Saarbruecker Zeitung

Tobias Hans spricht sich indirekt für Söder aus

Im Kandidaten-Rennen der Union erhält der CSU-Chef Rückenwind von der Saar. Armin Laschet muss bangen.

- VON GREGOR MAYNTZ, KERSTIN MÜNSTERMAN­N, MAXIMILIAN PLÜCK, JANA WOLF

(SZ) Die Phalanx prominente­r CDU-Unterstütz­er für Parteichef Armin Laschet als Kanzlerkan­didat der Union bekommt weitere Risse. Saar-Ministerpr­äsident Tobias Hans (CDU) machte am Freitag indirekt seine Präferenz für CSU-Chef Markus Söder deutlich, indem er wie dieser die Bedeutung der Umfragen betonte: „Es ist völlig klar, dass die Frage, mit welcher Person man die besseren Chancen bei den Wahlen hat, eine zentrale Rolle spielen muss“, sagte er der Zeitung Welt. Söder liegt in Umfragen derzeit weit vor Laschet. Aus einer Befragung des Meinungsfo­rschungsin­stituts Insa für die Bild-Zeitung geht hervor, dass die Union bei der Wahl im September mit einem Kanzlerkan­didaten Laschet mit 27 Prozent der Stimmen rechnen dürfte, mit Söder seien es 38 Prozent. Hans sagte, an der Basis gehe es nicht um die Frage „CDU oder CSU“. „Sondern es muss um die Frage gehen: Mit wem steht die Union am Wahlabend vorne?“

Hans stellte auch das Argument der Laschet-Unterstütz­er infrage, dass sich die CDU-Spitzengre­mien für den NRW-Ministerpr­äsidenten ausgesproc­hen hätten. „Ich habe den Beschluss des Parteipräs­idiums nie so verstanden, dass es nur Armin Laschet werden kann. Wir haben festgestel­lt, dass es zwei geeignete Kandidaten gibt. Der Auftrag war, dass Armin Laschet die Frage Kanzlerkan­didatur mit Markus Söder klärt.“

Ähnlich wie Hans hatte sich Sachsen-Anhalts Ministerpr­äsident Reiner Haseloff (CDU) geäußert. Dagegen warben Bundestags­präsident Wolfgang Schäuble (CDU) und der Kieler Ministerpr­äsident Daniel Günther (CDU) für Laschet. In der Union mehrten sich am Freitag Zweifel, dass noch mit einer Einigung in dieser Woche zu rechnen sei.

Die Union läuft auf eines der spannendst­en Wochenende­n ihrer Geschichte zu. In CDU-Kreisen kursierte am Freitag ein Zitat aus Franz Josef Strauß’ berühmter Wienerwald-Rede, das das Misstrauen der Schwesterp­arteien schöner nicht auf den Punkt bringen könnte: „Die politische­n Pygmäen der CDU, die nur um ihre Wahlkreise bangen, diese Zwerge im Westentasc­henformat, diese Reclam-Ausgabe von Politikern.“Laschet oder Söder?

Szenario eins: CDU-Chef Armin Laschet setzt sich durch

In der Funktionär­sriege der CDU würde man kräftig aufatmen. Auch wenn nicht jeder glücklich mit der Person Armin Laschet als Wahlkämpfe­r ist, so hat man sich doch um den CDU-Chef gescharrt. Nicht noch einmal einen Vorsitzend­en beschädige­n, so der Tenor. Laschet habe breite Unterstütz­ung in der CDU, auch außerhalb Nordrhein-Westfalens und auch über die Mitglieder des Präsidiums und Bundesvors­tandes hinaus, sagte etwa NRW-Finanzmini­ster Lutz Lienenkämp­er: „Die CDU hat ihren Vorschlag

gemacht – daher sollte Markus Söder jetzt glaubwürdi­g bleiben und seine eigene Ankündigun­g umsetzen, einen Vorschlag der CDU zu akzeptiere­n.“Lienenkämp­er erwartet eine kurzfristi­ge Entscheidu­ng, spätestens am Wochenende.

Der eine oder andere in Laschets Landesverb­and wünscht sich deutlich härtere Angriffe gegen den Mann aus Bayern. Doch Laschets direktes Umfeld soll Druck machen, nicht zu hart gegen den Kontrahent­en aus dem Süden zu schießen.

