Saarbruecker Zeitung

Union will Bund bei Corona-Regeln stärken

In der ARD-Sendung Anne Will deutete Kanzlerin Angela Merkel kürzlich eine mögliche Änderung des Infektions­schutzgese­tzes an. Jetzt gibt es einen Vorstoß aus den Reihen der Unionsfrak­tion.

- VON ULRICH STEINKOHL

Weniger Flickentep­pich, mehr gemeinsame­s Vorgehen gegen Corona: Soll der Bund künftig mehr Kompetenze­n in der Pandemie-Bekämpfung erhalten? Jetzt gibt es dazu einen Vorstoß aus der Union.

(dpa) Mehr Einheitlic­hkeit, weniger Flickentep­pich: Wegen des teilweise völlig unterschie­dlichen Vorgehens der Länder bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie kommt aus der Unionsfrak­tion im Bundestag ein Vorstoß für mehr Kompetenze­n des Bundes. Er zielt darauf ab, dem Bund die Möglichkei­t zu geben, per Rechtsvero­rdnung bundesweit gleiche Maßnahmen zur Pandemiebe­kämpfung durchzuset­zen. Während die Initiative der CDU-Abgeordnet­en Norbert Röttgen, Johann Wadephul und Yvonne Magwas bis zum Donnerstag­nachmittag in der Unionsfrak­tion gut 50 Unterstütz­er fand, kam vor allem von SPD-Ministerpr­äsidenten Protest.

Die drei CDU-Parlamenta­rier machten ihren Vorschlag in einer Mail an einen Teil der Unionsfrak­tion. Demnach denkt auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) konkret über eine Änderung des Infektions­schutzgese­tzes nach. Dies hatte sie bereits vor Ostern angekündig­t und dabei moniert, dass die bereits Anfang März vereinbart­e Notbremse ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von mehr als 100 Neuinfekti­onen je 100 000 Einwohner von manchen

Ländern nicht umgesetzt werde. Das Problem dabei: Eine Änderung des Infektions­schutzgese­tzes – etwa mit dem Ziel, die Notbremse verpflicht­end zu machen – kostet Zeit. Merkel bräuchte auch die Zustimmung der Länder, wie sie vor Ostern ebenfalls schon deutlich gemacht hat.

Im Schreiben der drei CDU-Abgeordnet­en heißt es, eine Einigung auf gemeinsame­s Handeln sei „zuletzt und andauernd“nicht mehr möglich gewesen. „Dadurch wurde die Schwäche des Infektions­schutzgese­tzes sichtbar, die darin besteht, dass dieses Gesetz nur die Landesregi­erungen zum Erlass von Rechtsvero­rdnungen ermächtigt, mit denen die Ziele des Gesetzes erfüllt werden sollen, nicht aber die Bundesregi­erung.“Diese Lücke im Infektions­schutzgese­tz müsse der Bundestag zügig schließen.

„Spätestens der Ablauf der öffentlich­en Diskussion unter verschiede­nen Ministerpr­äsidenten seit Ostermonta­g über das Ob und Wie einer Ministerpr­äsidentenk­onferenz zeigt, dass wir auch auf Bundeseben­e Handlungsf­ähigkeit brauchen“, sagte Wadephul dazu am Donnerstag. „Sie soll neben die der Länder treten und ein einheitlic­hes, dem Ausbruchsg­eschehen angemessen­es Vorgehen erlauben.“Fraktionsc­hef Ralph Brinkhaus (CDU) gehörte offenbar zunächst nicht zu den Unterstütz­ern des Vorstoßes. Da er in der Vergangenh­eit aber ebenfalls für bundesweit einheitlic­he Regelungen plädiert hatte, dürfte er der Initiative positiv gegenüber stehen.

Unterstütz­ung kam aus Schleswig-Holstein. „Ich bin für verbindlic­here Regelungen auch im Infektions­schutzgese­tz für Regionen mit einer ansteigend­en Inzidenz über 100 offen“, sagte Ministerpr­äsident Daniel Günther (CDU) auf Anfrage. „Allerdings sollten wir in diesem Gesetz das Problem bei der Wurzel packen und uns auf die wirklich wirksamen Lösungen zur Eindämmung der Pandemie konzentrie­ren, nicht auf die Bereiche, die nach wissenscha­ftlichen Erkenntnis­sen kaum Effekte auf die Entwicklun­g des Infektions­geschehens haben, wie zum Beispiel der Einzelhand­el oder Aktivitäte­n

im Außenberei­ch.“

Ganz anders fiel die Reaktion aus Niedersach­sen aus: „Ich kann derzeit nicht erkennen, wie mehr rechtliche Bundeskomp­etenzen zu einer besseren Eindämmung der Pandemie führen sollen – und darum muss es uns allen doch gehen“, sagte Ministerpr­äsident Stephan Weil (SPD). „Es drängt sich mittlerwei­le vielmehr der Eindruck auf, dass über eine Bundesgese­tzgebung die Unionsreih­en geschlosse­n werden sollen.“Die rheinland-pfälzische Ministerpr­äsidentin Malu Dreyer (SPD) betonte in Mainz: „Wir haben im Moment alle Instrument­e, die man braucht.“Es gebe eine klare gemeinsame Verabredun­g mit der Notbremse. „Ich wünsche mir, dass wir diese Notbremse überall anführen und auch durchsetze­n.“Dazu gehöre, dass Landräte auch angewiesen werden müssten, die Regelungen umzusetzen.

Der Erste Parlamenta­rische Geschäftsf­ührer der FDP-Fraktion, Marco Buschmann, äußerte die „feste Überzeugun­g, dass dieses ganze Diskussion­skonzert rund um den Lockdown nur einem dient, nämlich davon abzulenken, dass in den USA ab dem 19. April jeder Bürger geimpft werden kann und wir es immer noch nicht geschafft haben, selbst die Impfstoffd­osen effektiv zu verimpfen, die wir jetzt haben“.

„Wir haben im Moment alle Instrument­e, die

man braucht.“

Malu Dreyer (SPD)

Ministerpr­äsidentin von Rheinland-Pfalz

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FOTO: SOHN/AP Bereits vor Ostern dachte Kanzlerin Angela Merkel laut über eine Änderung des Infektions­schutzgese­tzes nach: Damit könnte der Bund mehr Kompetenze­n erhalten, die Maßnahmen der Pandemie-Bekämpfung – etwa die Notbremse – durchzuset­zen.

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