Auf dem Weg in die Woche der Entscheidungen
Das Bundeskabinett will die Corona-Notbremse zügig beschließen. Aber es ruckelt. Eine Einigung gibt es derweil bei der Testpflicht für Betriebe.
Wann kommt die bundesweit einheitliche Notbremse im Kampf gegen Corona? Nach der Vereinbarung von Bund und Ländern Ende der Woche will das Bundeskabinett bereits diesen Dienstag entsprechende Änderungen beim Infektionsschutzgesetz beschließen. Über die Details wurde bis zu zuletzt gestritten. Klar ist aber, dass es eine Testpflicht für Unternehmen geben wird.
Kern des Vorhabens sind einheitliche Restriktionen in Landkreisen mit mehr als 100 wöchentlichen Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner. Dazu plant die Bundesregierung unter anderem zusätzlich private Kontakteinschränkungen, eine Ausgangssperre zwischen 21 und fünf Uhr, weitere Auflagen für den Einzelhandel sowie ein generelles Öffnungsverbot für Restaurants. Der Verkauf von Speisen und Getränken außer Haus soll aber möglich bleiben. Bei einer Inzidenz von mehr als 200 sollen die Schulen schließen. Von den Restriktionen wären derzeit weit mehr als die Hälfte aller Kreise in Deutschland betroffen. Erst wenn die Inzidenzen jeweils an drei Tagen hintereinander unterschritten würden, sollen die Maßnahmen wieder außer Kraft treten.
Aus einzelnen Bundesländern kam Kritik. So forderte Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU), Ausgangsbeschränkungen erst bei einer Inzidenz von 200 einzuführen. Auch beim Thema Schule meldete er Vorbehalte an. Das sei Ländersache. Im rot-rot-grün regierten Berlin sieht man Ausgangsverbote grundsätzlich mit Skepsis.
Die Opposition im Bundestag ging am Montag ebenfalls auf Distanz. „Der Gesetzentwurf ist in der Sache dringend nachbesserungsbedürftig“, sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Britta Haßelmann, unserer Redaktion. Die Ausgangsbeschränkungen seien verfassungsrechtlich bedenklich. Gleichwohl sei man aber bereit, „eine zügige Beschlussfassung zu ermöglichen“.
Ursprünglich wollte die Bundesregierung das Gesetzesverfahren noch in dieser Woche abschließen. Dazu wäre auch eine Sondersitzung des Bundesrats nötig. Ein solches Eilverfahren braucht jedoch eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag. Dafür bringen die Koalitionsfraktionen von Union und SPD gemeinsam mit den Grünen aber nicht genug Stimmen auf die Waage. AfD und Linke lehnen die Regierungspläne ab. Bliebe nur noch die FDP. In einem Schreiben an seine Amtskollegen von Union, SPD und Grünen wandte sich der Parlamentarische Geschäftsführer der Freidemokraten, Marco Buschmann, am Montag allerdings gegen ein „Eilverfahren“. Der Bundestag dürfe nicht die „Fehler der Ministerpräsidentenkonferenz wiederholen“und „übereilte und undurchdachte Entscheidungen treffen“, heißt es in dem Brief. Der Regierungsentwurf enthalte Maßnahmen, die bereits durch Verwaltungs- und Oberverwaltungsgerichte als rechtswidrig verworfen worden seien. Damit riskiere man auch „eine Flut von Verfassungsbeschwerden“, warnte der Liberale.
Nach den Worten von Regierungssprecher Steffen Seibert stand bis Montagnachmittag außerdem noch nicht fest, ob die Gesetzesvorlage in der Länderkammer zustimmungspflichtig ist oder nur einspruchsberichtigt. Im letzteren Fall könnte der Bundesrat das Verfahren zumindest verzögern. Die FDP sitzt in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein mit am Kabinettstisch.
Bei einem wichtigen Punkt indes konnte am Montag eine Einigung erzielt werden: Den SPD-Chefs Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans zufolge haben die Genossen der Union nun doch ein verpflichtendes Angebot für Schnelltests von Beschäftigten in Unternehmen abgerungen. Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) zog damit den Kürzeren. Er hatte eine solche Pflicht zuletzt klar abgelehnt. Das Thema war koalitionsintern ein Teil der Verhandlungsmasse für die Novellierung des Infektionsschutzgesetzes. Die Test-Verordnung soll ebenfalls am heutigen Dienstag im Kabinett auf den Weg gebracht werden.