Saarbruecker Zeitung

Gelb ist die Ampel, Grün die Hoffnung

Das Saarland schaltet die Ampel auf Gelb: Für die Außengastr­onomie ändert sich nichts. Zum Shoppen, fürs Museum und beim Friseur braucht man jetzt einen negativen CoronaTest. Die Teststatio­nen sind teils ausgebucht.

- VON ALINE PABST UND ESTHER BRENNER

Vor dem Tedi in der Saarbrücke­r Eisenbahns­traße fungieren die Verkäuferi­nnen am Montag als Türsteheri­nnen. Nachdem die saarländis­che Corona-Ampel seit Sonntagabe­nd auf Gelb steht, weil die Inzidenz im Land an drei aufeinande­rfolgenden Tagen über 100 lag, traten Verschärfu­ngen im Kraft: So ist nun ein negativer Corona-Schnelltes­t nötig, der nicht älter als 24 Stunden sein darf, um im

Einzelhand­el (außer Lebensmitt­elgeschäft­en) einkaufen zu dürfen.

Eine Änderung, von der viele Kunden noch nichts wissen. „Da könnt ihr bald ganz zumachen!“schnauzt eine ältere Dame, „Nicht deren Ernst?!“, kommentier­t eine junge Frau das Hinweissch­ild an der Eingangstü­r. Ein Test-Ergebnis können sie nicht vorzeigen, beide gehen wieder. „So läuft das schon den ganzen Morgen“, erklärt eine abgekämfpt­e Tedi-Angestellt­e seufzend.

In der Saarbrücke­r Fußgängerz­one bietet sich überall ein ähnliches Bild: Schilder, die auf die neue Testpflich­t hinweisen, wartendes Personal, das potenziell­en Kunden den Weg versperrt, verständni­slose Blicke gereizter Menschen. Und: Schlangen vor den Testzentre­n. War es vergangene Woche, als das „Saarland-Modell“offiziell startete, noch recht unkomplizi­ert, sich spontan testen zu lassen, stoßen die Kapazitäte­n nun an ihre Grenzen. Im dm-Testzentru­m in der Bahnhofstr­aße sind bereits morgens alle Termine ausgebucht – nicht nur für Montag, sondern die gesamte Woche. Auch in den Testzentre­n im Rathaus, der Garage und am Hauptbahnh­of sind für den aktuellen Tag keine Termine mehr buchbar. Um 12 Uhr warten vor dem Rathaus trotzdem gut 40 Personen – die meisten ohne Termin. „Ich habe den Termin schon am Samstag gebucht“, erzählt Elisabeth Ernst, die deshalb in der wesentlich kürzeren Schlange ansteht. Kostenlose Bürgertest­s gibt es zwar in vielen Apotheken und Arztpraxen, aber nicht in jeder Gemeinde gibt es größere Testzentre­n, nicht einmal in der Saarlouise­r Innenstadt. Sich spontan testen zu lassen, ist also derzeit schwierig. „Die Test-Erforderni­s kommt einem Lockdown gleich“, sagt Paul Leinen, der in Saarlouis einen Haushaltsw­arenladen betreibt. Michael Genth vom Handelsver­band Saar (HDE) findet trotzdem, seine Branche müsse das Beste aus dem „Saarland-Modell“machen. „Alles ist für den Einzelhand­el besser, als ganz geschlosse­n zu sein.“Sollte die Ampel auf Rot springen und der Handel wieder schließen müssen, sei das Modell „nur aufgeschob­en, nicht aufgehoben“, ist er optimistis­ch. Testen, so viel es geht, digitale Instrument­e zur Kontaktver­folgung besser nutzen und mehr Kontrolle, seien Voraussetz­ungen für den Erfolg des Modells. Ins Schaufenst­er seines Geschäftes Leder Spahn in Saarbrücke­n hat er Listen mit Teststatio­nen im Regionalve­rband gehängt. Genth glaubt an das Modell.

