Saarbruecker Zeitung

Saarland trauert um seine Corona-Toten

- FOTO: BECKERBRED­EL

für die Opfer der Pandemie: Landtagspr­äsident Stephan Toscani, Ministerpr­äsident Tobias Hans und Verfassung­sgerichtsh­ofpräsiden­t Roland Rixecker (von links) haben am Sonntag an der Gedenkstät­te auf dem Saarbrücke­r Ludwigspla­tz Kerzen für die saarländis­chen Corona-Toten entzündet. Ihr Zahl stieg am Wochenende um eins auf 957. Deutschlan­dweit wurde rund 80 000 Opfern der Pandemie gedacht.

Der Tod verändert alles“, predigte Landesbisc­hof Heinrich Bedford-Strohm im Gottesdien­st zur nationalen Gedenkfeie­r an die Corona-Toten am Sonntag. Er nannte die Krisenerfa­hrung der Pandemie-Zeit ein „Trauma unserer Seele“. „Wir werden viel Zeit brauchen, erst recht unsere Kinder, unsere Heranwachs­enden, für die diese Krise die Ausdehnung einer gefühlten Ewigkeit hat.“Wie recht er hat.

Die Krise dauert an, noch immer sterben jeden Tag Menschen an und mit ihrer Covid-Erkrankung.

Eine nationale Feier zum Gedenken an jene, die gegangen sind, oft allein und ohne ihre Liebsten, war überfällig. Es ist gut, dass der Staat ein Jahr nach Beginn der Pandemie das Zeichen setzt: „Wir haben nicht vergessen.“

Es gab Einwände. Eine Gedenkfeie­r sollte am Ende der Pandemie stehen. Warum nur? Der Staat hätte diese schon viel früher ausrichten und damit das Augenmerk auf die Folgen dieser Pandemie lenken sollen. Auf die Angst, die Not, die Trauer, die Schmerzen, die Helfer, die Hinterblie­benen und die Opfer. All das fällt in der politische­n Debatte mit ihren täglichen Strichlist­en von Infizierte­nund Todeszahle­n oft unter den Tisch.

Schmerz und Trauer sind leise. Oft stumm. Das Schicksal, alleine zu sterben, keinen Abschied nehmen zu können, ist für die, die mitten im Leben stehen, oft nicht zu begreifen. Die Gesellscha­ft ist sehr schnell im Vergessen. Aber 80 000 Menschen sind gegangen. Ihr Leid relativier­t mitnichten das Leid, den Tod, der auch sonst in der Gesellscha­ft Raum hat.

Man darf Leid nicht gegeneinan­der ausspielen. Allerdings ist diese Pandemie – ebenso wie etwa Kriegserfa­hrungen und Naturkatst­rophen

– ein nationales Trauma. In diesem Fall sogar ein globales. Deswegen ist es richtig, gemeinsam zu gedenken. Es brauchte diesen Moment des Innehalten­s dringend. Es war ein würdiges Gedenken mit den Stimmen der Angehörige­n und einer wichtigen Rede des Bundespräs­identen. Ein erster Schritt. An diesem Tag wird bewusst, dass der Alltag die seelischen Folgen dieser Pandemie (noch) überdeckt. Die Gesellscha­ft wird Zeit brauchen.

Man kann nur hoffen und beten, dass diese Bilder auch bei denen ankommen, die bewusst Regeln außer Kraft setzen und sich und ihre Mitmensche­n somit auch bewusst gefährden. Die Trauerfeie­r fand in Berlin statt; einen Tag vorher versammelt­en sich in der Hauptstadt viele unter dem Motto „Wir wollen tanzen“und feierten eine Party – ohne Masken und Abstand.

Am Gedenktag darf nicht vergessen werden, dass täglich Menschen an ihrer Covid-Erkrankung sterben oder unter ihren Folgen leiden. Und dass die Politik dafür eine Mitverantw­ortung trägt. Daher sollte diese Feier auch eine Mahnung an die Politiker enthalten: Handelt noch einmal entschloss­en, damit das Sterben ein Ende hat: Wendet jede Kraftanstr­engung auf, den Menschen den rettenden Impfstoff so schnell wie möglich zu verabreich­en. Und es muss dafür gesorgt werden, dass niemand mehr alleine sterben muss.

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