Das schönste Geschenk zum Geburtstag
Daumen drücken. Wenn im Saarland jetzt vieles testweise öffnet, will auch das Theater im Viertel dabei sein. Erste Termine stehen fest. Und es gibt noch einen weiteren Grund zum Feiern: Das kleine Haus am Landwehrplatz hat Doppel-Geburtstag. Auch wenn di
Ein bisschen ist das Theater im Viertel ( TiV ) wie der letzte Mohikaner. Das hübsche, kleine Theater am Landwehrplatz ist als einziges übrig geblieben vom Stamme der freien-Szene-Spielstätten. Alle anderen freien Bühnen, die es in dieser Stadt einst gab, sind schon lange in den ewigen Jagdgründen beim großen Theater-Manitou.
Umso schöner, dass das TiV – theoretisch zumindest – sogar zweimal feiern kann: 35. Geburtstag und zehn Jahre im neuen Domizil am Landwehrplatz – auch wenn inmitten von Corona-Maßnahmen von Feiern natürlich keine Rede sein kann. Aber wenigstens gibt es eine sogenannte „Öffnungsperspektive“, und das ist ja derzeit wohl das schönste Geschenk.
Als das Theater im Viertel, damals noch unter dem Namen Studiotheater, im Nauwieser Viertel gegründet wurde, befand es sich in recht guter Gesellschaft in Saarbrücken.
Es gab zu dieser Zeit noch viele kleine Bühnen in der Stadt. Wenn man sich etwa im SZ-Archiv ein altes Plakat betrachtet, kann man schon wehmütig werden.
Neben dem Studiotheater existierten noch vor 20 Jahren in Saarbrücken das Theater im Ostviertel, das Theater Leidinger, das Theater Blauer Hirsch und das Dudweiler Statt-Theater. Heute hält das TiV weitgehend allein die Stellung. Der Hirsch immerhin ist noch da, allerdings heute mehr für Events als für die typischen Freie-Szene-Angebote.
Nicht selbstverständlich also, dass sich das TiV zu einer so feinen, kleinen Spielstätte gemausert hat. Glücklicherweise hat man bisher auch die Corona-Zeiten einigermaßen überstanden – dank Unterstützung der Stadt Saarbrücken.
Als „motiviert, gut gelaunt und stressresistent, manchmal auch einfach nur verzweifelt und hoffnungslos“beschreibt die TiV-Geschäftsführerin Jutta Roth die Stimmung der letzten Monate im Team. Im Verein, dem Studiotheater e.V, der bis heute Träger des TiV ist, setzt man viel Hoffnung in die Wiederöffnung. Und bangt natürlich, dass das Saarland-Modell funktioniert und nicht gleich wieder geschlossen werden muss.
So sind alle Aussagen über mögliche Produktionen, seien sie live oder online, natürlich unter Vorbehalt. „Da sich die Rahmenbedingungen permanent ändern“, erklärt Vorstandsmitglied Sigi Becker, könne man nur von einem „möglichen Spielplan“sprechen. Dieser „mögliche Spielplan“steht unter dem Motto
„Einspruch“und soll am 17. und 18. April mit einer allerersten Live-Veranstaltung beginnen: Die Schauspielerin Christine Münster-Domke liest in zwei Folgen aus „Wenn du geredet hättest Desdemona – Ungehaltene Reden ungehaltener Frauen“von Christine Brückner.
Mit Lesungen und Musik soll es danach auch weitergehen – wenn alles ruhig bleibt an der Virus-Front natürlich. Für Edgar-Wallace-Fans etwa wird es am Freitag, 23. April, interessant. Gabriele Bernstein und Dieter
Hofmann lesen dann „Der Frosch mit der Maske“. Und am Samstag, 24. April, gibt es ein Wiedersehen mit „So schön ist Isfahan“, Geschichten und Klänge aus Orient und Okzident mit Moschgan Ebrahimi (Texte) und Arash Talebi (Musik).
Auch eine neue Reihe wird gestartet: ein Musiksalon am Sonntag. Jeden 2. Sonntag im Monat wollen Ralf Peter und Thomas Layes mit einem Newcomer-Musiker oder einer Musikerin auftreten. Musik u.a. von Richard Strauss, Johannes Brahms und Victor Ullmann wird es da geben – „Letzterer im Zusammenhang mit 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“, erläutert Sigi Becker. Auftakt der Reihe ist am 25. April mit Enoch Arden von Richard Strauß.
Auch weitere neue Angebote sind in Planung, aber teils noch coronabedingt vage: „Stefan Scheib möchte mit seinem Quartett, das zurzeit im TiV probt, ein Benefizkonzert geben“, sagt Sigi Becker.
Von Bob Ziegenbalg, dem Leiter des Kinder- und Jugendtheaters Überzwerg, stammt die Idee einer Blauen Stunde: Jeden zweiten Montag im Monat soll es eine Lesung erotischer Literatur geben – mit wechselnden Partnern.
„Wir wollen wahnsinnig gerne wieder öffnen“, sagt Jutta Roth. Auch weil das Theater dringend die Einnahmen aus Kartenverkäufen benötigt. „Seit einem Jahr liegt der Theatersaal brach“, ergänzt Sigi Becker, „trotz Umbauarbeiten und einem bestehenden Hygienekonzept. Bislang konnte der Kollaps noch aufgeschoben werden, aber ohne Einnahmen aus einem laufenden Programm, sieht die Zukunft des Theaters eher trübe aus“.
Der künstlerische Chef des Hauses, Dietmar Blume, geht schon vor der Hoffentlich-Öffnung am 17. April an den Start. Der ausgebildete Puppenspieler lässt bereits am 9. April sein neues Stück vom Stapel: „Wasser unter – Männergespräche am Fluss“. Es wird, wie er beschreibt, „ein Stück für Puppen, einen Puppenspieler und Technik – Kein Geist“. Als „Fassung mit reduziertem Sarkasmus“kündigt es Dietmar Blume an. Das
Ganze wird um 19.30 Uhr über die Facebookseite des TiV gesendet und kann hier virenfrei gegen eine Spende abgerufen werden.
Die „Männergespräche am Fluss“wird es also dank digitaler Möglichkeiten in jedem Fall geben. Bei den Live-Stücken heißt es noch: Daumen Drücken, dass das Virus nicht dazwischenfunkt.
Immerhin eine Sicherheit gibt es: Im Sommer kann das TiV in jedem Fall wieder im Hof der Überzwerge gastieren. Die St. Arnualer hatten den TiV-Kollegen bereits im letzten Jahr Theater-Asyl gewährt. „Im Juni und Juli dürfen wir wieder bei ihnen spielen“, sagt Jutta Roth.