Besonders unter Gastronome­n herrschte am Montag Verwirrung. Bei Ampelphase Grün durften Cafés, Kneipen und Restaurant­s draußen Gruppen bis zu zehn Personen bewirten, wenn diese einen negativen Schnelltes­t vorzeigen konnten. Gruppen von fünf Personen, sofern sie zu einem Haushalt gehören, brauchten nicht mal das. Und jetzt?

In Phase Gelb soll sich für die Außengastr­onomie nichts ändern. Eigentlich. Auf dem St. Johanner Markt ist man sich da nicht so sicher, denn die Informatio­nen auf Saarland.de sind spärlich und bieten Raum für Spekulatio­n. Im „Tante Maja“werden deshalb nun schon Tests bei drei Personen verlangt, gegenüber im „Klimbim“muss sogar jeder einzelne Gast einen vorzeigen. Die Terrassen sind kaum besucht, obwohl das letzte Woche bei der Neueröffnu­ng noch ganz anders aussah.

„Die Leute sind verunsiche­rt“, sagt Catalina Kremers Da Palma, Inhaberin des Saarbrücke­r „Tante Maja“. Ulrike Mallon, die im „Klimbim“kellnert, erzählt von Schwierigk­eiten bei der Kontrolle: „Eigentlich müssten wir am Wochenende zwei Leute nur dafür auf die Terrasse stellen.“Sie rechnet damit, dass die Gastronomi­e bald wieder ganz schließen muss.

„Für die Gastronome­n hat sich mit der gelben Ampel erst mal nichts geändert, aber wir stellen uns auf die rote Ampel, die Schließung ein. Es ist nichts mehr planbar“, sagt Frank Hohrath, Haupt-Geschäftsf­ührer des Deutschen Hotel- und Gaststätte­nverbands im Saarland (Dehoga). Seine Branche fordert „mehr Transparen­z“bei den Regeln und sieht der vom Bund geplanten Änderung des Infektions­schutzgese­tzes mit „großer Sorge“entgegen. Sollte der Bund die Kompetenze­n der Länder im Corona-Management einschränk­en, befürchtet er das Aus für das „Saarland-Modell“. „Man sollte sich nicht an starren Inzidenzen orientiere­n und alle Landkreise in Geiselhaft nehmen, gerade wenn sie die Kontaktnac­hverfolgun­g sicherstel­len können.“Auch andere Zahlen sollten in die Bewertung der Lage einfließen. Unter den Gastronome­n sei die Stimmung ganz unterschie­dlich. „Die einen wollen erst bei gutem Wetter öffnen und sehen sich durch die drohende Schließung bestätigt. Andere freuen sich, überhaupt wieder etwas anbieten zu können.“

„Alles ist für den Handel besser, als ganz geschlosse­n zu sein.“

Michael Genth Saar-Handelsver­band

 ?? FOTO: BECKERBRED­EL ?? Lange Schlangen bildeten sich am Montag vor vielen Corona-Testzentre­n, wie hier in der Saarbrücke­r Garage. Wer auf den negativen Nachweis angewiesen ist, sollte zurzeit Geduld mitbringen.
FOTO: BECKERBRED­EL Lange Schlangen bildeten sich am Montag vor vielen Corona-Testzentre­n, wie hier in der Saarbrücke­r Garage. Wer auf den negativen Nachweis angewiesen ist, sollte zurzeit Geduld mitbringen.
 ?? FOTO: BECKERBRED­EL ?? Die gelbe Corona-Ampel im Saarland hat bereits dafür gesorgt, dass der Einzelhand­el ausgebrems­t wird. Wie hier in der Saarlouise­r Innenstadt waren nur wenige Menschen unterwegs.
FOTO: BECKERBRED­EL Die gelbe Corona-Ampel im Saarland hat bereits dafür gesorgt, dass der Einzelhand­el ausgebrems­t wird. Wie hier in der Saarlouise­r Innenstadt waren nur wenige Menschen unterwegs.

Newspapers in German

Newspapers from Germany