Zwischen Riesenerfolg und Zerfall
Trotz der bisher besten Bundesliga-Saison jemals droht das Erfolgsgerüst von Eintracht Frankfurt zu zerbrechen.
(sid) Der Architekt kurz vor dem Absprung, hartnäckige Wechselgerüchte um den Trainer – und die Topspieler heiß umworben: Trotz der historischen Chance auf die Champions League rumort es bei Eintracht Frankfurt. Die beste Bundesliga-Saison der Vereinsgeschichte wird überlagert von ungeklärten Personalfragen, das Erfolgsgerüst droht zu zerfallen. Mit Sportvorstand Fredi Bobic könnte möglicherweise schon vor dem nächsten Königsklassenduell mit dem VfL Wolfsburg an diesem Samstag (15.30 Uhr/Sky) der erste Dominostein fallen.
Auch der immer wieder bei Borussia Mönchengladbach gehandelte Trainer Adi Hütter dürfte dadurch zusätzlich ins Grübeln geraten. „Wenn er und Bobic gingen – das wäre ein Schlag ins Kontor. Eintracht müsste gefühlt wieder von vorn anfangen“, fürchtet Eintracht-Ikone Jürgen Grabowski ein Horrorszenario.
Bobics Wechsel zu Hertha BSC steht laut übereinstimmenden Medienberichten kurz vor dem Abschluss. Vor rund fünf Wochen hatte der 49-Jährige seine Abschiedsgedanken
publik gemacht, nun befinden sich die Ablöseverhandlungen wohl auf der Zielgeraden. Es bahnt sich eine Lösung knapp unter den ursprünglich geforderten fünf Millionen Euro an – und der Tabellenvierte könnte sich endlich voll auf die Nachfolgersuche konzentrieren.
Denn auch Coach Hütter wird wissen wollen, wer künftig sein Vorgesetzter
wird. Der Österreicher gab im Februar mit den Worten „Ich bleibe“zwar ein kurzes, knappes Bekenntnis zu den Hessen ab, doch der feststehende Abgang des Sportdirektors Bruno Hübner und der kurz bevorstehende Abschied von Bobic werden ihn nicht kalt lassen. Zuletzt reagierte Hütter auf Nachfragen zu seiner Zukunft nur noch genervt.
„Ich weiß nicht, ob man immer wieder etwas dazu sagen muss“, erklärte der 51-Jährige am Donnerstag: „Ich werde mich nicht immer wiederholen.“In der Mannschaft seien die Spekulationen kein Thema. „Die Fragen und die Unruhe kommen von außen. Wir konzentrieren uns aufs Wesentliche“, betonte Hütter. Doch Hütter beschäftigt vor allem die langfristige Perspektive. Und viel mehr als die Champions League kann er in Frankfurt wahrscheinlich nicht erreichen – vor allem weil der Abgang von Schlüsselspielern droht. Die zuletzt überragenden André Silva und Filip Kostic stehen längst im Fokus absoluter Topclubs. Trudeln am Riederwald saftige Angebote ein, wird die Eintracht in Corona-Zeiten kaum nein sagen können.
Die Hessen gehen jedenfalls mit sieben Punkten Vorsprung auf Platz fünf in den Endspurt, auf den Dritten Wolfsburg fehlen vier Zähler. „Wo wir jetzt stehen, wollen wir zum Ende der Saison auch stehen“, sagt Hütter. Und für dieses große Ziel sollen die Personalfragen erst mal in den Hintergrund rücken.