Verstappen rüttelt an Hamiltons Thron
Formel-1-Rennen in Imola lässt auf ein großes Duell zwischen dem Niederländer und dem Briten hoffen.
(sid) Im Zweikampf der Formel-1-Titanen schrumpfte Lewis Hamilton auf ein Normalmaß, im Grunde war das Max Verstappens eigentlicher Triumph in Imola. „Ich bin auch nur ein Mensch“, sagte Weltmeister Hamilton – einer, der auf der Rennstrecke allzu oft scheinbar Übermenschliches leistet. Im alles dominierenden Duell der noch jungen Saison zeigte selbst der sonst so coole Rekordchampion schon im zweiten Rennen Nerven.
Verstappen ist Hamiltons größte Bedrohung seit Nico Rosberg – und verleitet den Titelverteidiger zu ungewohnten Fehlern. „Kaltblütig und talentiert“sei dieser Verstappen, schrieb die Gazzetta dello Sport in Italien. „Eine Ohrfeige“habe er Hamilton verpasst, so der Corriere dello Sport nach dem sehenswerten Großen Preis der Emilia Romagna. An dessen Ende feierte Red-Bull-Pilot Verstappen seinen elften Karriere-Sieg.
Einen Grund zur Zufriedenheit hatte er nicht nur deshalb. Ein Wunderstart, ein erfolgreiches Überholmanöver gegen Hamilton, Glück beim Ausrutscher vor dem Re-Start und eine gelungene Revanche für
Bahrain. Verstappen gelang auf dem nassen und rutschigen Kurs fast alles. „Wenn ich um Platz zehn fahren würde, hätte ich keinen Spaß. Es ist großartig, gegen Lewis und Mercedes zu kämpfen, die so dominant und schwer zu schlagen waren“, sagte der Niederländer, den in der WM-Wertung nur ein Punkt von Spitzenreiter Hamilton trennt. Man sei „sehr, sehr wettbewerbsfähig. Das ist vielversprechend“.
Dass für ihn der achte WM-Titel nicht garantiert ist, dürfte Hamilton spätestens im Kiesbett bewusst geworden sein. Zu ungeduldig war der Brite in der Jagd auf Verstappen gewesen und deshalb von der Strecke abgekommen. Selten leistet sich Hamilton solche Patzer. Ein Zeichen der Nervosität? In der von seinem Teamkollegen Valtteri Bottas mitverursachten Rennpause wirkte Hamilton gestresst, angespannt fuhr er sich in der Boxengasse mit den Händen durchs Haar. Letztlich war Hamilton „dankbar“. Dankbar für den zweiten Platz und das Glück, überhaupt die Möglichkeit einer Aufholjagd gehabt zu haben. „Es ist lange her, dass Red Bull ein WM-fähiges Auto hatte. Es wird eng, das ganze Jahr über“, sagte Hamilton.
Das liegt auch an Mercedes. Der neue Silberpfeil ist nicht mehr das schnellste Auto im Feld. Und es gibt den Faktor Mensch, namentlich Valtteri Bottas. Der Finne schwächelt. Nach einer verkorksten Qualifikation war sein Hochgeschwindigkeits-Unfall mit Williams-Pilot George Russell der Tiefpunkt. Die Gemüter waren erhitzt. Russell schlug Bottas auf den Helm, dieser revanchierte sich mit dem Mittelfinger. Die Schuld für den Unfall, in dessen Folge das Rennen rund 30 Minuten gestoppt wurde, gaben sie sich gegenseitig.
Toto Wolff, Motorsport-Chef bei Mercedes, machte aus seinem Ärger kein Geheimnis. Bottas‘ mentale Verfassung sei „nicht auf dem allerhöchsten Niveau. Wir müssen ihn aufbauen, damit er sich erholt“, sagte Wolff. Seine Geduld dürfte endlich sein. Unter den Fahrern der Formel 1 ist jeder ersetzbar. Mit Ausnahme von Verstappen und Hamilton.