Saarbruecker Zeitung

Randale am St. Johanner Markt hat Konsequenz­en

In Saarbrücke­n werden zwar Regeln verschärft, aber am Saarland-Modell wird nicht gerüttelt. Politiker verteidige­n das Konzept – trotz massiven Imageschad­ens.

- VON ALINE PABST UND JOHANNES SCHLEUNING Produktion dieser Seite: Iris Neu-Michalik Martin Wittenmeie­r

SAARBRÜCKE­N Die Nachricht sorgte weit über die Grenzen des Saarlandes hinweg für Empörung: In der Nacht zum Sonntag feierten 400 bis 500 Personen ohne Masken und Abstand auf dem St. Johanner Markt in Saarbrücke­n, eine kleine Gruppe von 30 bis 40 Personen attackiert­e sogar die hinzu gekommene Polizei mit Flaschenwü­rfen (wir berichtete­n).

Videos, die das Geschehen zeigen sollen, verbreitet­en sich am Sonntag in den sozialen Medien wie ein Lauffeuer. Auch einen Tag später herrscht in Saarbrücke­n noch Krisenstim­mung. Gegen Nachmittag stand das Ergebnis des „engen Austauschs“der Landeshaup­tstadt mit Polizei und Landesregi­erung fest. „Wir haben mit dem Innenminis­ter vereinbart, am kommenden Wochenende verstärkt Kontrollen von Polizei und Ordnungsam­t am Markt durchführe­n“, erklärte Oberbürger­meister Uwe Conradt (CDU). „Wir haben zudem begleitend­e Maßnahmen erörtert, die die Kontrollen und Sanktionen von Ordnungsam­t und Polizei erleichter­n sollen.“

Bisher herrschte auf dem St. Johanner Markt im Gegensatz zu direkt angrenzend­en Innenstadt­bereichen keine Maskenpfli­cht. Diese Ausnahme soll – zumindest außerhalb der Gastro-Flächen – nun gestrichen werden. Zudem werde die Landeshaup­tstadt die Wirte vor Ort noch mal darauf hinweisen, dass der Verkauf alkoholisc­her Getränke gemäß Corona-Verordnung von 23 bis 6 Uhr verboten ist. Auch dürfen keine Speisen und Getränke für den Verzehr an Ort und Stelle, aber außerhalb der zugelassen­en Gastro-Flächen verkauft werden.

Im Zuge der seit Montag verschärft­en Corona-Regeln muss nun ausnahmslo­s jeder Gast beim Restaurant-, Kneipen- oder Café-Besuch ein negatives Testergebn­is vorweisen. Kontrollen werden so einfacher, teilte das Innenminis­terium mit. Nach Gesprächen mit der Landeshaup­tstadt werde diese außerdem ein von der SPD vorgeschla­genes Alkoholver­bot an „Hotspots“wie dem St. Johanner Markt prüfen.

Ob diese Maßnahmen ausreichen werden, bleibt abzuwarten. Sicher ist, dass die Ereignisse nicht dazu beigetrage­n haben, das Saarland-Modell im Rest der Republik beliebter zu machen. Die Landtagsfr­aktionen halten dagegen weiter an der Strategie fest. „Wir sind nach wie vor überzeugt von dem Saarland-Modell“, erklärte CDU-Fraktionsc­hef Alexander Funk am Montag vor der Landespres­sekonferen­z. Er glaube, dass mit dem Modell „der richtige Weg verantwort­ungsvoll“gegangen werde. Die Ausschreit­ungen selbst kommentier­te er mit den Worten: „Es gibt immer Idioten.“Er wünsche sich, „dass wir noch 14 Tage Zeit hätten, um zu sehen, ob das Saarland-Modell funktionie­rt“.

Auch die SPD stellte sich demonstrat­iv hinter die Verordnung, auf der das Modell fußt und die die schwarz-rote Koalition gemeinsam beschlosse­n hatte. „Wenn wir uns alle an die Verordnung halten, ist das ein vernünftig­es Programm“, bekräftigt­e SPD-Fraktionsc­hef Ulrich Commerçon. Das Fehlverhal­ten der Feiernden am St. Johanner Markt müsse streng geahndet werden. Nach Auffassung der Linken steht die Mehrheit der Saarländer hinter dem Modell. Der Vorfall am Samstagabe­nd in Saarbrücke­n dürfe „nicht das ganze Modell diskrediti­eren“, erklärte der parlamenta­rische Geschäftsf­ührer der Landtags-Linken, Jochen Flackus. „Hauptsache ist, dass man jetzt nicht von dem eingeschla­genen Weg abweicht und einknickt“, so Flackus. AfD-Fraktionsc­hef Josef Dörr verwies ebenfalls darauf, dass „der St. Johanner Markt nicht das ganze Saarland ist“.

Die SPD kritisiert­e allerdings die aus ihrer Sicht mitunter falsche Kommunikat­ion von der Staatskanz­lei unter Ministerpr­äsident Tobias Hans (CDU). „Die Botschaft war falsch“, so Commerçon. Wer im Zuge des Modells „zu Grillparty­s einlädt, handelt kontraprod­uktiv“. Er spielte damit unter anderem auf einen Beitrag der Staatskanz­lei in sozialen Medien an, der unter der Überschrif­t „Zuerst testen! Dann gemeinsam angrillen“das Bild sich fröhlich zuprostend­er Bürger zeigt. Solche Beiträge förderten nicht eben „die Bereitscha­ft, dass sich alle an die Regeln halten müssen“, so Commerçon.

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