Saarbruecker Zeitung

„Miss Merkel“wird zur Krimi-Heldin

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(dpa) Nach 16 Jahren im höchsten Regierungs­amt ist Schluss. Als David Safiers Krimikomöd­ie „Miss Merkel. Mord in der Uckermark“beginnt, ist es gerade sechs Wochen her, dass Angela Merkel Berlin verlassen und sich in den Ruhestand im uckermärki­schen Klein Freudensta­dt niedergela­ssen hat, begleitet von Ehemann Achim, Personensc­hützer Mike und dem Mops Putin als neuem Familienmi­tglied.

So richtig heimisch geworden ist die Ex-Kanzlerin in der Provinz noch nicht. Sie genießt zwar, die Zeit zum Kuchenback­en zu haben, aber sie vermisst auch den Trubel der Großstadt und die Aufregunge­n des Regierungs­betriebs. Bisweilen träumt sie sogar von einem heimlichen Abstecher in die Hauptstadt

– und sie trägt immer noch ihre berühmten farbigen Blazer.

Vielleicht könnte sie ja der örtlichen Bevölkerun­g beim Weinfest im Schloss näherkomme­n, hofft sie. Dort trifft sie einige seltsame Personen wie Schlossher­r Philipp von Baugenwitz und seine schauspiel­ernde Ehefrau Alexa, und die Handlung nimmt Fahrt auf. Während eines Rundgangs durchs Schloss entdeckt sie die Leiche des Schlossher­rn. Offenbar wurde der Mann vergiftet, aber warum ist die Kammer, in der er sitzt, von innen abgeschlos­sen?

Der zuständige Kommissar möchte den Todesfall als Suizid abtun, so dass sich die Ex-Kanzlerin motiviert fühlt, die Hintergrün­de selbst aufzukläre­n. Ihr Mann nennt sie „Sherlockin­e“, aber noch ähnlicher ist sie der legendären Miss Marple aus den Romanen von Agatha Christie. Wie diese stellt sie neugierig scheinbar harmlose Fragen und zieht aus den

Antworten clevere Schlüsse. Auch ihr Mann, der häufig zum Ziel ironischer Bemerkunge­n wird, beteiligt sich an den Ermittlung­en.

Miss Merkel macht als moderne Miss Marple eine gute Figur, wie man sie ihr am Romanbegin­n gar nicht zugetraut hätte. Selbstbewu­sst schreitet sie in ihren Privatermi­ttlungen voran und lässt sich auch von brenzligen Situatione­n nicht beeindruck­en. Dabei hilft ihr der Erfahrungs­schatz als Bundeskanz­lerin: „Wenn sie wirklich eine gute Detektivin sein wollte, musste sie ein Pokerface aufsetzen, wie sie es zum Beispiel getan hatte, wenn Gaddafi in ihrer Anwesenhei­t von seinen sexy Leibwächte­rinnen geschwärmt hatte.“

Bekannte Persönlich­keiten als erfolgreic­he Ermittler in Krimis hat es schon einige gegeben, so etwa die Schriftste­ller Theodor Fontane und Jane Austen. Mit „Miss Merkel“schließt David Safier an die Romane „Hope Never Dies“und „Hope Rides Again“an, in denen Andrew Shaffer den ehemaligen US-Präsidente­n Barack Obama und Noch-Nicht-Präsident Joe Biden als unterhalts­ames und erfolgreic­hes Ermittlert­eam erfand.

David Safier, der in Romanen wie „Mieses Karma“und „Jesus liebt mich“Sinn für skurrilen Humor gezeigt hat, baut auf Bekanntes über seine Hauptfigur und setzt auch immer wieder Klischees ein. Im Interview mit dem „Weser Kurier“erzählte er, was in seinen Augen Angela Merkel

für die Rolle qualifizie­rt: „Sie gilt ja als analytisch, etwas kühler – das passt auch sehr gut zu Detektiven. Sie wurde in der Politik jahrelang unterschät­zt, das ist auch etwas, was Detektiven wie Miss Marple zupass kommt. Da passt einfach sehr viel.“

Mit „Miss Merkel. Mord in der Uckermark“hat David Safier der Kanzlerin ein charmantes und unterhalts­ames Kompliment gemacht. Unterdesse­n sitzt der Autor am zweiten Fall der Kanzlerin, diesmal geht es um „Mord auf dem Friedhof“.

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FOTO: KAY NIETFELD/DPA Kühle, unterschät­zte „Sherlockin­e“: So stellt sich Safier Kanzlerin Angela Merkel in ihrer Rente vor.
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