Für Zeidler und den Achter beginnt die heiße Phase
Die Europameisterschaft in Italien ist für die besten deutschen Ruderer der erste Härtetest der Olympia-Saison.
(sid) Dem Team des Deutschland-Achters „brennt es unter den Nägeln“, Überflieger Oliver Zeidler strotzt nur so vor Selbstvertrauen: Für die besten deutschen Ruderer startet in diesen Tagen die heiße Phase auf dem Weg zu Gold in Tokio. Bei der EM in Varese/Italien wollen sich die Vorzeigeboote zum Start in die Olympia-Saison für den Höhepunkt des Jahres in Stellung bringen.
„Es gibt unfassbar viel Selbstvertrauen, wenn man direkt vorne dabei ist“, sagte Achter-Schlagmann Hannes Ocik, der mit dem Paradeboot des Deutschen Ruderverbandes (DRV) den neunten EM-Titel in Folge im Visier hat. Das Ziel sei, immer zu gewinnen, sagte Teamkollege Richard Schmidt: „Im Achter zählt nur der Erfolg.“
Das deutsche Flaggschiff rudert bei der ersten Regatta in diesem Jahr aber nicht nur um EM-Gold, es geht auch um ein deutliches Zeichen an die Konkurrenz im Hinblick auf die Sommerspiele (23. Juli bis 8. August). „Wir sehen den Wettkampf als sehr, sehr wichtig an“, sagte Bundestrainer Uwe Bender, einst Landestrainer im Saarland, wo es inzwischen keine potenziellen Olympia-Kandidaten mehr gibt. Nur fünf Achter, darunter Olympiasieger Großbritannien und die WM-Zweiten aus den Niederlanden, kämpfen auf dem Lago di Varese um die Medaillen. Im Vorlauf an diesem Freitag (14.20 Uhr) geht es daher einzig um die Bahnverteilung für das Finale am Sonntag (15.36 Uhr).
Die Athleten des DRV, die bei der EM in zwölf der 14 olympischen Klassen am Start sind, können sich in diesem Jahr zudem bei drei Weltcups in Form bringen – vor allem der Achter. „Wenn wir nach Japan fliegen, wollen wir das Optimum rausholen – und das ist die Goldmedaille“, sagte Ocik: „Das treibt uns an.“
Doch bei aller Vorfreude sorgen vor allem die steigenden Corona-Fallzahlen für ein „mulmiges Gefühl“, räumte Ocik ein. Wer sich jetzt noch infiziere, der werde nicht bis zum Saisonhöhepunkt wieder fit. „Das wäre für uns fatal“, sagte Bender, dann werde es „dramatisch für die Mannschaft“.
Auch Oliver Zeidler wird alles versuchen, um seine Form beizubehalten. Schließlich könne die sich „schon sehen lassen“, sagte der 24-Jährige, für den die Olympia-Verschiebung wie ein Geschenk war. Er sei nun deutlich stärker als im vergangenen Jahr. Vor etwa sechs Monaten musste der Einer-Spezialist mit dem ersten bitteren Rückschlag in seiner noch jungen Ruder-Karriere umgehen. Diese EM habe ihn „ein bisschen auf den Boden zurückgeholt“, gestand Zeidler, der ein Jahr vor dem vierten Platz in Polen nahezu alles abgeräumt hatte. Es sei nie gut, „Verwundbarkeit zu zeigen“.
Doch der Ausnahmekönner, der erst 2016 vom Schwimmen zum Rudern gewechselt war und seither einen steilen Aufstieg hinlegte, schöpfte daraus neue Kraft. „Das möchte ich nicht noch mal haben“, sagte Zeidler. Die Pleite von Posen sei ein „extrem motivierendes Ereignis“. Und das will er in Varese und natürlich auch und vor allem bei den Sommerspielen in Tokio unter Beweis stellen.