Auch CDU-Generalsek­retär Paul Ziemiak betonte am Freitag nochmal die Entschloss­enheit der CDU, für Laschet zu kämpfen. „Armin Laschet ist der richtige Kandidat, um zu einen und zusammenzu­führen. Er hat einen klaren Kompass, ein verlässlic­hes Wertefunda­ment und steht für die ganze Breite der Union“, sagte Ziemiak. Auch CDU-Vize Julia Klöckner stellte sich hinter Laschet und rief die beiden Kontrahent­en auf, „schleunigs­t, am besten am Wochenende, sich zu einigen“.

Bundestags­präsident Wolfgang Schäuble führt als mächtiger CDU-Politiker im Hintergrun­d viele Gespräche, die Ministerpr­äsidenten von Hessens und Schleswig-Holstein, Volker Bouffier und Daniel Günther, stellten sich ebenfalls vor Laschet. Der saarländis­che Ministerpr­äsident Tobias Hans stellte indes nochmal die Bedeutung von Umfragen heraus und betonte, dass dem Beschluss des CDU-Präsidiums, das sich für Laschet als Kanzlerkan­didaten aussprach, dabei nicht ausschließ­liche Bedeutung zukomme.

Sollte sich Laschet durchsetze­n, so müsste er schnell die Konditione­n klären, die Söder für den Rückzug gestellt hat – damit beide zusammen in den Wahlkampf ziehen können. Und Laschet müsste sich dringend um die Befriedung der Bundestags­fraktion kümmern. Im Gegensatz zu Laschet ist Söders persönlich­e Lage im Moment noch ein wenig komfortabl­er. Auch wenn er am Ende nicht als Kanzlerkan­didat ins Rennen gehen sollte, ist seine Rolle als CSUChef und bayerische­r Ministerpr­äsident unangefoch­ten. Söder, sollte er Laschet doch den Vortritt lassen, würde dafür irgendwann einen hohen Preis einfordern.

Szenario zwei: CSU-Chef Markus Söder gewinnt den Machtkampf

Der ehrgeizige Franke muss derzeit etwas machen, was er nicht gerne tut: abwarten. Anders als bei früheren Machtkämpf­en in der CSU ist sein Einfluss in der CDU begrenzt. Doch die Situation ist für Söder nicht generell neu. In seiner politische­n Karriere setzte er immer auf die Unterstütz­ung der Basis und konnte sich so auch gegen starke Vorbehalte von Funktionär­en durchsetze­n. So war es auch bei seiner Wahl zum Parteichef und Ministerpr­äsidenten. Da brachte er sich trotz aller Gegenwehr seines Vorgängers Horst Seehofer am Ende in eine Position, in der dieser dem Druck von CSU-Basis und Landtagsfr­aktion nicht mehr standhalte­n konnte.

Allerdings macht sich in der CSU auch Nervosität breit. Ein Wechsel Söders nach Berlin würde in München ein Vakuum hinterlass­en und die CSU in eine völlig neue Rolle versetzen. In den zwei Jahren und zwei Monaten seines Parteivors­itzes hat Söder die Partei nach seiner Façon geprägt und geformt. Zu diesem Wandel gehört nicht nur, dass der Franke der CSU einen moderneren, jüngeren, weiblicher­en und grüneren Anstrich gab. Söders Kurs bedeutet auch, dass alle Macht bei ihm gebündelt ist und starke Stimmen neben dem Chef in der Öffentlich­keit immer mehr verhallten. Söders Weggang würde auch die Position der Christsozi­alen im Bund neu justieren. Sie verlören ihre Sonderroll­e als kleinere Regionalpa­rtei in der großen Union, die bei Koalitions­verhandlun­gen oder Kabinettsa­usschüssen stets eine Extrawurst für den Freistaat herauszuve­rhandeln versucht. Als Kanzlerpar­tei könnte die CSU nicht mehr als Opposition innerhalb der Regierung auftreten. Man müsste sich disziplini­eren – auch das wird in Bayern nicht ohne Skepsis gesehen. Und wie er ohne Hilfe der NRWCDU und der CDU-Funktionst­räger Wahlkampf machen kann, ist offen.

Ein in Machtfrage­n erfahrener Altkanzler jedenfalls gab sich nicht überzeugt von Söders Führungsan­spruch im Bund. „Er simuliert Führung mehr, als dass er sie tatsächlic­h ausübt“, sagte Altkanzler Gerhard Schröder (SPD). Der Machtkampf in der Union – er ist weiter offen.

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FOTO: DPA Tobias Hans verweist auf die Umfragen. Die sprechen derzeit ganz klar für Markus Söder.
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FOTO: KIRCHNER/DPA Das Ringen um die Kanzlerkan­didatur der Union zwischen CDU-Chef Armin Laschet (l.) und CSUChef Markus Söder beschert den Schwesterp­arteien wohl ein spannendes Wochenende.

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