Tobias Hans spricht sich indirekt für Söder aus
Im Kandidaten-Rennen der Union erhält der CSU-Chef Rückenwind von der Saar. Armin Laschet muss bangen.
(SZ) Die Phalanx prominenter CDU-Unterstützer für Parteichef Armin Laschet als Kanzlerkandidat der Union bekommt weitere Risse. Saar-Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) machte am Freitag indirekt seine Präferenz für CSU-Chef Markus Söder deutlich, indem er wie dieser die Bedeutung der Umfragen betonte: „Es ist völlig klar, dass die Frage, mit welcher Person man die besseren Chancen bei den Wahlen hat, eine zentrale Rolle spielen muss“, sagte er der Zeitung Welt. Söder liegt in Umfragen derzeit weit vor Laschet. Aus einer Befragung des Meinungsforschungsinstituts Insa für die Bild-Zeitung geht hervor, dass die Union bei der Wahl im September mit einem Kanzlerkandidaten Laschet mit 27 Prozent der Stimmen rechnen dürfte, mit Söder seien es 38 Prozent. Hans sagte, an der Basis gehe es nicht um die Frage „CDU oder CSU“. „Sondern es muss um die Frage gehen: Mit wem steht die Union am Wahlabend vorne?“
Hans stellte auch das Argument der Laschet-Unterstützer infrage, dass sich die CDU-Spitzengremien für den NRW-Ministerpräsidenten ausgesprochen hätten. „Ich habe den Beschluss des Parteipräsidiums nie so verstanden, dass es nur Armin Laschet werden kann. Wir haben festgestellt, dass es zwei geeignete Kandidaten gibt. Der Auftrag war, dass Armin Laschet die Frage Kanzlerkandidatur mit Markus Söder klärt.“
Ähnlich wie Hans hatte sich Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) geäußert. Dagegen warben Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) und der Kieler Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) für Laschet. In der Union mehrten sich am Freitag Zweifel, dass noch mit einer Einigung in dieser Woche zu rechnen sei.
Die Union läuft auf eines der spannendsten Wochenenden ihrer Geschichte zu. In CDU-Kreisen kursierte am Freitag ein Zitat aus Franz Josef Strauß’ berühmter Wienerwald-Rede, das das Misstrauen der Schwesterparteien schöner nicht auf den Punkt bringen könnte: „Die politischen Pygmäen der CDU, die nur um ihre Wahlkreise bangen, diese Zwerge im Westentaschenformat, diese Reclam-Ausgabe von Politikern.“Laschet oder Söder?
Szenario eins: CDU-Chef Armin Laschet setzt sich durch
In der Funktionärsriege der CDU würde man kräftig aufatmen. Auch wenn nicht jeder glücklich mit der Person Armin Laschet als Wahlkämpfer ist, so hat man sich doch um den CDU-Chef gescharrt. Nicht noch einmal einen Vorsitzenden beschädigen, so der Tenor. Laschet habe breite Unterstützung in der CDU, auch außerhalb Nordrhein-Westfalens und auch über die Mitglieder des Präsidiums und Bundesvorstandes hinaus, sagte etwa NRW-Finanzminister Lutz Lienenkämper: „Die CDU hat ihren Vorschlag
gemacht – daher sollte Markus Söder jetzt glaubwürdig bleiben und seine eigene Ankündigung umsetzen, einen Vorschlag der CDU zu akzeptieren.“Lienenkämper erwartet eine kurzfristige Entscheidung, spätestens am Wochenende.
Der eine oder andere in Laschets Landesverband wünscht sich deutlich härtere Angriffe gegen den Mann aus Bayern. Doch Laschets direktes Umfeld soll Druck machen, nicht zu hart gegen den Kontrahenten aus dem Süden zu schießen.
