Bei der Arbeiterwohlfahrt gibt es einen Frans Masereel
In der Hohenzollernstraße in Alt-Saarbrücken befindet sich ein Werk des Künstler, nach dessen Holzschnitt das beliebte „Der Kuss“-Banner gestaltet war.
Fast zwei Jahre lang prägte eine haushohe Folie mit dem Abbild von Frans Masereels Holzschnitt „Der Kuss“die Saarbrücker Innenstadt, da es an der Fassade eines Versicherungshochhauses nahe der Wilhelm-Heinrich-Brücke angebracht war. Als die Folie wegen des Fortschritts der Sanierungsarbeiten Mitte Dezember entfernt wurde, hatten sich viele Saarbrücker an den Anblick des Abbilds gewöhnt, nicht wenige dürften es bedauert haben.
Ein Trost für all diejenigen könnte sein, dass man nur ungefähr 500 Meter entfernt ein echtes Kunstwerk von Frans Masereel betrachten kann. Im Haus der Arbeiterwohlfahrt, Hohenzollernstraße 45 (geöffnet Montag bis Donnerstag von 9 Uhr bis 16.30 Uhr und am Freitag von 9 Uhr bis 13.30 Uhr), befindet sich bis heute das Mosaik „Die Arbeiterfamilie“.
Das Haus selbst, ein Bau von Otto Zollinger, entstand 1929 bis 1930 als fünfstöckiges Verwaltungsgebäude mit außergewöhnlicher Fenstergliederung. Im Treppenhaus, auf dem Treppenabsatz der ersten Etage, befand sich nach der Fertigstellung des Gebäudes ein Sgraffito von Käthe Kollwitz. Den Nazis war deren Darstellung „Mütter beschützen ihre Kinder“jedoch nicht arisch genug, es wurde kurzerhand entfernt.
Nach dem Krieg wurde an gleicher Stelle das Mosaik „Die Arbeiterfamilie“nach einem Entwurf von Frans Masereel angebracht. Das fast monochrome Mosaik in braunen, unglasierten Keramiksteinen zeigt eine Familie, Vater, Mutter und zwei Kinder, in einer kompakten Dreieckskomposition. Die Frau lehnt sich an den kräftigen Mann und hält ein Kleinkind auf dem Arm, ein zweiter Sohn steht behütet zwischen dem Paar, es liest ein Buch. Der Mann legt seine Hand auf die Schulter des größeren Kindes, die Mutter wiederum ihre Hand auf der Hand des Mannes.
Die Komposition ist sehr geschlossen, das verstärkt den Eindruck von Harmonie und Zusammenhalt der
Familie. Franz Masereel hat hier mit reduzierten Gestaltungsmitteln traditionelles Familienglück idealisiert, das Mosaik drückt dabei Kraft und Anmut aus. Der Künstler selbst galt als überzeugter Europäer und Pazifist, weshalb das Bild auch ein Symbol für ein friedliches Zusammenleben ist.
Der belgische Künstler Frans Masereel,
geboren 1889 in Blankenberge, an der belgischen Nordseeküste, und gestorben 1972 in Avignon, war international bekannt. Gerade seine Holzschnitte, häufig mit sozial engagierten Themen, waren und sind bis heute äußerst beliebt. Der mit vielen Preisen und Auszeichnungen gewürdigte Künstler war mit Henry Gowa befreundet, dem Leiter der neugegründeten Schule für Kunst und Handwerk in Saarbrücken. Von ihm wurde Frans Masereel nach Saarbrücken berufen, wo er von 1947 bis 1951 die Meisterklasse für Malerei leitete. Aus dieser Zeit stammt auch der Entwurf für das Mosaik der „Arbeiterfamilie“, das von Martha Traut und Volkmar Gross umgesetzt wurde, in Zusammenarbeit mit Villeroy & Boch, Mettlach. Dort befindet sich übrigens noch ein weiteres Mosaik aus dieser Zeit von Frans Masereel, „Das Füllhorn“, an einer Außenwand einer Werkhalle der Firma.