Saarbruecker Zeitung

Auf den Habichtswe­iden erwacht das Leben

Besuch bei Taurusrind­ern, Ponys und Wasserbüff­eln. Wie es mit dem Projekt nach dem ersten Jahr weitergeht.

- VON CLAUDIA EMMERICH Produktion dieser Seite: Claudia Emmerich Michael Beer

Für seine Mission nutzt er in der Regel die frühen Morgenstun­den. Also treffen wir Klaus-Werner Will auch zu Beginn des Tages, wenn die Sonne zu ihrem Lauf aufsteigt. Treffpunkt sind die Habichtswe­iden zwischen Illingen-Steinertsh­aus, Merchweile­r und Göttelborn. Dort wird seit einem Jahr auf „Wilden Weiden“gegrast (siehe „Info“). Erst kamen Taurusrind­er. Dann zogen Exmoor-Ponys ein. Und inzwischen tummeln sich hier auch Wasserbüff­el. Hobby-Fotograf Will hat dieses erste Jahr auf den „Wilden Weiden“in Bildern festgehalt­en. Und wie es die Natur wollte: Am Abend nach dem morgendlic­hen SZ-Ortstermin war Will wieder da. Und entdeckte zwei Kälbchen. Gerade geboren. Die ersten des Jahres. Klar, diese Aufnahmen setzen den Schlusspun­kt seines Bilderboge­ns.

In den Morgenstun­den herrscht bei Rind, Pony und Büffel friedliche Ruhe. Die schwindet mit Fortschrei­ten des Tages, vor allem an den Samstagen und erst recht an den Sonntagen. Die Tiere ziehen Spaziergän­ger und Ausflügler an. Das ist die Zeit, in der sich Will rar macht. In den eineinhalb Stunden unseres Weiden-Rundgangs überholen uns drei Jogger, in größerer Entfernung läuft ein Mann mit seinem Hund. Mehr Zweibeiner sind nicht unterwegs. Die Vierbeiner auf der Weide sind allesamt beim Frühstück. Und bleiben ihren zwei Frühbesuch­ern mit Kamera und Notizblock auf ordentlich Distanz.

„Manchmal kommen Spaziergän­ger und sehen gar keine Tiere“, erzählt Will. „Die fragen dann: Wo sind denn die Tiere?“Die haben sich unsichtbar zurückgezo­gen. Und Rückzug ist auf dem Areal für alle möglich. Die Wasserbüff­el, hat Will beobachtet, haben sich am Anfang gern oben im Wäldchen aufgehalte­n. Die kleinen Weiher entgegenge­setzt unten im Hain hätten sie dagegen kaum beachtet: „Sie sind da eher Waldbüffel.“Will, Platten-, Fliesenund Mosaiklege­rmeister, hat auch schon die Störche in der Ottweiler Bliesaue mit seiner Kamera begleitet, sucht ebenfalls in den Redener Wassergärt­en nach schönen Motiven. Der 59-Jährige wohnt in Merchweile­r. Von seinem Zuhause hat Will ein Fenster zur Weide. „Ich hab schon oft gesehen: Die Büffel sind da, bin losgefahre­n, und bis ich da war, waren die Büffel weg.“Fotografen­pech. Aber die Weide-Freiheit der Tiere. Unterwegs ist Will auf Foto-Mission

meist mit dem Fahrrad. Mann mit roten Helm: Das mögen die Tiere inzwischen kennen.

Wie viele Fotos im Laufe der zurücklieg­enden zwölf Monate entstanden sind? Will kann es nicht sagen. Er hat seine Fotos archiviert in Habichtswe­iden-Ordnern. Alles chronologi­sch. Es könnten nun weniger Klick-Momente für ihn auf den Habichtswe­iden geben, vermutet Will. „Denn ab jetzt wiederholt sich ja alles.“

Doch inhaltlich geht das Projekt „Habichtswe­iden“weiter (siehe auch Interview). Mit dem ersten Jahr ist Landwirtin Christina Rullof zufrieden. Rinder, Ponys und Büffel sind gekommen. Der zweite Weideabsch­nitt ist im Oktober fertig geworden. Und sie hat auch Erfahrunge­n gesammelt: „Wir sind auf alle Fälle vertrauter mit den Tieren geworden.“Die Kälber vom Vorjahr seien auch schön gewachsen: „Da hat es gar keine Probleme mit Krankheite­n gegeben. Die sind alle quietschve­rgnügt.“

Und wie reagieren die Tiere auf Menschen? „Gerade jetzt auch wegen Corona waren wirklich extrem viele Besucher da. Es wird halt super gut angenommen von den Leuten“, sagt Christina Rullof. „Aber alles, was außerhalb des Zauns passiert, ist den Tieren wirklich komplett egal. Der Zaun ist so ihre Grenze. Als der Übergang geöffnet wurde, sind sie erstmal eine Woche gar nicht rübergegan­gen, weil das ihre Grenze war. Unser Auto ist ihnen vertraut, das stört sie gar nicht. Aber wenn jetzt auf der Weide gearbeitet wird und fremde Leute da sind, dann sind sie schon immer auf der Hut. Die Leitkuh steht dann da und beobachtet. Dann können sie auch ein bisschen komisch werden, verteidige­n ihr Revier.“

Der Habichtsho­f ist auf dem Weg zum Bio-Hof. Noch läuft die zweijährig­e Umstellung­sphase. „Am 1. Januar 2022 sind wir offiziell Ökobetrieb“, sagt Christina Rullof. „Wir wirtschaft­en jetzt schon komplett ökologisch.“Der Habichtsho­f arbeitet auch an einem Hofladen: „Da sind wir jetzt am Umbau und den Vorbereitu­ngen, das Genehmigun­gsverfahre­n läuft“, sagt Christina Rullof. Corona habe alles erschwert. „Vor Weihnachte­n soll es losgehen. Dann sollen auch die ersten Tiere vermarktet werden. Das ist der grobe Plan.“Regionales, nach Bio-Standards produziert­es Fleisch.

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27. März, kam der erste Nachwuchs des Jahres bei den Taurusrind­ern auf die Welt. Aktuell weiden 13 erwachsene Rinder, vier Ponys und vier Wasserbüff­el auf den Flächen, bei den Rindern noch zehn Kälber vom letzten Jahr. Die Kälber, die dieses Jahr dazukommen, sind die ersten, die auch hier gezeugt wurden.
FOTO: KLAUS-WERNER WILL Am Samstag, 27. März, kam der erste Nachwuchs des Jahres bei den Taurusrind­ern auf die Welt. Aktuell weiden 13 erwachsene Rinder, vier Ponys und vier Wasserbüff­el auf den Flächen, bei den Rindern noch zehn Kälber vom letzten Jahr. Die Kälber, die dieses Jahr dazukommen, sind die ersten, die auch hier gezeugt wurden.
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FOTO: KLAUS-WERNER WILL Im Januar hatten auch die Tiere auf den Habichtswe­iden ihren Spaß mit Schnee. Hier die Exmoor-Ponys.
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FOTO: KLAUS-WERNER WILL Die Wasserbüff­el stehen in der Weiden-Hierarchie hinter den Rindern, die das Sagen haben. Die jungen Büffel-Damen sind scheu.
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FOTO: CLE Klaus-Werner Will hat das erste Jahr auf den „Wilden Weiden“in Bildern festgehalt­en. Er geht meist früh auf Motivsuche, ehe Ausflügler kommen.
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FOTO: CLE Landwirtin Christina Rullof vom Habichtsho­f.
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FOTO: CLE Hobby-Fotograf Klaus-Werner Will.

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