Kippt Saar-Gericht Testpflicht für Geimpfte?
SAARBÜCKEN Ein saarländischer Bürger hat beim Verfassungsgerichtshof des Saarlandes eine Verfassungsbeschwerde gegen die neue saarländische Corona-Verordnung eingereicht. Seit 17. April ist die Verordnung gültig. Demnach gilt für vollständig Geimpfte weiterhin eine Testpflicht. Als vollständig geimpft gilt, wer beide Impfdosen erhalten hat und die Zweitimpfung mindestens 14 Tage zurückliegt. Der Beschwerdeführer, der selbst vollständig geimpft ist, sieht sich durch die Test-Vorschrift „seine allgemeine Handlungsfreiheit verletzt“, wie das Gericht mitteilt.
Er brauche zum Beispiel trotzdem einen negativen Test, der nicht älter als 24 Stunden ist, wenn er ins Theater oder in die Außengastronomie wolle. Zur Begründung seiner Verfassungsbeschwerde beruft der Kläger sich auf die Einschätzung des Robert Koch-Instituts, wonach das Risiko, dass vollständig Geimpfte das Virus weitergeben, geringer sei als bei negativ getesteten Personen.
Auch in Pflegeheim gilt die Testpflicht weiterhin. So steht in der „Verordnung zur Änderung infektionsrechtlicher Verordnungen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie“geschrieben, dass sich weiterhin Bewohner von Pflegeheimen zwei Mal wöchentlich testen lassen müssen. Selbst, wenn sie bereits zwei Mal geimpft sind.
Jürgen Stenger, Geschäftsführer der saarländischen Pflegegesellschaft (SPG), hat dafür kaum Verständnis. Seit 11. März seien fast alle Bewohner den Pflegeheimen geimpft, sagt er. „Wir haben eine Impfquote von fast 90 Prozent in den Heimen“, erklärt er weiter. Die Quote sei auch daher so hoch, weil sich die Bewohner dadurch Freiheiten versprochen haben. Und nun solle sich nichts ändern? „Die Bereitschaft, sich testen zu lassen, sinkt da natürlich schnell“, sagt Stenger, der auch keinen Bewohner gegen seinen Willen testen lassen will. „Sanktionen gegenüber Bewohnern, welche sich einer Testung in der bisherigen Frequenz von zweimal pro Woche verweigern, sind nach unserer Überzeugung mit dem Anspruch auf ein selbstbestimmtes Leben nicht vereinbar und daher völlig inakzeptabel.“Die SPG spreche sich daher dafür aus, die bisherige Verpflichtung in ein freiwilliges Angebot umzuwandeln. „Wer will, soll sich testen lassen. Eine Pflicht für Geimpfte wird nicht funktionieren“, sagt Stenger. Bereits vor drei Wochen habe die SPG die Landesregierung auf die Problematik aufmerksam gemacht; angepasst hat sie die Verordnung dennoch nicht. Nachfragen dazu beim Gesundheitsministerium blieben bisher unbeantwortet.
Oskar Lafontaine, Fraktionschef der Linken im saarländischen Landtag, fordert „vollständig Geimpfte von der Testpflicht zu befreien.“Wie in Rheinland-Pfalz und Berlin sollten sie „in der Gastronomie, in Geschäften, bei Friseuren, bei Theaterund Konzertbesuchen befreit werden“.
Auch in Niedersachsen gibt es bereits Erleichterungen, in Bremen sollen Geimpfte ebenfalls bald Test-Freiheiten genießen. Ethiker verweisen in der Diskussion zudem darauf, dass Geimpfte und nicht Geimpfte dennoch gleichgestellt seien, wenn sie durch tagesaktuelle Tests die gleichen Rechte bekämen.