Randale am St. Johanner Markt hat Konsequenzen
In Saarbrücken werden zwar Regeln verschärft, aber am Saarland-Modell wird nicht gerüttelt. Politiker verteidigen das Konzept – trotz massiven Imageschadens.
SAARBRÜCKEN Die Nachricht sorgte weit über die Grenzen des Saarlandes hinweg für Empörung: In der Nacht zum Sonntag feierten 400 bis 500 Personen ohne Masken und Abstand auf dem St. Johanner Markt in Saarbrücken, eine kleine Gruppe von 30 bis 40 Personen attackierte sogar die hinzu gekommene Polizei mit Flaschenwürfen (wir berichteten).
Videos, die das Geschehen zeigen sollen, verbreiteten sich am Sonntag in den sozialen Medien wie ein Lauffeuer. Auch einen Tag später herrscht in Saarbrücken noch Krisenstimmung. Gegen Nachmittag stand das Ergebnis des „engen Austauschs“der Landeshauptstadt mit Polizei und Landesregierung fest. „Wir haben mit dem Innenminister vereinbart, am kommenden Wochenende verstärkt Kontrollen von Polizei und Ordnungsamt am Markt durchführen“, erklärte Oberbürgermeister Uwe Conradt (CDU). „Wir haben zudem begleitende Maßnahmen erörtert, die die Kontrollen und Sanktionen von Ordnungsamt und Polizei erleichtern sollen.“
Bisher herrschte auf dem St. Johanner Markt im Gegensatz zu direkt angrenzenden Innenstadtbereichen keine Maskenpflicht. Diese Ausnahme soll – zumindest außerhalb der Gastro-Flächen – nun gestrichen werden. Zudem werde die Landeshauptstadt die Wirte vor Ort noch mal darauf hinweisen, dass der Verkauf alkoholischer Getränke gemäß Corona-Verordnung von 23 bis 6 Uhr verboten ist. Auch dürfen keine Speisen und Getränke für den Verzehr an Ort und Stelle, aber außerhalb der zugelassenen Gastro-Flächen verkauft werden.
Im Zuge der seit Montag verschärften Corona-Regeln muss nun ausnahmslos jeder Gast beim Restaurant-, Kneipen- oder Café-Besuch ein negatives Testergebnis vorweisen. Kontrollen werden so einfacher, teilte das Innenministerium mit. Nach Gesprächen mit der Landeshauptstadt werde diese außerdem ein von der SPD vorgeschlagenes Alkoholverbot an „Hotspots“wie dem St. Johanner Markt prüfen.
Ob diese Maßnahmen ausreichen werden, bleibt abzuwarten. Sicher ist, dass die Ereignisse nicht dazu beigetragen haben, das Saarland-Modell im Rest der Republik beliebter zu machen. Die Landtagsfraktionen halten dagegen weiter an der Strategie fest. „Wir sind nach wie vor überzeugt von dem Saarland-Modell“, erklärte CDU-Fraktionschef Alexander Funk am Montag vor der Landespressekonferenz. Er glaube, dass mit dem Modell „der richtige Weg verantwortungsvoll“gegangen werde. Die Ausschreitungen selbst kommentierte er mit den Worten: „Es gibt immer Idioten.“Er wünsche sich, „dass wir noch 14 Tage Zeit hätten, um zu sehen, ob das Saarland-Modell funktioniert“.
Auch die SPD stellte sich demonstrativ hinter die Verordnung, auf der das Modell fußt und die die schwarz-rote Koalition gemeinsam beschlossen hatte. „Wenn wir uns alle an die Verordnung halten, ist das ein vernünftiges Programm“, bekräftigte SPD-Fraktionschef Ulrich Commerçon. Das Fehlverhalten der Feiernden am St. Johanner Markt müsse streng geahndet werden. Nach Auffassung der Linken steht die Mehrheit der Saarländer hinter dem Modell. Der Vorfall am Samstagabend in Saarbrücken dürfe „nicht das ganze Modell diskreditieren“, erklärte der parlamentarische Geschäftsführer der Landtags-Linken, Jochen Flackus. „Hauptsache ist, dass man jetzt nicht von dem eingeschlagenen Weg abweicht und einknickt“, so Flackus. AfD-Fraktionschef Josef Dörr verwies ebenfalls darauf, dass „der St. Johanner Markt nicht das ganze Saarland ist“.
Die SPD kritisierte allerdings die aus ihrer Sicht mitunter falsche Kommunikation von der Staatskanzlei unter Ministerpräsident Tobias Hans (CDU). „Die Botschaft war falsch“, so Commerçon. Wer im Zuge des Modells „zu Grillpartys einlädt, handelt kontraproduktiv“. Er spielte damit unter anderem auf einen Beitrag der Staatskanzlei in sozialen Medien an, der unter der Überschrift „Zuerst testen! Dann gemeinsam angrillen“das Bild sich fröhlich zuprostender Bürger zeigt. Solche Beiträge förderten nicht eben „die Bereitschaft, dass sich alle an die Regeln halten müssen“, so Commerçon.