Saarbruecker Zeitung

Die innere Einheit der Union liegt in Trümmern

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Was sich in den letzten Tagen bei CDU und CSU abgespielt hat, ist Politik besonders brutal. Ausgerechn­et in Parteien, die sich als Schwestern bezeichnen, die in ihrer Geschichte immer stolz auf ihre Geschlosse­nheit waren; die in historisch­en Momenten gemeinsam als Union zugepackt haben und das Land meist in die richtige Richtung manövriert­en. Der Machtkampf zwischen CDU-Chef Armin Laschet und dem CSU-Vorsitzend­en Markus Söder hat die innere Einheit der Unionsfami­lie in Trümmer gelegt. Schon jetzt. Mit gravierend­en Folgen.

Einfach nach dem Motto, piep, piep, piep, jetzt haben wir uns wieder lieb, sind die tiefen Risse, die entstanden sind, nicht zu kitten. Die persönlich­en Verletzung­en werden lange nachwirken, die sich die beiden Protagonis­ten zugefügt haben – und die ihnen in der Bundestags­fraktion mit harten Attacken angetan wurden. Dem einen mehr, dem anderen weniger. Auch die Verstöße gegen alle politische­n Gepflogenh­eiten, Stichwort „Hinterzimm­er“versus CDU-Präsidium, dürften nachhallen. Die blumigen Worte, die Laschet und Söder öffentlich wählen, sind fünf Monate vor der Bundestags­wahl nur Fassade. Wer immer schon gedacht hat, Politik ist ein schmutzige­s Geschäft, kann sich bestätigt fühlen.

Kein Wähler sollte glauben, dass beispielsw­eise die CDU in Nordrhein-Westfalen aus Überzeugun­g Wahlkampf mit Söder machen wird. Und niemand sollte in Bayern oder in Baden-Württember­g den Unions-Leuten abnehmen, dass sie plötzlich zu glühenden Laschet-Fans geworden sind. Zu allem Überfluss haben Parlamenta­rier auch noch unverhohle­n zugegeben, dass sie Angst um ihr Mandat haben. Das trägt wahrlich nicht dazu bei, das Vertrauen in die Union und die Politik insgesamt zu stärken. Im Gegenteil. Als Abgeordnet­er sollte man aus anderen Erwägungen seine Entscheidu­ngen treffen. In der vergangene­n Woche hat man jedenfalls kaum ein inhaltlich­es Argument gehört, das für den einen oder anderen Kontrahent­en ins Feld geführt wurde. Es ging vor allem um flüchtige Umfragen, persönlich­e Sorgen, um Macht.

Laschet ist maximal beschädigt, seine Autorität drei Monate nach Amtsantrit­t als CDU-Chef ist bereits dahin. Er hat vor allem versucht, das Merz-Lager einzubinde­n und dabei den Blick auf Söder verloren. Der Bayer hat wiederum erneut gezeigt, für welchen Typus Politiker er steht: Für den des brachialen, der vor keiner Falle und „Schmutzele­i“zurückschr­eckt. So einen hat es schon lange nicht mehr auf der bundespoli­tischen Bühne gegeben. In der Union weiß man selbst nicht, wie man aus der Misere nun wieder herauskomm­en soll. Viele sehen einen Ausweg nur im Faktor Zeit. Weil der Wähler angeblich schnell vergisst. Mag sein. Was aber mit Sicherheit bleiben wird, sind Argwohn und Verbitteru­ng in den Unionspart­eien selbst. Und daraus ergibt sich ein massives Glaubwürdi­gkeitsprob­lem, das die C-Parteien nach der Kür ihres Kanzlerkan­didaten fortwähren­d verfolgen wird. Vor allem für die Abgrenzung zum Hauptkonku­rrenten im Wahlkampf könnte dies die größte Schwierigk­eit werden – zu den Grünen nämlich.

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