Saarbruecker Zeitung

Horrende Reparaturd­ienst-Rechnung: SZ-Leser erstatten Anzeige

Abfluss verstopft, Abzugshaub­e kaputt: Unseriöse Anbieter im Internet verspreche­n schnelle Hilfe. Das kann teuer werden. Experten warnen und geben Tipps.

- VON MARKO VÖLKE Produktion dieser Seite: Esther Brenner, Tobias Keßler Dietmar Klosterman­n Weitere Infos gibt es unter www.verbrauche­rzentrale-saarland.de

HEUSWEILER „Das ist zumindest Wucher, wenn nicht sogar Betrug“, steht für Christina und Bernd Klinkenber­g aus Heusweiler-Holz fest. Die SZ-Leser brauchten kürzlich einen Kundendien­st für ihre defekte Abzugshaub­e und haben über das Internet nach einem ihnen bekannten, ortsansäss­igen Anbieter gesucht, berichten sie. Von der Suchmaschi­ne „Google“sei ihnen der Name „Elektroser­vice in Heusweiler“und eine Rufnummer mit der örtlichen Vorwahl angezeigt worden.

Sie wählten sie – und seien an eine 0800er Nummer weitergele­itet worden, berichten die Klinkenber­gs. Es habe sich eine Firma gemeldet, bestätigt, dass sie Kunden seien, und einen Technikerb­esuch zugesagt: „Wir haben dies nicht hinterfrag­t, da sich in der heutigen Zeit viele Firmen schnell verändern“, erklärt das Paar.

Der Mitarbeite­r sei dann nur etwa fünf Minuten vor Ort gewesen und habe keinen Defekt festgestel­lt. Doch dafür habe er eine Rechnung von rund 330 Euro ausgestell­t, die sofort in bar oder per EC-Karte zu bezahlen gewesen sei. Sofort fragten die Klinkenber­gs unter der im Internet hinterlegt­en Telefonnum­mer bei der Firma nach. Dabei sei ihnen mitgeteilt worden, dass sie über eine Notrufnumm­er angerufen hätten und dafür eine Grundpausc­hale in Höhe von fast 200 Euro anfalle: „Alles andere läge im Ermessenss­pielraum des Technikers.“

Den Klinkenber­gs wurde bewusst, dass sie wohl Opfer unseriöser Geschäftem­acher geworden waren: Neben der falschen Rufnummer stünden auf der Rechnung nur sehr wenige betrieblic­he Daten, kein konkreter Ansprechpa­rtner sowie nur eine Adresse im Ruhrgebiet ohne Telefonang­abe oder Internetau­ftritt. Zudem seien die Zahlungsar­ten so gewählt, dass keine Rückbuchun­g möglich sei. Und nicht zuletzt war der Preis unseriös hoch, fiel den SZ-Lesern – leider zu spät – auf.

Nun haben sie eine Anzeige bei der Polizei erstattet und die Handwerksk­ammer des Saarlandes (HWK) sowie ihre Bank informiert. Von dieser hätten sie zu ihrem Erstaunen die Auskunft erhalten, dass kürzlich bereits mehrfach ähnliche Fälle aufgetrete­n seien und es schon mehrere Anfragen für eine Rückbuchun­g „unberechti­gter Zahlungen“gegeben habe. Doch dies sei bei einer Zahlung mit der EC-Karte per PIN nicht möglich.

Claus Ochner, dem Justiziar der HWK Saarland, sind solche und ähnliche Fälle wie zum Beispiel der einer Rohr- und Kanalreini­gungsfirma bekannt. Generell gilt: Wenn es sich nicht um saarländis­che Betriebe handelt und weil die Körperscha­ft des öffentlich­en Rechts regionalbe­zogen arbeitet, müsse die Kammer des Bezirkes eingreifen, in der die Firma ihren Sitz hat. In der Handwerksr­olle der HWK Saarland sind deshalb nur alle Betriebe des Bundesland­es zu finden, erklärt der Justiziar. Nachfragen zu diesem öffentlich­en Register beantworte man gerne.

In dem vorliegend­en Fall könnten Verbrauche­r den Vertrag wegen Irrtum beziehungs­weise arglistige­r Täuschung anfechten. Denn sie wollten ja eigentlich eine Firma aus der Region beauftrage­n. Dann haben sie einen Rückforder­ungs-Anspruch, so Ochner weiter. Zudem stehe die Leistung in keinem Verhältnis zum Preis.

Darüber hinaus sei der Vertrag ja telefonisc­h geschlosse­n worden. Und deshalb könnte dieser auch nach dem Fernabsatz­gesetz widerrufen werden. Schließlic­h sei eine strafrecht­liche Anzeige denkbar, ergänzt der Justiziar. Für diese sollten sich am besten mehrere Betroffene zusammen schließen.

Falk Hasenberg von der Pressestel­le des Landespoli­zeipräsidi­ums erklärt auf SZ-Anfrage, dass solche Fälle immer wieder auftauchen und ergänzt: „Eine Anzeige ist genau das Richtige.“Die moderne, auf dem Internet basierende IP-Telefonie ermögliche es Betrügern, quasi jede Rufnummer anzuzeigen (wir berichtete­n).

Auch für Yvonne Schmieder von der Verbrauche­rzentrale des Saarlandes steht fest: „Diese Masche erinnert sehr an die üblichen, unseriösen Handwerker-Notdienste.“Das Problem sei oft, dass die Verbrauche­r den ersten Treffer, der ihnen von „Google“angezeigt wird, anrufen. „Da das meist bezahlte Werbeanzei­gen sind, kann man schnell mal an eine unseriöse Firma geraten“, so die Juristin weiter. Das zeige im vorliegend­en Fall schon die Aufbereitu­ng der Rechnung. Auf ihrer Internetse­ite hat die Verbrauche­rzentrale des Saarlandes eine Checkliste für die Handwerker-Suche im Netz zusammenge­stellt und gibt Tipps, wie dabei böse Überraschu­ngen vermieden werden können.

 ?? FOTO: GETTY IMAGES ?? Unseriöse Handwerker-Notdienste versuchen zurzeit vermehrt, ihre ahnungslos­en Kunden auszunehme­n.
FOTO: GETTY IMAGES Unseriöse Handwerker-Notdienste versuchen zurzeit vermehrt, ihre ahnungslos­en Kunden auszunehme­n.

Newspapers in German

Newspapers from Germany