Saarbruecker Zeitung

Klassiker der Bee Gees mit einer Prise Country

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(sedi) Armer Barry Gibb! Erst sterben alle seine jüngeren Brüder, mit denen er Musik machte. Zunächst Andy, mit dem es nur eine kurze Zusammenar­beit gab, dann die Zwillinge Maurice und Robin, mit denen Barry als „Bee Gees“unglaublic­he Erfolge feierte. Und dann gehen dem 74-jährigen auch noch die genialen Songideen aus, wie man auf seinem letzten Album „In the Now“hören musste. Was also tun?

Genau, man nimmt die guten alten Stücke mit den unvergessl­ichen Melodien einfach neu auf, und zwar mit verschiede­nen Partnern bei jedem Song. So befinden sich auf „Greenfield­s: The Gibb Brothers Songbook, Vol. 1“elf „Bee Gees“-Klassiker und mit „Words of a Fools“ein bisher unveröffen­tlichtes Stück, das Gibb 1986 schrieb. Weshalb sich der „Bee Gee“für die Aufnahmen ausgerechn­et in die Country-Hochburg Nashville begeben hat, dürfte viele Gründe haben. Gibb lebte lange in der Nähe von Nashville in Johnny Cashs ehemaligem Haus. Cash gehörte zu seinen Jugendidol­en, ebenso wie Bunny O’Keefe und die Everly Brothers. Zu diesen Wurzeln will er also mit dem neuen Album zurückkehr­en – Country sei die Musik, die er von nun an machen möchte, bis an sein Lebensende, sagte er in einem Interview mit Variety.

Zum Glück sind die Grenzen ja fließend, und deswegen muss sich kein

„Bee Gees“-Fan Sorgen machen, dass auf „Greenfield­s“nun die Steel-Gitarren oder Banjos dominieren. Nein, genauso wie Country-Musik in den letzten Jahren der Popmusik immer ähnlicher wurde, geht hier der Brite Gibb auch nur einen kleinen Schritt Richtung Nashville. Hier mal eine Geige, dort mal eine Hammond-Orgel, viel mehr ist da nicht. Wäre das Ganze als „unplugged“vermarktet worden, hätte anschließe­nd niemand von einem Country-Album gesprochen.

Mit der 75-jährigen Dolly Parton holte sich Gibb den wohl größten Namen an Bord. Die beiden geben ein Senioren-Duett bei der Ballade „Words“, wobei Gibb stimmlich noch eher an seine Glanzzeite­n erinnern kann. Parton war ihm auch noch etwas schuldig: Ihr Riesenhit mit Kenny Rogers, „Islands in the Stream“von 1983, wurde von den „Bee Gees“geschriebe­n. Dass Gibb auch ein paar frische Stimmen auf dem Album einsetzte, tut den verstaubte­n Songs gut, etwa „To Love Somebody“mit Rocksänger Jay Buchanan.

Der einzige Song auf dem Album aus der Disco-Ära der „Bee Gees“, „Jive Talkin’“, musste die größte Verwandlun­g mitmachen. Dem wurde die Discokugel mit dem Holzhammer weggeschla­gen, damit er ins enge Country-Korsett passte. Das Anhängsel des Albumtitel­s, „Vol. 1“, lässt befürchten, dass auf Vol. 2 ähnlich mit „Night Fever“und „Stayin’ Alive“verfahren wird. Zusammenfa­ssend lässt sich aber sagen, dass man sich durchaus an den sauberen und stimmig instrument­ierten Neuaufnahm­en erfreuen kann. Wer die „Bee Gees“schon kitschig findet, sollte aber einen Bogen um „Greenfield­s“machen. Und wenn Barry Gibb sich ab sofort für einen Countrysän­ger hält, dann will man ihm aus Gründen des Respekts auf keinen Fall widersprec­hen. Barry Gibb: Greenfield­s: The Gibb Brothers Songbook, Vol. 1, Capitol Records.

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