Horrende Reparaturdienst-Rechnung: SZ-Leser erstatten Anzeige
Abfluss verstopft, Abzugshaube kaputt: Unseriöse Anbieter im Internet versprechen schnelle Hilfe. Das kann teuer werden. Experten warnen und geben Tipps.
HEUSWEILER „Das ist zumindest Wucher, wenn nicht sogar Betrug“, steht für Christina und Bernd Klinkenberg aus Heusweiler-Holz fest. Die SZ-Leser brauchten kürzlich einen Kundendienst für ihre defekte Abzugshaube und haben über das Internet nach einem ihnen bekannten, ortsansässigen Anbieter gesucht, berichten sie. Von der Suchmaschine „Google“sei ihnen der Name „Elektroservice in Heusweiler“und eine Rufnummer mit der örtlichen Vorwahl angezeigt worden.
Sie wählten sie – und seien an eine 0800er Nummer weitergeleitet worden, berichten die Klinkenbergs. Es habe sich eine Firma gemeldet, bestätigt, dass sie Kunden seien, und einen Technikerbesuch zugesagt: „Wir haben dies nicht hinterfragt, da sich in der heutigen Zeit viele Firmen schnell verändern“, erklärt das Paar.
Der Mitarbeiter sei dann nur etwa fünf Minuten vor Ort gewesen und habe keinen Defekt festgestellt. Doch dafür habe er eine Rechnung von rund 330 Euro ausgestellt, die sofort in bar oder per EC-Karte zu bezahlen gewesen sei. Sofort fragten die Klinkenbergs unter der im Internet hinterlegten Telefonnummer bei der Firma nach. Dabei sei ihnen mitgeteilt worden, dass sie über eine Notrufnummer angerufen hätten und dafür eine Grundpauschale in Höhe von fast 200 Euro anfalle: „Alles andere läge im Ermessensspielraum des Technikers.“
Den Klinkenbergs wurde bewusst, dass sie wohl Opfer unseriöser Geschäftemacher geworden waren: Neben der falschen Rufnummer stünden auf der Rechnung nur sehr wenige betriebliche Daten, kein konkreter Ansprechpartner sowie nur eine Adresse im Ruhrgebiet ohne Telefonangabe oder Internetauftritt. Zudem seien die Zahlungsarten so gewählt, dass keine Rückbuchung möglich sei. Und nicht zuletzt war der Preis unseriös hoch, fiel den SZ-Lesern – leider zu spät – auf.
Nun haben sie eine Anzeige bei der Polizei erstattet und die Handwerkskammer des Saarlandes (HWK) sowie ihre Bank informiert. Von dieser hätten sie zu ihrem Erstaunen die Auskunft erhalten, dass kürzlich bereits mehrfach ähnliche Fälle aufgetreten seien und es schon mehrere Anfragen für eine Rückbuchung „unberechtigter Zahlungen“gegeben habe. Doch dies sei bei einer Zahlung mit der EC-Karte per PIN nicht möglich.
Claus Ochner, dem Justiziar der HWK Saarland, sind solche und ähnliche Fälle wie zum Beispiel der einer Rohr- und Kanalreinigungsfirma bekannt. Generell gilt: Wenn es sich nicht um saarländische Betriebe handelt und weil die Körperschaft des öffentlichen Rechts regionalbezogen arbeitet, müsse die Kammer des Bezirkes eingreifen, in der die Firma ihren Sitz hat. In der Handwerksrolle der HWK Saarland sind deshalb nur alle Betriebe des Bundeslandes zu finden, erklärt der Justiziar. Nachfragen zu diesem öffentlichen Register beantworte man gerne.
In dem vorliegenden Fall könnten Verbraucher den Vertrag wegen Irrtum beziehungsweise arglistiger Täuschung anfechten. Denn sie wollten ja eigentlich eine Firma aus der Region beauftragen. Dann haben sie einen Rückforderungs-Anspruch, so Ochner weiter. Zudem stehe die Leistung in keinem Verhältnis zum Preis.
Darüber hinaus sei der Vertrag ja telefonisch geschlossen worden. Und deshalb könnte dieser auch nach dem Fernabsatzgesetz widerrufen werden. Schließlich sei eine strafrechtliche Anzeige denkbar, ergänzt der Justiziar. Für diese sollten sich am besten mehrere Betroffene zusammen schließen.
Falk Hasenberg von der Pressestelle des Landespolizeipräsidiums erklärt auf SZ-Anfrage, dass solche Fälle immer wieder auftauchen und ergänzt: „Eine Anzeige ist genau das Richtige.“Die moderne, auf dem Internet basierende IP-Telefonie ermögliche es Betrügern, quasi jede Rufnummer anzuzeigen (wir berichteten).
Auch für Yvonne Schmieder von der Verbraucherzentrale des Saarlandes steht fest: „Diese Masche erinnert sehr an die üblichen, unseriösen Handwerker-Notdienste.“Das Problem sei oft, dass die Verbraucher den ersten Treffer, der ihnen von „Google“angezeigt wird, anrufen. „Da das meist bezahlte Werbeanzeigen sind, kann man schnell mal an eine unseriöse Firma geraten“, so die Juristin weiter. Das zeige im vorliegenden Fall schon die Aufbereitung der Rechnung. Auf ihrer Internetseite hat die Verbraucherzentrale des Saarlandes eine Checkliste für die Handwerker-Suche im Netz zusammengestellt und gibt Tipps, wie dabei böse Überraschungen vermieden werden können.