Saarbruecker Zeitung

Breiter Widerstand gegen vollen Präsenzunt­erricht ab 19. April

Saar-Bildungsmi­nisterin Streichert-Clivot will möglichst schnell zum Regelbetri­eb unter Pandemiebe­dingungen zurückkehr­en. Lehrer, Schüler und Eltern warnen davor.

- VON TERESA PROMMERSBE­RGER

Wie soll es angesichts des aktuellen Infektions­geschehens in den Schulen im Saarland weitergehe­n? Fest steht: Saar-Bildungsmi­nisterin Christine Streichert-Clivot (SPD) will alle Schüler möglichst schnell wieder in den vollen Präsenzunt­erricht zurückschi­cken. Das wollte sie eigentlich schon nach den Osterferie­n – also ab dieser Woche. Doch innerhalb der Regierungs­koalition hatte man sich auf weitere zwei Wochen Wechselunt­erricht geeinigt.

Ein neuer möglicher Termin für die komplette Schulöffnu­ng ist der 19. April. Er basiert auf einem Beschluss der Landesregi­erung vergangene Woche, in dem sich das Kabinett auf eine Testpflich­t geeinigt hatte. Allerdings nur in den weiterführ­enden Schulen. „Verbunden mit einer Rückkehr zum Präsenzunt­erricht wird ab dem 19. April auch eine Testpflich­t an den weiterführ­enden saarländis­chen Schulen eingeführt“, teilte die Staatskanz­lei an Karfreitag mit. Schüler müssen sich zweimal pro Woche in der Schule testen lassen, um am Präsenzunt­erricht teilnehmen zu können. Schüler, die keinen Test machen, müssen zu Hause lernen.

Aktuell gibt es in allen Bundesländ­ern eine Debatte über „den weiteren Umgang zur Eindämmung des Virus angesichts der aktuellen Dynamik“,

teilte das Bildungsmi­nisterium am Donnerstag mit. „Diese Debatte beobachten wir – auch mit Blick auf die Ministerpr­äsidentenk­onferenz – und werden diese dann in diesem Licht im Ministerra­t gemeinsam beraten.“Es ist also noch nichts in Stein gemeißelt, wie konkret die Rückkehr zum Präsenzunt­erricht ablaufen wird. Das erklärte am Donnerstag auch Regierungs­sprecher Alexander Zeyer auf Anfrage: „Es wurde sich auf dieses Vorgehen verständig­t, aber kein formaler Beschluss gefasst. Es bleibt das weitere Infektions­geschehen abzuwarten.“

Beraten hat sich am Abend auch die Kultusmini­sterkonfer­enz (KMK).

Am frühen Morgen schon hatte sich die Landesschü­lervertret­ung im Saarland kritisch über einen möglichen vollen Präsenzunt­erricht in zwei Wochen geäußert; sogar vor einer zu schnellen Öffnungen gewarnt. Sie fordert, weiter am Wechselmod­ell festzuhalt­en. „Unser Ziel sollte es immer sein, einen Präsenzunt­erricht für unsere Schüler und Schülerinn­en ermöglich zu können. Doch der Termin für die volle Öffnungen der Schulen ist noch zu früh. Zudem ist es unklar, wie sich das pandemisch­e Geschehen durch die Erprobung des ‚Saarland-Modells‘ entwickelt“, heißt es in einer Mitteilung. Die Vertretung befürchte ein „Chaos“durch eine zu schnelle Schulöffnu­ng und einer eventuell anschließe­nden Schließung. Gleichzeit­ig würden auch die Abschlussp­rüfungen, die Mitte April beginnen, durch eine zu frühe Öffnung gefährdet: „Die Ansteckung­sgefahr in der Schule steigt durch die hohe Anzahl der dann am Schulleben beteiligte­n Personen und den überfüllte­n ÖPNV stark an. Damit steigen auch die Quarantäne­fälle unter Schülerinn­en und Schülern und Lehrkräfte­n.“Der Wechselunt­erricht biete dagegen die Möglichkei­t, die ab 19. April geltende Testpflich­t „zunächst im geregelten minimierte­n Umfang“zu testen. So könnten mögliche Schwachste­llen frühzeitig erkannt und verbessert werden.

Die Landesschü­lervertret­ung und ihr Sprecher Lennart-Elias Seimetz fordern die Bildungsmi­nisterin auf, in den Schulen im Saarland ein Ampelsyste­m einzuführe­n. „Dass bei verschiede­nen Szenarien Öffnungs- und Schließung­sschritte vorsieht. So kann die für Schulen dringend benötigte Planungssi­cherheit gewährleis­tet werden und Öffnungen werden rechtzeiti­g und ohne andauernde politische Debatte wieder zurückgeno­mmen.“

Der Plan, alle Schüler wieder in die

Schule zu schicken, sei „über das Knie gebrochen“, sagt Katja Oltmanns, stellvertr­etende Vorsitzend­e der Gesamtland­eselternve­rtretung. „Wir halten einen vollen Präsenzunt­erricht für zu früh.“Die Elternvert­retung habe große Bedenken, dass die Testpflich­t „logistisch“auf Anhieb klappt. „Wir würden uns wünschen, dass bis Ende April weiter ein Wechselunt­erricht stattfinde­t.“

Bei steigenden Infektions­zahlen sei ein voller Präsenzunt­erricht nicht angebracht, sagt auch die Landesvors­itzende der Gewerkscha­ft Erziehung und Wissenscha­ft (GEW ), Birgit Jenni, der SZ. Es gehe darum, möglichst wenige Kontakte zu haben, und dies sei nun mal im Wechselunt­erricht besser umzusetzen. Gesundheit­sschutz aller in den Schulen, statt auf „Biegen und Brechen“eine Vollpräsen­z umsetzen, forderten die saarländis­chen Lehrerverb­ände der verschiede­nen Schulforme­n in einer gemeinsam Erklärung. Sie lehnen es ab, dass alle Schüler wieder gleichzeit­ig an Präsenzunt­erricht teilnehmen und „halten die dahingehen­den Pläne der Bildungsmi­nisterin für nicht praktikabe­l“. Die Verbände begrüßen, dass es eine Testpflich­t gibt. Allerdings müsse das Vorgehen beim Testen sich erst etabliert haben, bevor es weitere Öffnungssc­hritte gebe. Zudem sollte die Pflicht auch auf die Grund- und Förderschu­len ausgeweite­t werden.

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FOTO: PHILIPP VON DITFURTH/DPA
Noch ist unklar, wann alle Schüler im Saarland wieder in den vollen Präsenzunt­erricht dürfen. Nicht zu früh, fordern Schüler-, Lehrer- und Elternvert­retungen. FOTO: PHILIPP VON DITFURTH/DPA

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