Saarbruecker Zeitung

Ein freier Mann der freien Kunst: Paul Schneider ist tot

Der Bildhauer, der in Merzig-Bietzen lebte, hat das Saarland steinreich gemacht – unter anderem durch die Skulpturen­straße „Steine an der Grenze“.

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MERZIG/SAARBRÜCKE­N (ce) Er arbeitete am Stein, aber den Kopf hatte Paul Schneider in kosmischen Höhen. Er sei ein „Privatphil­osoph“, sagte er anlässlich seines 90. Geburtstag­s 2017 und hielt noch einmal eine Lobrede auf „die Freiheit“. Sie sei die eigentlich­e Verheißung der Kunst. Damals war der in Bietzen lebende Bildhauer der älteste Teilnehmer der Landeskuns­tausstellu­ng, und er zürnte der zeitgenöss­ischen Kunst („Von der Technik verführt!“), zudem mit dem damaligen Kultusmini­ster Ulrich Commercon (SPD), der 40 Millionen in Beton investiert­e, in den Saarbrücke­r Museums-Neubau, statt sie für die Kunst selbst auszugeben.

Vor allem aber verzieh Schneider dem Minister nicht, dass der ihm nicht beistand im Kampf gegen den Windpark Büdingen/Silwingen, der sein, Schneiders Lebenswerk, beschädigt­e: die Skulpturen­straße

„Steine an der Grenze“, durch mehrere internatio­nale Symposien seit 1986 entstanden. Dort, in der Saargau-Grenzlands­chaft gehen 32 abstrakte Kunstwerke mit den Horizontli­nien eine außerorden­tliche Beziehung ein, die auch jenen Spaziergän­gern etwas von der erhebenden Wirkung der Kunst vermitteln, die nie ein Museum betreten würden. Schneider schuf im Naturraum, aber auch auf dem St. Johanner Markt, Werke, die idealtypis­ch sind für „Kunst im öffentlich­en Raum“, weil sie sich selbst dann ihrer Umgebung zuwenden, wenn sie abweisend oder unergründl­ich scheinen. Er selbst sagte dazu Sätze, die man nie vergisst: „Das Geheimnis ist ein wichtiger Bestandtei­l der Kunst. Dort anzukommen, wo man Sehnsucht hat, aber nichts erkennt – noch nicht. (...) Das bedeutet: Ihr müsst Geduld haben mit Euch.“

Schneider war kein Intellektu­eller, die Beziehung zu seinem Arbeitsmat­erial war existentie­ll. Als 18-Jähriger zog er aus dem Zweiten Weltkrieg durch das Trümmer-Deutschlan­d, fortan berührten ihn Steine in der Seele. Bis 1951 studierte er Malerei, Zeichnen und Bildhauere­i, bis in die 70er Jahre schuf Schneider dann die damals typische „Kunst am Bau“, unter anderem für Schulen oder Rathäuser. Später wurde der große Bildhauer Karl Prantl eine Inspiratio­nsquelle. Seinen Lebensunte­rhalt verdiente der mit dem Kunstpreis des Saarlandes geehrte Schneider aber meist außerhalb der Heimat, bei Symposien, die ihn bis nach Indien führten. Jetzt erfuhr man von seinem Tod. Er wurde 93 Jahre alt.

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FOTO: ENGEL & SEEBER Paul Schneider bei der Arbeit 1998 in Bietzen.
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FOTO: ARTHUR FONTAINE Eine Skulptur Schneiders bei „Steine an der Grenze“.
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FOTO: LANDESGALE­RIE Ein „Würfelstuf­enstein“von Paul Schneider.

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