Auf den Habichtsweiden erwacht das Leben
Besuch bei Taurusrindern, Ponys und Wasserbüffeln. Wie es mit dem Projekt nach dem ersten Jahr weitergeht.
Für seine Mission nutzt er in der Regel die frühen Morgenstunden. Also treffen wir Klaus-Werner Will auch zu Beginn des Tages, wenn die Sonne zu ihrem Lauf aufsteigt. Treffpunkt sind die Habichtsweiden zwischen Illingen-Steinertshaus, Merchweiler und Göttelborn. Dort wird seit einem Jahr auf „Wilden Weiden“gegrast (siehe „Info“). Erst kamen Taurusrinder. Dann zogen Exmoor-Ponys ein. Und inzwischen tummeln sich hier auch Wasserbüffel. Hobby-Fotograf Will hat dieses erste Jahr auf den „Wilden Weiden“in Bildern festgehalten. Und wie es die Natur wollte: Am Abend nach dem morgendlichen SZ-Ortstermin war Will wieder da. Und entdeckte zwei Kälbchen. Gerade geboren. Die ersten des Jahres. Klar, diese Aufnahmen setzen den Schlusspunkt seines Bilderbogens.
In den Morgenstunden herrscht bei Rind, Pony und Büffel friedliche Ruhe. Die schwindet mit Fortschreiten des Tages, vor allem an den Samstagen und erst recht an den Sonntagen. Die Tiere ziehen Spaziergänger und Ausflügler an. Das ist die Zeit, in der sich Will rar macht. In den eineinhalb Stunden unseres Weiden-Rundgangs überholen uns drei Jogger, in größerer Entfernung läuft ein Mann mit seinem Hund. Mehr Zweibeiner sind nicht unterwegs. Die Vierbeiner auf der Weide sind allesamt beim Frühstück. Und bleiben ihren zwei Frühbesuchern mit Kamera und Notizblock auf ordentlich Distanz.
„Manchmal kommen Spaziergänger und sehen gar keine Tiere“, erzählt Will. „Die fragen dann: Wo sind denn die Tiere?“Die haben sich unsichtbar zurückgezogen. Und Rückzug ist auf dem Areal für alle möglich. Die Wasserbüffel, hat Will beobachtet, haben sich am Anfang gern oben im Wäldchen aufgehalten. Die kleinen Weiher entgegengesetzt unten im Hain hätten sie dagegen kaum beachtet: „Sie sind da eher Waldbüffel.“Will, Platten-, Fliesenund Mosaiklegermeister, hat auch schon die Störche in der Ottweiler Bliesaue mit seiner Kamera begleitet, sucht ebenfalls in den Redener Wassergärten nach schönen Motiven. Der 59-Jährige wohnt in Merchweiler. Von seinem Zuhause hat Will ein Fenster zur Weide. „Ich hab schon oft gesehen: Die Büffel sind da, bin losgefahren, und bis ich da war, waren die Büffel weg.“Fotografenpech. Aber die Weide-Freiheit der Tiere. Unterwegs ist Will auf Foto-Mission
meist mit dem Fahrrad. Mann mit roten Helm: Das mögen die Tiere inzwischen kennen.
Wie viele Fotos im Laufe der zurückliegenden zwölf Monate entstanden sind? Will kann es nicht sagen. Er hat seine Fotos archiviert in Habichtsweiden-Ordnern. Alles chronologisch. Es könnten nun weniger Klick-Momente für ihn auf den Habichtsweiden geben, vermutet Will. „Denn ab jetzt wiederholt sich ja alles.“
Doch inhaltlich geht das Projekt „Habichtsweiden“weiter (siehe auch Interview). Mit dem ersten Jahr ist Landwirtin Christina Rullof zufrieden. Rinder, Ponys und Büffel sind gekommen. Der zweite Weideabschnitt ist im Oktober fertig geworden. Und sie hat auch Erfahrungen gesammelt: „Wir sind auf alle Fälle vertrauter mit den Tieren geworden.“Die Kälber vom Vorjahr seien auch schön gewachsen: „Da hat es gar keine Probleme mit Krankheiten gegeben. Die sind alle quietschvergnügt.“
Und wie reagieren die Tiere auf Menschen? „Gerade jetzt auch wegen Corona waren wirklich extrem viele Besucher da. Es wird halt super gut angenommen von den Leuten“, sagt Christina Rullof. „Aber alles, was außerhalb des Zauns passiert, ist den Tieren wirklich komplett egal. Der Zaun ist so ihre Grenze. Als der Übergang geöffnet wurde, sind sie erstmal eine Woche gar nicht rübergegangen, weil das ihre Grenze war. Unser Auto ist ihnen vertraut, das stört sie gar nicht. Aber wenn jetzt auf der Weide gearbeitet wird und fremde Leute da sind, dann sind sie schon immer auf der Hut. Die Leitkuh steht dann da und beobachtet. Dann können sie auch ein bisschen komisch werden, verteidigen ihr Revier.“
Der Habichtshof ist auf dem Weg zum Bio-Hof. Noch läuft die zweijährige Umstellungsphase. „Am 1. Januar 2022 sind wir offiziell Ökobetrieb“, sagt Christina Rullof. „Wir wirtschaften jetzt schon komplett ökologisch.“Der Habichtshof arbeitet auch an einem Hofladen: „Da sind wir jetzt am Umbau und den Vorbereitungen, das Genehmigungsverfahren läuft“, sagt Christina Rullof. Corona habe alles erschwert. „Vor Weihnachten soll es losgehen. Dann sollen auch die ersten Tiere vermarktet werden. Das ist der grobe Plan.“Regionales, nach Bio-Standards produziertes Fleisch.