Warum Bayern-Trainer Flick so genervt ist
Der Aus in der Champions League droht. Und Boateng erhält keinen neuen Vertrag, was dem Trainer nicht gefällt.
(sid) Hansi Flick war genervt, das verriet sein Gesichtsausdruck, das verriet der Ton in seiner Stimme. Als wäre die böse Überraschung in Form der denkwürdigen wie grotesken 2:3 (1:2)-Niederlage gegen Paris St. Germain nicht allein Grund genug, ihm die Stimmung zu vermiesen, musste sich der Trainer von Bayern München erneut auch mit bohrenden Fragen auseinandersetzen: Fragen zu Jérôme Boateng – und zu seiner eigenen Zukunft.
Das stete Nachhaken, ob er denn nun als Nachfolger von Bundestrainer Joachim Löw infrage käme, macht Flick mittlerweile fast zornig:
Er habe dazu „alles gesagt“, lautete seine Antwort. Konkret wurde dafür Sportvorstand Hasan Salihamidzic vor dem Spiel: Er bestätigte, dass der vom Trainer so geschätzte Boateng am Ende der Saison in der Tat gehen muss. „Das war eine gemeinsame Entscheidung der Vereinsführung, und in die war der Trainer auch eingebunden“, sagte Salihamidzic: „Ich habe das Jérôme erklärt, er hat das auch verstanden.“Wieder eine Entscheidung, die Flick nicht gefällt.
Ob ihn derlei Nebengeräusche denn störten, wurde Flick gefragt. Seine Antwort, vorgetragen mit einem süffisanten Lächeln, klang kryptisch. Er müsse nicht auf alles antworten, auch, „weil ich es nicht möchte“, sagte er und ergänzte, er müsse da „auch ein bisschen schauspielern, auch das gehört zum Trainer-Job“. Wer will, der kann dies als dezenten Hinweis an die Chefs verstehen: Wenn ihr euer Ding macht, mach ich halt bald mein Ding.
Flicks Laune wäre fraglos besser gewesen, wäre nach seiner ersten Niederlage in der Champions League, der ersten des FC Bayern seit März 2019, der ersten nach 18 Siegen und einem Unentschieden, und der ersten in einem Pflichtspiel in der Arena seit November 2019 nicht die erfolgreiche Titelverteidigung gefährdet. So klang es allzu trotzig, als er sagte: „Wir haben noch ein Spiel zu spielen. Das Halbfinale ist unser Ziel nach wie vor.“
Allerdings müssen die Bayern zunächst mal davon ausgehen, dass sie am kommenden Dienstag einen Sieg mit zwei Toren Unterschied benötigen. Dass sie ausreichend Chancen herausspielen können dafür, bewiesen sie am Mittwochabend mit der einseitigen Bilanz von 31:6 Schüssen Richtung Tor des hervorragenden Keylor Navas sowie mit 15:1 Eckbällen. Allein, es fehlte ein Mann mit Killerinstinkt. „Wenn ein Spieler wie Robert Lewandowski ausfällt, dann ist das nie schön“, sagte Flick knapp über das verletzungsbedingte Fehler des Weltfußballers.
Es reichte so nur zu den Treffern von Eric Maxim Choupo-Moting (37. Minute) und Thomas Müller (60.), die damit die Führung von PSG durch die beide Male grandios von
Neymar in Szene gesetzten Kylian Mbappé (3.) und Marquinhos (28.) ausglichen. Der unwiderstehliche Mbappé war es auch, der die begeisternde, aber riskante Angriffsstrategie der Bayern beim ersten Konter in der zweiten Halbzeit mit dem Siegtreffer (68.) bestrafte. „Alle drei Tore waren zu vermeiden“, urteilte Flick.
Da half es im Nachhinein wenig, dass auch Müller behauptete: „Wenn wir den Killerinstinkt an den Tag gelegt hätten, der uns so oft auszeichnet, hätten wir ein anderes Spiel gesehen.“Eines, „in dem wir mit Sicherheit vier, fünf, sechs Tore hätten machen können“, wie Flick betonte. Und daran halten sie sich fest: Die gleiche Leistung in Rückspiel, sagte Müller, „dann werden wir die Chancen wieder bekommen. Dann müssen wir da sein.“
Ansonsten könnte es schon das letzte Spiel in der Champions League von Flick gewesen sein – auch wenn der verletzte Lewandowski, der einen Einsatz in Paris ausschloss, betonte: „Die Spekulationen um Hansi sind da, aber ich denke, in Zukunft werden wir weiter zusammenarbeiten.“Wenn er sich da mal nicht täuscht.
„Das Halbfinale ist unser Ziel nach wie vor.“
Hansi Flick
Trainer des FC Bayern