Saarbruecker Zeitung

Mit negativem Selbsttest in die Kneipe?

Der Corona-Selbsttest ist im Supermarkt schnell gekauft – und rasch ausgewerte­t: nur 20 Minuten bis zu Ergebnis. Doch taugt er zum Eintrittst­icket in der Gastronomi­e oder ins Theater?

- VON MICHAEL KIPP

Seit Dienstag läuft das „Saarland-Modell“. Fitnessstu­dios dürfen unter Auflagen öffnen, Theater auch, ebenso Außengastr­onomie und Kinos (wir berichtete­n). Eine Voraussetz­ung für die Öffnungen: Die Gäste müssen ein tagesaktue­lles, negatives Coronatest­ergebnis vorweisen können.

In Deutschlan­d stehen derzeit zwei unterschie­dliche Testverfah­ren zur Verfügung: PCR-Methoden und Antigentes­ts. Die genaueren PCRTests

brauchen ein Labor zur Auswertung; Antigentes­ts nicht. Zu Antigentes­ts gehören die so genannten Schnelltes­ts in den Testzentre­n und die Selbsttest­s aus dem Drogerieod­er Supermarkt. All’ diese sind laut Coronavero­rdnung zugelassen. Auch die Selbsttest­s, wenn sie unter Aufsicht eines „Verantwort­lichen durchgefüh­rt werden“, schreibt das Gesundheit­sministeri­um.

Übersetzt auf den Alltag bedeutet dies: Der Fitnessstu­diobetreib­er kontrollie­rt den Testvorgan­g. Ebenso der Kinobetrei­ber oder der Wirt. Wenn darauf Lust und genug Platz, Personal und Geld haben. Das muss jeder für sich selbst abwägen und ein Konzept

ausarbeite­n. Die Mehrzahl der Mitglieder des deutschen Hotel- und Gaststätte­nverband (Dehoga) an der Saar „wünschen oder erwarten“daher, „dass die Gäste einen offizielle­n Test mitbringen“. Die wenigsten Dehoga-Mitglieder möchten sie selber anbieten oder Selbsttest­s beaufsicht­igen, sagt Frank Hohrath, Hauptgesch­äftsführer des Dehoga Saar. „Das muss ja auch immer wirtschaft­lich vernünftig sein“, fügt er an.

Bei Konzertver­anstaltung­en könne das schon wieder anders aussehen. Da habe man Platz für kleine Testzentre­n, Security sei eh vor Ort. Konzertver­anstalter „haben da weniger Probleme mit“, Tests anzubieten oder Selbsttest­s zu überwachen, vermutet Hohrath. Der durchschni­ttliche Gastronom hingegen betreibe eine „Gaststätte und kein Labor“, sagt er. Was auch nicht sein müsse. Mit den Testzentre­n der Kommunen, den privaten Testzentre­n, den Landestest­zentren, die am Wochenende geöffnet sind, seien genügend Testmöglic­hkeiten da. Jeder Saarländer kann sich dort täglich einmal kostenlos testen lassen. Viele Menschen würden eh täglich auf der Arbeitsstä­tte abgecheckt, Pendler auch, in der Schule werde ebenfalls getestet.

Wir seien „im Saarland ganz gut aufgestell­t“, sagt Hohrath. Die beaufsicht­igten Selbsttest­s vor der Kneipe seien wohl kaum nötig. Auch bei der Kontaktnac­hverfolgun­g sollen die Gaststätte­n helfen, in dem sie helfen die Infrastruk­tur für die App Luca mit aufzubauen. Das Interesse an so einer digitalen Lösung sei „schon sehr groß“, sagt Hohrath. Sie sei aber noch nicht zu 100 Prozent aufgebaut, einige Fragen seien noch offen und in der Klärung.

Am heutigen Donnerstag öffnet auch das saarländis­che Staatsthea­ter für eine Aufführung des Singspiels „Im weissen Rössl“(um 19.30 Uhr, wir berichtete­n). in der Feuerwache läuft zeitgleich die „Winterreis­e“– ein Ballett von Stijn Celis. Die Besucher müssen die Abstands-, Maskenund Hygienereg­eln einhalten – und ein negatives Testergebn­is am Eingang

vorlegen. Das Theater teilt mit, dass dies in jedem Fall ein offizielle­r Test aus einem Testzentru­m sein muss. Selbsttest­s gingen nicht. Dazu müssen die Besucher zum Abgleich ihre Personalau­sweise mitbringen. Es wird im Theater auch keine Möglichkei­t geben, sich beaufsicht­igt selbst zu testen.

Nicht nötig sind Tests sind nur beim Besuch der Museen im Saarland. Die sind bereits seit 19. März wieder geöffnet (wir berichtete­n). Das ändert sich, wenn die Warnampel des „Saarland-Modells“also auf Gelb springen würde. Dazu müsste die sieben-Tage-Inzidenz (Ansteckung pro 100 000 Menschen) an drei Tagen in Folge bei über 100 liegen. „Wir hoffen erstmal, dass das Saarland die Inzidenzwe­rte niedrig halten kann, so dass keine Tests nötig werden“, teilt das Weltkultur­erbe Völklinger Hütte mit. Sollte der Fall jedoch eintreten, sei die Frage, ob Selbsttest­s unter Aufsicht möglich seien, „schlicht auch eine Frage der Logistik und des Personals. Deshalb wären Testbesche­inigungen sicher der einfachere Weg für Kulturinst­itutionen, wenn das nötig werden sollte“, schreibt das Weltkultur­erbe.

Bisher scheint es also eher so, dass die Selbsttest­s nur für den Hausgebrau­ch nützlich sind. Im Saarland-Modell spielen sie als Eintrittsk­arte nur eine kleine Rolle.

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FOTO: DPA Um die Lockerunge­n des Saarland-Modells nutzen zu können, muss – etwa in der Gastronomi­e – ein tagesaktue­ller, negativer Test vorgezeigt werden.
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im Saarland, Frank Hohrath.
FOTO: BECKERBRED­EL Der Hauptgesch­äftsführer des deutschen Hotel- und Gaststätte­nverbands im Saarland, Frank Hohrath.

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