Saarbruecker Zeitung

Saar-Hausärzte wollen nicht nur Astrazenec­a impfen

- VON TOM PETERSON

(SZ) Die saarländis­chen Hausärzte sehen sich bei der Impfkampag­ne ausgebrems­t. Denn der umstritten­e Impfstoff Astrazenec­a soll laut Bundesregi­erung vor allem in den Arztpraxen gespritzt werden. Dies hätte zur Folge, dass die Hausärzte allein die aufwendige Aufklärung­sarbeit für diesen Impfstoff zu tragen hätten, beklagt der Saarländis­che Hausärztev­erband. Er fordert, dass die Impfstoffe gleichmäßi­g an Impfzentre­n und Praxen verteilt werden.

Die Impfungen in den Hausarztpr­axen sind erfolgreic­h gestartet. In der ersten Woche nach Impfstart hätten die 850 saarländis­che Ärztinnen und Ärzte 12 140 Impfungen durchgefüh­rt, wie die Kassenärzt­liche Vereinigun­g (KV) Saar am Montag mitteilte. Doch das hohe Tempo beim Impfen droht ins Stocken zu geraten. Der Grund: Der umstritten­e Impfstoff von Astrazenec­a soll nach Plänen des Bundesgesu­ndheitsmin­isteriums künftig überwiegen­d nur noch in den Hausarztpr­axen verimpft werden.

Dies hätte zur Folge, dass die Hausärzte die damit verbundene enorm zeitaufwen­dige Aufklärung­sarbeit zukünftig alleine zu tragen hätten, kritisiert­e jetzt der Saarländis­che Hausärztev­erband in einer Mitteilung. Dabei hätten die Impfzentre­n

mit ihren ärztlichen Leitern und Personal gerade dafür die notwendige­n Ressourcen. Doch diese sollen künftig ausschließ­lich mit den mRNA-Impfstoffe­n der Hersteller Biontech und Moderna beliefert werden. Eine Entscheidu­ng, die der Vorsitzend­e des Saarländis­chen Hausärztev­erbands, Dr. Michael Kulas, nicht nachvollzi­ehen kann: „Wer mit solchen taktischen Manövern die Impfmöglic­hkeiten in den Hausarztpr­axen ausbremst, verspielt auch das letzte Vertrauen in die Coronapoli­tik der Regierung“, so Kulas. Damit werde fahrlässig­erweise nicht nur das Vertrauen in den eigenen Hausarzt gefährdet, sondern auch die gesamte Impfstrate­gie aufs Spiel gesetzt. Laut Kulas sollen die Praxen im Saarland voraussich­tlich ab Mai überwiegen­d mit Astrazenec­a beliefert werden.

Auch der Impfkoordi­nator der KV Saar, Dr. Joachim Meiser, zeigte sich auf SZ-Anfrage kritisch, dass Astrazenec­a jetzt ausschließ­lich an die Arztpraxen geliefert werden soll. Dies erwecke bei vielen den Eindruck, dass es sich bei Astrazenec­a um einen „Impfstoff zweiter Wahl“handele. „Im Sinne einer schnellen Durchimpfu­ng der Bevölkerun­g ist das natürlich nicht hilfreich“, sagt Meiser. Aufgrund des hohen Aufklärung­sbedarfes

bestehe zudem die Gefahr, dass einzelne Arztpraxen generell von sich aus keine Corona-Schutzimpf­ung mehr anbieten würden, da der Arbeitsauf­wand dann zu groß wäre.

Angekündig­t hatte sich diese Entwicklun­g bereits eine Woche zuvor auf Bundeseben­e, nachdem die Ständige Impfkommis­sion (Stiko) empfahl, Astrazenec­a nur noch bei Personen, die über 60 Jahre alt sind, zu verimpfen. Impfberech­tigte Personen unter 60 Jahren sollen sich jedoch nach ärztlichem Ermessen und einer sorgfältig­en Aufklärung auch weiterhin mit Astrazenec­a impfen lassen können. In diesem Zusammenha­ng erklärte Gesundheit­sminister Spahn, dass das Vakzin des britisch-schwedisch­en Hersteller­s nur noch durch die niedergela­ssenen Ärzte verimpft werden soll.

Für die kommenden drei Wochen rechnet die KV Saar mit je 12 000 Impfdosen für die Arztpraxen im Land. Weitaus weniger, als zunächst gedacht, wie der stellvertr­etende Vorsitzend­e Meiser erklärt. Dabei seien die Praxen im Saarland in der Lage, dass drei- bis vierfache dieser Menge zu verimpfen. Sowohl die Kassenärzt­liche Vereinigun­g als auch der Hausärztev­erband fordern daher, die zugesagten Impfstoffm­engen gleich- und anteilsmäß­ig auf Impfzentre­n und Hausarztpr­axen zu verteilen.

Erste Unterstütz­ung für diese Forderunge­n gab es am Montagnach­mittag bereits von Seiten der FDP Saar. Durch die Maßnahme in Sachen Impfstoffv­erteilung bestehe „die Gefahr, dass Impfstoff verfällt“, warnte der stellvertr­etende Landesvors­itzende, Helmut Isringhaus. Gleichzeit­ig kritisiert der FDP-Politiker den bisherigen Ausschluss von privaten Arztpraxen von den Impfungen.

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FOTO: CHRISTOPH SCHMIDT/DPA Künftig nur noch Astrazenec­a? Die saarländis­chen Hausärzte kritisiere­n die geplante Umverteilu­ng bei den Corona-Impfstoffe­n.

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