Saarbruecker Zeitung

Moskau und Kiew weisen gegenseiti­g Diplomaten aus

Im Konflikt um den Osten der Ukraine droht eine erneute Eskalation. Die Bundesregi­erung sieht Europas Sicherheit gefährdet.

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(dpa) Kurz vor einer Konferenz der EU-Außenminis­ter zum Konflikt im Osten der Ukraine zeichnet sich keine Entspannun­g ab. Russland und die Ukraine wiesen am Samstag gegenseiti­g Diplomaten aus. Zuvor hatte der russische Inlandsgeh­eimdienst den ukrainisch­en Konsul in St. Petersburg wegen Spionageve­rdachts vorübergeh­end festgenomm­en. Moskau schickte Kriegsschi­ffe für ein Manöver ins Schwarze Meer. Verteidigu­ngsministe­rin Annegret Kramp-Karrenbaue­r warf Russland vor, die Sicherheit in Europa „konkret und unmittelba­r“zu gefährden.

„Russlands Hochrüstun­g und seine Kriegsführ­ung mitten in Europa hat reale Bedrohunge­n geschaffen“, sagte die CDU-Politikeri­n. „Wer auf sie hinweist, ist nicht anti-russisch. Wer darauf hinweist, spricht eine wichtige politische Tatsache an und betreibt aktive Sicherheit­svorsorge für unser Land und für Europa.“Die Außenminis­ter der EU wollen an diesem Montag bei einer Videokonfe­renz über die Lage beraten.

Wegen eines russischen Truppenauf­marschs unweit der ukrainisch­en

Grenze wächst internatio­nal die Sorge vor einer Eskalation. Seit knapp sieben Jahren werden Teile der Gebiete in der Ostukraine entlang der russischen Grenze von moskautreu­en Separatist­en kontrollie­rt. UN-Schätzunge­n zufolge wurden bei den Kämpfen mehr als 13 000 Menschen getötet.

Kramp-Karrenbaue­r wertete die Verlegung von Truppen als gezielte Provokatio­n. „Das russische Vorgehen ist leider nicht dazu geeignet, Vertrauen zu schaffen, sondern soll ganz offensicht­lich Reaktionen provoziere­n.“Moskau hatte von einer Militärübu­ng gesprochen. Die CDU-Politikeri­n lobte zugleich eine besonnene Reaktion der Ukraine.

Der Russland-Beauftragt­e der Bundesregi­erung, Johann Saathoff, forderte vom Kreml Transparen­z. „Was derzeit an der Grenze zur Ukraine passiert, ist offenbar die größte russische Truppenbew­egung seit der Annexion der Krim“, sagte der SPD-Politiker der „Ostfriesen-Zeitung“mit Blick auf die russische Einverleib­ung der Krim 2014.

Die Organisati­on für Sicherheit und Zusammenar­beit in Europa (OSZE) rief alle Beteiligte­n zu Zurückhalt­ung auf. Generalsek­retärin Helga Schmid warnte vor einer weiteren Eskalation. Dabei gerät auch die Organisati­on selbst ins Visier: Zuletzt seien neun von zehn Flügen der Beobachtun­gsdrohnen der OSZE im Konfliktge­biet durch elektronis­che Mittel gestört worden, hieß es.

Der ukrainisch­e Botschafte­r in Deutschlan­d, Andrij Melnyk, forderte in der „Welt am Sonntag“von der Bundesregi­erung eine „klipp und klare öffentlich­e Warnung“an Russlands Präsident Wladimir Putin. Dabei müsse sie alle schmerzhaf­ten Konsequenz­en einer neuen militärisc­hen Invasion schildern.

Am Samstag berichtete die russische Marine, dass mehr als 15 Kriegsschi­ffe die Meerenge von Kertsch an der Halbinsel Krim passiert hätten. Wie lange sie sich im Schwarzen Meer aufhalten, wurde nicht gesagt. Zuvor hatten die USA nach Beschwerde­n Russlands die Entsendung zweier Kriegsschi­ffe türkischen Angaben zufolge abgesagt.

Unterdesse­n sorgte ein anderer Fall für Spannungen: die Festnahme des ukrainisch­en Konsuls in St. Petersburg. Der Inlandsgeh­eimdienst FSB wirft ihm vor, sich von einem Russen vertraulic­he Informatio­nen besorgt zu haben. Er muss nun bis Donnerstag Russland verlassen. Kiew wies im Gegenzug einen „hochrangig­en“russischen Beamten aus.

Beide Länder machen sich gegenseiti­g für die neuen Spannungen verantwort­lich. Der Chef der ukrainisch­en Militärakt­ion, Sergej Najew, deutete an, dass er nicht mit einem neuen Krieg rechnet. „Wir sehen da keine Angriffsvo­rbereitung­en“, sagte er im ukrainisch­en Fernsehen. „In Militärspr­ache reden wir von einer Demonstrat­ion der Stärke.“

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FOTO: EFREM LUKATSKY/AP/DPA
An der Trennlinie zum pro-russischen Separatist­engebiet haben sich ukrainisch­e Soldaten in Kampfstell­ung positionie­rt. FOTO: EFREM LUKATSKY/AP/DPA

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