Laschet und Söder lassen Ultimatum ohne Lösung verstreichen
Nun ist es doch ein Kampf auf Biegen und Brechen. Fünf Monate vor der Bundestagswahl scheint die Einheit der Union erstmal vorbei.
Der Machtkampf zwischen CDU-Chef Armin Laschet und dem CSU-Vorsitzenden Markus Söder um die Kanzlerkandidatur der Union schwelt weiter. Ein selbst gesetztes Ultimatum verstrich am Sonntag, ohne dass sich bis zum frühen Abend etwas Entscheidendes getan hätte. Die beiden Parteichefs seien in „dauerhaftem Kontakt“, hieß es. Übersetzt: Keiner will weichen, es gibt bislang keine einvernehmliche Lösung.
Doch der Druck in der Union wird zunehmend größer. „Ich erwarte von den Parteivorsitzenden, dass sie bis morgen eine gemeinsame Lösung präsentieren“, sagt der Hamburger CDU-Vorsitzende Christoph Ploß unserer Redaktion am Sonntag. „Sollte es nicht zu einer Einigung kommen, kann über die Kanzlerkandidatur nur die Bundestagsfraktion als einziges gemeinsames Gremium von CDU und CSU entscheiden. Falls es auch am Dienstag in der Fraktion zu keiner Einigung kommt, wird die Hamburger CDU vorangehen und sich bei der K-Frage positionieren.“
Tatsächlich liegen mittlerweile etliche Vorschläge auf dem Tisch, den Chefs der beiden Schwesterparteien die Entscheidung aus der Hand zu nehmen. Der baden-württembergische CDU-Bundestagsabgeordnete Gunther Krichbaum sammelt derzeit Unterschriften von Unions-Abgeordneten, die für eine Entscheidung über die K-Frage in der Fraktionssitzung am kommenden Dienstag plädieren. „Durch die hohe Zahl an Direktmandaten – so viele wie in keiner Legislatur zuvor – ist die Fraktion ein Basisgremium. Jeder unserer Abgeordneten hat sein Ohr ganz nah an der Basis. Deswegen ist die Fraktion das einzig richtige Gremium, um eine abschließende Klärung in dieser Frage herbeizuführen“, sagt Krichbaum. Zugleich betont der Vorsitzende des Ausschusses für EU-Angelegenheiten, eine Klärung der Frage zwischen Laschet und Söder zu bevorzugen. „Keiner will eine Entscheidung in der Fraktion erzwingen und keiner kann ein Interesse daran haben, dass es am Ende einen Sieger und einen Besiegten gibt. Deswegen appellieren wir an die beiden Parteivorsitzenden, sich noch vor der nächsten Fraktionssitzung zu einigen. Das wäre das Befriedenste und Befreienste für alle Beteiligten. Wenn das aber nicht gelingt, muss die Entscheidung in der Fraktion fallen“, sagt Krichbaum weiter.
Am Wochenende stellten sich zunächst weitere Organisationen der CDU hinter Laschet: Nach der Frauen-Union sprach sich auch der Chef des Arbeitnehmerflügels, NRW-Sozialminister
Karl-Josef Laumann, für den nordrhein-westfälischen Regierungschef aus. Auch Carsten Linnemann als Vorsitzender der Mittelstandsvereinigung und Friedrich Merz als Vizepräsident des Wirtschaftsrates stärkten Laschet den Rücken.
Dennoch gab es auch eine Bewegung innerhalb der CDU für Söder. CDU-Ministerpräsidenten wie etwa Tobias Hans aus dem Saarland oder Michael Kretschmer aus Sachsen machten deutlich, dass es durchaus auch um Umfragen und mögliche Wahlerfolge gehe. Auch von der Jungen Union wird erwartet, dass diese noch am Sonntagabend ein Votum für den Bayern abgibt. „Wenn wir es auf die Landes- und Kreisverbände ziehen, dann wird es Söder“, mutmaßt ein hochrangiges CDU-Mitglied am Sonntagnachmittag. Insgesamt hat die CDU 325
Kreisverbände, 27 Bezirks-, 17 Landesund mehr als 10 000 Ortsverbände.
In Berlin schalten sich am Sonntagnachmittag Landesvorstand und Kreisvorsitzende zusammen, in Niedersachsen wollte man am Abend beraten. Einige munkeln, dass Laschet am Montag noch einmal eine Bundesvorstandssitzung anstreben könnte, um über die K-Frage abzustimmen. Ausgang offen. Es wäre eine Art Vertrauensabstimmung: Verlöre er, wäre er wohl so beschädigt, dass sich die CDU gleich einen neuen Vorsitzenden suchen könnte. Showdown also in der Fraktion? Nicht unwahrscheinlich. Zumindest eines wissen der 60 Jahre alte Regierungschef aus Nordrhein-Westfalen und sein 54-jähriger Kollege aus Bayern am Montag sicher: Welcher Grünen-Kandidat ihr Gegner im Herbst wird.