Bund will Schulen schneller schließen
Union und SPD wollen die geplante Corona-Notbremse ändern. Der neue Entwurf betrifft etwa Ausgangssperren und Regeln für den Unterricht.
BERLIN/SAARBRÜCKEN (afp/dpa/SZ) An der geplanten bundeseinheitlichen Corona-Notbremse, die auch im Saarland schon bald verschärfte Regeln bedeuten könnte, gibt es auf den letzten Metern noch einige Änderungen. Die Fraktionen von Union und SPD einigten sich darauf, dass Ausgangsbeschränkungen, die ab einem Inzidenzwert von 100 greifen, von 22 Uhr bis 5 Uhr gelten sollen – eine Stunde später als zunächst geplant. Joggen und Spaziergänge sollen bis Mitternacht erlaubt bleiben, allerdings nur alleine. Für Schulen wäre Distanzunterricht ab einer Sieben-Tage-Inzidenz
von 165 über drei Tage verpflichtend. Im ursprünglichen Entwurf war ein Schwellenwert von 200 genannt. Vielen Experten war das zu hoch. Für Kinder bis 14 Jahre soll kontaktloser Sport in Gruppen im Freien weiter möglich sein. Auch weitere Details wurden geändert.
Der Gesetzentwurf sei nunmehr „widerspruchsfrei und verfassungsfest“, sagte CDU-Rechtspolitiker Jan-Marco Luczak. Auch SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich geht davon aus, dass drohende Klagen gegen die Bundes-Notbremse nun kaum Chancen haben.
Über den Gesetzentwurf stimmt der Bundestag am Mittwoch ab. Am Donnerstag berät der Bundesrat abschließend. Damit träte die Notbremse in wenigen Tagen in Kraft – auch das Saarland wäre betroffen. Am Montag lagen mit dem Regionalverband Saarbrücken, den Landkreisen Neunkirchen, Saarlouis und St. Wendel vier der sechs Saar-Kreise über der für Ausgangsbeschränkungen relevanten Inzidenz von 100, also der Zahl der Neuinfektionen auf 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen. Der Regionalverband Saarbrücken lag mit einer Inzidenz von 162,5 zudem nah an der für Schulschließungen vorgesehenen Schwelle von 165. Insgesamt meldeten die Behörden am Montag eine landesweite Inzidenz von 127,2, nach 125,6 am Vortag. Gemeldet wurden 63 neue Corona-Fälle und ein weiterer Todesfall.
Also sieht die Bundes-Notbremse nach der Einigung von Union und SPD jetzt vor, dass Spaziergänge ab 22 Uhr für Einzelpersonen bis Mitternacht erlaubt bleiben. Auch Individualsport. Ein echtes Entgegenkommen an die vielen Spätjogger. Danach geht so was nur noch mit Hund an der Leine.
Wenn jene, die die Bundesnotbremse als willkürlich betrachten, je Argumente gebraucht haben – die Koalition liefert sie. Pi mal Daumen ersetzt wissenschaftliche Begründungen. Die gibt es nämlich für keine der gefundenen Grenzziehungen. Und der Sinn des Ganzen, Kontakte zu minimieren, abendliche Treffen drinnen oder draußen zu verhindern, verschwindet fast komplett.
Koalition gerettet, aber zwei Fragen bleiben trotzdem offen: Werden auch die Gerichte den Kompromiss akzeptieren und Klagen gegen ein Gesetz, das auf so wackeliger Faktenbasis steht, abweisen? Oder werden sie sagen: Warum nicht 0.30 Uhr als allerletzte Schlafenszeit, warum nicht zwei Spaziergänger? Und zweitens: Wird das Coronavirus ebenso kompromissfähig sein wie die Groko? Ein bisschen weniger ansteckend als bisher? Schön wär’s ja.