Auch CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak betonte am Freitag nochmal die Entschlossenheit der CDU, für Laschet zu kämpfen. „Armin Laschet ist der richtige Kandidat, um zu einen und zusammenzuführen. Er hat einen klaren Kompass, ein verlässliches Wertefundament und steht für die ganze Breite der Union“, sagte Ziemiak. Auch CDU-Vize Julia Klöckner stellte sich hinter Laschet und rief die beiden Kontrahenten auf, „schleunigst, am besten am Wochenende, sich zu einigen“.
Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble führt als mächtiger CDU-Politiker im Hintergrund viele Gespräche, die Ministerpräsidenten von Hessens und Schleswig-Holstein, Volker Bouffier und Daniel Günther, stellten sich ebenfalls vor Laschet. Der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans stellte indes nochmal die Bedeutung von Umfragen heraus und betonte, dass dem Beschluss des CDU-Präsidiums, das sich für Laschet als Kanzlerkandidaten aussprach, dabei nicht ausschließliche Bedeutung zukomme.
Sollte sich Laschet durchsetzen, so müsste er schnell die Konditionen klären, die Söder für den Rückzug gestellt hat – damit beide zusammen in den Wahlkampf ziehen können. Und Laschet müsste sich dringend um die Befriedung der Bundestagsfraktion kümmern. Im Gegensatz zu Laschet ist Söders persönliche Lage im Moment noch ein wenig komfortabler. Auch wenn er am Ende nicht als Kanzlerkandidat ins Rennen gehen sollte, ist seine Rolle als CSUChef und bayerischer Ministerpräsident unangefochten. Söder, sollte er Laschet doch den Vortritt lassen, würde dafür irgendwann einen hohen Preis einfordern.
Szenario zwei: CSU-Chef Markus Söder gewinnt den Machtkampf
Der ehrgeizige Franke muss derzeit etwas machen, was er nicht gerne tut: abwarten. Anders als bei früheren Machtkämpfen in der CSU ist sein Einfluss in der CDU begrenzt. Doch die Situation ist für Söder nicht generell neu. In seiner politischen Karriere setzte er immer auf die Unterstützung der Basis und konnte sich so auch gegen starke Vorbehalte von Funktionären durchsetzen. So war es auch bei seiner Wahl zum Parteichef und Ministerpräsidenten. Da brachte er sich trotz aller Gegenwehr seines Vorgängers Horst Seehofer am Ende in eine Position, in der dieser dem Druck von CSU-Basis und Landtagsfraktion nicht mehr standhalten konnte.
Allerdings macht sich in der CSU auch Nervosität breit. Ein Wechsel Söders nach Berlin würde in München ein Vakuum hinterlassen und die CSU in eine völlig neue Rolle versetzen. In den zwei Jahren und zwei Monaten seines Parteivorsitzes hat Söder die Partei nach seiner Façon geprägt und geformt. Zu diesem Wandel gehört nicht nur, dass der Franke der CSU einen moderneren, jüngeren, weiblicheren und grüneren Anstrich gab. Söders Kurs bedeutet auch, dass alle Macht bei ihm gebündelt ist und starke Stimmen neben dem Chef in der Öffentlichkeit immer mehr verhallten. Söders Weggang würde auch die Position der Christsozialen im Bund neu justieren. Sie verlören ihre Sonderrolle als kleinere Regionalpartei in der großen Union, die bei Koalitionsverhandlungen oder Kabinettsausschüssen stets eine Extrawurst für den Freistaat herauszuverhandeln versucht. Als Kanzlerpartei könnte die CSU nicht mehr als Opposition innerhalb der Regierung auftreten. Man müsste sich disziplinieren – auch das wird in Bayern nicht ohne Skepsis gesehen. Und wie er ohne Hilfe der NRWCDU und der CDU-Funktionsträger Wahlkampf machen kann, ist offen.
Ein in Machtfragen erfahrener Altkanzler jedenfalls gab sich nicht überzeugt von Söders Führungsanspruch im Bund. „Er simuliert Führung mehr, als dass er sie tatsächlich ausübt“, sagte Altkanzler Gerhard Schröder (SPD). Der Machtkampf in der Union – er ist weiter offen.