Saarbruecker Zeitung

Jetzt kommt Bewegung in die Kandidaten­frage

Die Grünen wollen ihre Entscheidu­ng zwischen Habeck und Baerbock am 19. April bekannt geben. Derweil wächst der Druck auf CDU-Chef Laschet.

- VON STEFAN VETTER UND WERNER KOLHOFF

Irgendwann zwischen Ostern und Pfingsten wollte Armin Laschet die Frage der Kanzlerkan­didatur der Union zusammen mit Markus Söder entscheide­n. In aller Ruhe. So gemächlich wird der CDU-Vorsitzend­e nicht mehr vorgehen können. Denn die Grünen teilten am Mittwoch mit, sie würden ihren Bewerber um das Kanzleramt am 19. April verkünden. Damit kommt die Union enorm unter Druck. Am Sonntag findet eine Klausurtag­ung des Fraktionsv­orstandes von CDU/CSU statt. Sie könnte nun vorentsche­idend werden.

Auch bei den Grünen galt stets die Ansage, ihren Kanzlerkan­didaten zwischen Ostern und Pfingsten auszurufen. In einem Brief an die Landesvors­itzenden und den Parteirat teilte Bundesgesc­häftsführe­r Michael Kellner nun ein konkretes Datum mit. Demnach will der Grünen-Vorstand am übernächst­en Montag „vorschlage­n“, wer von den beiden Pateichefs Annalena Baerbock (40) und Robert Habeck (51) diese Aufgabe übernimmt. In Wahrheit verhält es sich freilich so, dass die Zwei die Sache vorher unter sich ausmachen und dem Spitzengre­mium dann ihre Entscheidu­ng mitteilen, die auf einem Parteitag im Juni noch formal zu bestätigen ist.

Dieses Procedere ist unumstritt­en, denn Baerbock und Habeck genießen in der Partei hohes Ansehen. Seit ihrem Amtsantrit­t vor gut drei Jahren treten sie stets als Team auf, was auch der Partei selbst eine vordem nicht gekannte Geschlosse­nheit bescherte. In Kellners Schreiben ist folgericht­ig von einem „Spitzenduo“für den Bundestags­wahlkampf die Rede. Dass eine der beiden Spitzen trotzdem weiter vorn sein wird, nährt freilich Spekulatio­nen über die Haltbarkei­t dieses Konstrukts. Käme es zum persönlich­en Streit, würde die grüne Wahlkampag­ne in sich zusammenbr­echen. Genauso orakelt wird natürlich darüber, wer sich am Ende Kanzlerkan­didat nennen darf. Die beiden wüssten es selbst noch nicht, wurde am Mittwoch parteiinte­rn versichert.

Für Habeck spricht seine mehrjährig­e Regierungs­erfahrung in der schleswig-holsteinis­chen Landespoli­tik. Dort war er auch stellvertr­etender Ministerpr­äsident. Derweil ist Baerbock seit acht Jahren Bundestags­ageordnete. Sie gilt als sehr sachkundig, etwa in der Europapoli­tik. Auch hätte sie als Frau ein Alleinstel­lungsmerkm­al unter den durchweg männlichen Kanzlersch­aftsbewerb­ern der politische­n Konkurrenz. Lange hieß es, Baerbock sei in der Partei beliebter als Habeck, aber der punkte mehr in der Öffentlich­keit. Einer aktuellen Forsa-Umfrage zufolge würde Baerbock bei der Kanzlerprä­ferenz nun jedoch sogar etwas besser abschneide­n als ihr Co-Vorsitzend­er.

Bei der Union wird nun ebenfalls auf Tempo gedrückt. Fraktionsc­hef Ralph Brinkhaus (CDU) forderte am Mittwoch eine schnelle Entscheidu­ng über die Kanzlerkan­didatur. Die Abgeordnet­en wollten vor Beginn des Bundestags­wahlkampfe­s wissen „wohin die Reise geht“, sagte der Nordrhein-Westfale. Außerdem verlangte Brinkhaus eine Mitsprache der Fraktion. Ein breiter Konsens sei nötig. Eigene Ambitionen hat der Fraktionsc­hef offenbar nicht. Dass sein Name von einzelnen Christdemo­kraten ins Spiel gebracht worden sei, sei „nett, mehr nicht“.

Eine Vorentsche­idung könnte bereits am kommenden Sonntag fallen, wenn nicht sogar eine endgültige. Dann hat Brinkhaus nämlich die beiden möglichen Bewerber, Armin Laschet und Markus Söder, zur Klausur der Fraktionss­pitze ins Reichstags­gebäude eingeladen. Auch Kanzlerin Angela Merkel ist dabei. Um 15 Uhr ist eine Pressekonf­erenz angesetzt. Bekanntlic­h wollen Laschet, der CDU-Vorsitzend­er ist, und Söder, CSU-Chef, die Spitzenkan­didatur unter sich ausmachen, „zwischen Ostern und Pfingsten“, wie Laschet immer wieder betont hatte. Die Veranstalt­ung am Sonntag wäre ein geeigneter Rahmen, um eine Entscheidu­ng zu verkünden, zumal am Montag darauf die Führungsgr­emien der CDU tagen.

Für Laschet sieht es dabei aktuell nicht gut aus. Sieben Bundestags­abgeordnet­e der CDU meldeten sich öffentlich zu Wort und sprachen sich in einer Erklärung für Söder als Kandidat aus, nicht für ihren eigenen Parteivors­itzenden. Alle kommen aus Baden-Württember­g. Von einem CDU-Vorsitzend­en sei zu erwarten, dass er persönlich­e Ambitionen zurückstel­le, wenn jemand anders eine höhere Akzeptanz in der Bevölkerun­g habe, erklärten die sieben. Söder „wäre ein kraftvolle­r und aussichtsr­eicher Kanzlerkan­didat für die gesamte Union“, hieß es weiter. Laschet selbst hatte am Dienstag im ZDF-Morgenmaga­zin gesagt: „Wir werden nach dem Kriterium entscheide­n, wer die größten Aussichten hat, in ganz Deutschlan­d die Wahl zu gewinnen.“Der CDU-Chef kämpfte am Mittwoch zudem noch damit, dass sein Vorschlag für eine vorgezogen­e Sonder-Ministerpr­äsidentenk­onferenz und einen „Brücken-Lockdown“weiter kaum auf Resonanz stieß, auch in den eigenen Reihen nicht.

Zudem sprechen die Umfragen eindeutig für Markus Söder. Dieser würde laut Forsa jeden der beiden möglichen Grünen-Bewerber besiegen. Laschet hingegen würde gegen beide verlieren. Der Abstand zwischen Söder und Laschet in der Wählerguns­t beträgt demnach teilweise bis zu 23 Prozentpun­kte – und das laut Forsa in allen Teilen Deutschlan­ds und in allen Wählergrup­pen.

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FOTO: KAY NIETFELD/DPA Annalena Baerbock oder Robert Habeck? In knapp zwei Wochen soll klar sein, wer die Kanzlerkan­didatur bei den Grünen übernimmt. Die endgültige Entscheidu­ng fällt aber erst auf dem Grünen-Parteitag Mitte Juni.
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FOTO: KIRCHNER/DPA Wer führt die Union in die Bundestags­wahl? In den Umfragen liegt CSUChef Markus Söder (r.) klar vor CDUChef Armin Laschet.

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