bundestagswahlkampfes wissen „wohin die Reise geht“, sagte der Nordrhein-Westfale. Außerdem verlangte Brinkhaus eine Mitsprache der Fraktion. Ein breiter Konsens sei nötig. Eigene Ambitionen hat der Fraktionschef offenbar nicht. Dass sein Name von einzelnen Christdemokraten ins Spiel gebracht worden sei, sei „nett, mehr nicht“.
Eine Vorentscheidung könnte bereits am kommenden Sonntag fallen, wenn nicht sogar eine endgültige. Dann hat Brinkhaus nämlich die beiden möglichen Bewerber, Armin Laschet und Markus Söder, zur Klausur der Fraktionsspitze ins Reichstagsgebäude eingeladen. Auch Kanzlerin Angela Merkel ist dabei. Um 15 Uhr ist eine Pressekonferenz angesetzt. Bekanntlich wollen Laschet, der CDU-Vorsitzender ist, und Söder, CSU-Chef, die Spitzenkandidatur unter sich ausmachen, „zwischen Ostern und Pfingsten“, wie Laschet immer wieder betont hatte. Die Veranstaltung am Sonntag wäre ein geeigneter Rahmen, um eine Entscheidung zu verkünden, zumal am Montag darauf die Führungsgremien der CDU tagen.
Für Laschet sieht es dabei aktuell nicht gut aus. Sieben Bundestagsabgeordnete der CDU meldeten sich öffentlich zu Wort und sprachen sich in einer Erklärung für Söder als Kandidat aus, nicht für ihren eigenen Parteivorsitzenden. Alle kommen aus Baden-Württemberg. Von einem CDU-Vorsitzenden sei zu erwarten, dass er persönliche Ambitionen zurückstelle, wenn jemand anders eine höhere Akzeptanz in der Bevölkerung habe, erklärten die sieben. Söder „wäre ein kraftvoller und aussichtsreicher Kanzlerkandidat für die gesamte Union“, hieß es weiter. Laschet selbst hatte am Dienstag im ZDF-Morgenmagazin gesagt: „Wir werden nach dem Kriterium entscheiden, wer die größten Aussichten hat, in ganz Deutschland die Wahl zu gewinnen.“Der CDU-Chef kämpfte am Mittwoch zudem noch damit, dass sein Vorschlag für eine vorgezogene Sonder-Ministerpräsidentenkonferenz und einen „Brücken-Lockdown“weiter kaum auf Resonanz stieß, auch in den eigenen Reihen nicht.
Zudem sprechen die Umfragen eindeutig für Markus Söder. Dieser würde laut Forsa jeden der beiden möglichen Grünen-Bewerber besiegen. Laschet hingegen würde gegen beide verlieren. Der Abstand zwischen Söder und Laschet in der Wählergunst beträgt demnach teilweise bis zu 23 Prozentpunkte – und das laut Forsa in allen Teilen Deutschlands und in allen Wählergruppen.