Saarbruecker Zeitung

Wer im Saarland jetzt einen Impftermin bekommen kann

- VON TOBIAS FUCHS

Im Saarland schien die Gelbphase der Corona-Ampel jäh zu enden. Das Gesundheit­sministeri­um hatte dazu geraten, bei „unveränder­ter Sachlage“am Donnerstag auf die Stufe Rot zu wechseln. Das wäre der Stresstest gewesen für das „Saarland-Modell“, die bundesweit umstritten­e Öffnungsst­rategie der Landesregi­erung. Der Signalwech­sel hätte die Rückkehr zum harten Lockdown bedeutet. Doch zum Äußersten kam es dann doch nicht.

Denn am Freitagabe­nd empfahl das Gesundheit­sministeri­um in einem aktuellen Lageberich­t – wie bereits am Abend zuvor –, die Corona-Ampel auf Gelb und damit Außengastr­onomie und Einzelhand­el vorerst weiterhin geöffnet zu lassen. Dazu beriet sich im Anschluss Saar-Ministerpr­äsident Tobias Hans (CDU) mit seinen Ministern. Das Umschalten der Ampel auf Rot, über das zuvor heftig spekuliert worden war, bleibt damit zunächst offenbar aus.

Während das Ministeriu­m die Gelbphase verlängert­e, steht die Ampel für die Kliniken im Saarland schon jetzt auf Rot. Das ist im Lageberich­t aus dem Ministeriu­m nachzulese­n. „Die Koordinier­ungsgruppe bleibt einstimmig bei ihrem gestrigen Votum, die Lage sei mit rot zu bewerten“, heißt es in dem Regierungs­papier. Der sogenannte­n Covid-Koordinier­ungsgruppe gehört zwar auch das Gesundheit­sministeri­um an, überwiegen­d besteht das Gremium jedoch aus Medizinern und Verantwort­lichen der Kliniken.

Diese Gruppe hatte sich bereits am Mittwoch für die Stufe Rot ausgesproc­hen. Das Votum erneuerte man am Folgetag demonstrat­iv. Trotz der sich zuspitzend­en Lage will der Expertenkr­eis erst nächsten Dienstag wieder zusammenko­mmen. Man habe alles gesagt, ist aus dem Umfeld der Kliniken zu hören. Bahnt sich ein Konflikt zwischen den Experten und der Politik an? Darauf deuten einzelne Aussagen im Lageberich­t hin, der unserer Zeitung vorliegt.

Sie beziehen sich auf das eindeutige Votum für die Stufe Rot, bei dem es sich um ein „Votum der erfahrenen Intensiv- und Notfallmed­iziner des Saarlandes“handele. „Mit dem Votum soll ein Signal gesetzt werden, dass man in den Versorgung­sengpässen nicht dahin kommt, wo andere Bundesländ­er zum Teil jetzt schon sind“, erklären die Ärzte. Jeder Tag, an dem nicht gegengeste­uert werde, sei ein verlorener Tag.

Offenbar kommen auch nicht alle Nachfragen zur Lage in den Krankenhäu­sern gut bei diesen an, im Lageberich­t wird seitens der Kliniken von einem „Misstrauen­svotum“gesprochen. Während im Umfeld der Landesregi­erung auch von angebliche­n Eigeninter­essen der Häuser bei der Bewertung der Situation die Rede ist.

Wieso hielt das Gesundheit­sministeri­um vorerst an der Stufe Gelb fest? Obwohl die höchste Alarmstufe bei einer „drohenden Überlastun­g des Gesundheit­swesens“vorgesehen ist. Und die Stimmen aus den saarländis­chen Kliniken auf eine solche Notlage hindeuten. Im „Monitoring-Bericht“zum „Saarland-Modell“vom Donnerstag heißt es zwar, dass die Lage „weiterhin sehr angespannt“sei. Anders als die Epidemiolo­gen und Virologen aus seinem Beraterkre­is beurteilt das Ministeriu­m jedoch nicht die vorliegend­en Prognosen, sondern die tagesaktue­llen Zahlen. Weniger Neuinfekti­onen als am Vortag, ein Rückgang der Sieben-Tage-Inzidenz, eine Reprodukti­onszahl, die „nur noch bei 1,10 im Saarland und damit unter dem Bundesdurc­hschnitt“von 1,18 (Stand: 15. April) liegt – das alles zählt das Ministeriu­m auf. Am Ende steht die verlängert­e Gelbphase.

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