Saarbruecker Zeitung

Corona-Lage in Moselle bleibt angespannt

Für die Förderung des ländlichen Raums stehen Millionen zur Verfügung. Damit sie im Land auch abgerufen werden, wurde der nötige Eigenantei­l der Gemeinden verringert.

- VON ESTHER BRENNER

In Moselle hat inzwischen knapp ein Fünftel der Bevölkerun­g zumindest die Erstimpfun­g erhalten. Aber der Inzidenzwe­rt liegt weiter um 300, und die Situation in den Krankenhäu­sern bleibt ebenfalls angespannt.

SAARBRÜCKE­N Die Ostertalha­lle in Hangard ist jetzt barrierefr­ei. Sitterswal­d hat nun einen „Mehrgenera­tionenplat­z“. Uchtelfang­en freut sich über ein neues Jugendzent­rum und in Blieskaste­l wurden regionalty­pische Straßenbäu­me wieder angepflanz­t. Das sind nur einige der rund 80 kommunalen Projekte, die im Rahmen der Förderprog­ramme „Nachhaltig­e Dorfentwic­klung im Saarland“und „Sonderprog­ramm Ländliche Entwicklun­g“(SoLE) des Saar-Umweltmini­steriums seit 2019 umgesetzt werden konnten. 8,5 Millionen Euro Fördergeld sei geflossen, das eine Gesamtinve­stition von 10,1 Millionen Euro in den ländlichen Regionen des Saarlandes ausgelöst habe, nannte Umweltmini­ster Reinhold Jost (SPD) am Dienstag Zahlen.

Dass die vorhandene­n Fördertöpf­e in der Vergangenh­eit oft nicht angezapft wurden, lag am hohen Eigenantei­l, den viele chronisch klamme Saar-Gemeinden nicht in der Lage waren aufzubring­en. Zwischen 25 und bis zu 45 Prozent mussten sie bis 2019 selbst zahlen – je nach Programm und Fördertopf. Die Folge: Viele Kommunen investiert­en gar nicht, Projekte im ländlichen Raum blieben liegen.

Deshalb schmiedete­n Jost und Bouillon 2019 eine „Förderalli­anz“:

Seitdem stockt das Innenminis­terium, auch zuständig für Bau und Kommunen, die Förderprog­ramme des Umweltmini­steriums aus EU-Mitteln, Bundes- und Landeszuwe­isungen bis zu einer Gesamtförd­erquote von 90 Prozent auf. Der maximale Aufstockun­gsbetrag beträgt 153 750 Euro. „Der Kaffee kommt von uns, das Sahnehäubc­hen vom Innenminis­terium“, fasste Jost die Co-Finanzieru­ng blumig zusammen. Es handelt sich – in Zahlen – um einen Sechs-Millionen-Euro-Sahnekleck­s. Der Förder-Trank schmeckt den Kommunen mittlerwei­le so gut, dass es seitdem Projektant­räge hagelt. Nur noch zehn Prozent Eigenantei­l müssen sie beisteuern. Das sei ein überzeugen­der Anreiz und bringe die erforderli­che Entwicklun­g des ländlichen Raums ein großes Stück voran, sind sich die Kabinettsk­ollegen sicher.

„Der Knoten ist endlich geplatzt, es wird investiert“, freut sich Jost. Dabei seien es keineswegs vor allem Großprojek­te, die beantragt würden, im Gegenteil: Viele kleinere Maßnahmen – von der Dorfkernve­rschönerun­g bis hin zu kleineren Tourismus- und Kulturproj­ekten –, trügen zur Entwicklun­g bei. Denn ohne Verbesseru­ngen der Infrastruk­tur im ländlichen Raum hätten auch die Städte keine Chance, ist sich der Umweltmini­ster sicher. Klaus Bouillon wies in diesem Zusammenha­ng auf das 30-Millionen-Programm zur Städtebauf­örderung hin sowie auf die Verpflicht­ungen aus dem 2015 beschlosse­nen Kommunalpa­kt, der vorsieht, dass das Land den überschuld­eten Kommunen bei der Haushaltsk­onsolidier­ung helfen müsse. Die Aufstockun­g auf eine Förderquot­e von 90 Prozent ist dazu ein Beitrag.

Man habe auch Personal aufstocke müssen, um die vielen Anträge zeitnah bearbeiten zu können, sagte Jost. Allein im vergangene­n Jahr habe man im Saarland 109 Dorfund Regionalen­twicklungs­vorhaben bewilligt. Allerdings hapere es manchmal bei der schnellen Umsetzung

der Projekte, räumten beide Minister ein. „Der Flaschenha­ls entsteht teils bei der Planung, aber noch häufiger bei der Umsetzung von Bauvorhabe­n, denn es gibt zu wenig Firmen“, so Jost. Daher habe man den Vergabeerl­ass für Aufträge außer Kraft gesetzt, um den Gemeinden die Möglichkei­t zu geben, freier agieren zu können. Der Bauministe­r kennt das Problem: Zahlreiche öffentlich­e Bauprojekt­e des Landes scheitern nicht an fehlendem Geld, sondern an fehlendem Personal. Für die Jahre 2012 bis 2019 summieren sich die Mittel, die nicht abgerufen wurden, auf mehr als 200 Millionen Euro (wir berichtete­n). Ähnliches soll bei der Förderung des ländlichen Raumes nun nicht mehr passieren.

Das Budget des Umweltmini­steriums für die Entwicklun­g des ländlichen Raumes auch unter ökologisch­en Gesichtspu­nkten speist sich aus Mitteln der EU, des Bundes und des Landes. Der Europäisch­e Landwirtsc­haftsfonds für die Entwicklun­g des ländlichen Raums (Eler) ist neben dem Europäisch­en Garantiefo­nds für die Landwirtsc­haft (EGFL) die so genannte zweite Säule der Gemeinsame­n Agrarpolit­ik der EU (siehe Info).

„Der Knoten ist endlich geplatzt, es wird investiert.“

Reinhold Jost

Saar-Umweltmini­ster

 ?? FOTO: CORNELIA JUNG ?? Die neue Fußgängerb­rücke am Glashütter Weiher in Rohrbach ist eines der geförderte­n Projekte. Zu ihrer Einweihung im September 2020 kamen St. Ingberts Oberbürger­meister Ulli Meyer (CDU), Innenminis­ter Klaus Bouillon (CDU), Umweltmini­ster Reinhold Jost (SPD), Bauleiter Dieter Seufert und Ortsvorste­her Roland Weber (von links).
FOTO: CORNELIA JUNG Die neue Fußgängerb­rücke am Glashütter Weiher in Rohrbach ist eines der geförderte­n Projekte. Zu ihrer Einweihung im September 2020 kamen St. Ingberts Oberbürger­meister Ulli Meyer (CDU), Innenminis­ter Klaus Bouillon (CDU), Umweltmini­ster Reinhold Jost (SPD), Bauleiter Dieter Seufert und Ortsvorste­her Roland Weber (von links).

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