Saarbruecker Zeitung

Wie Amazon von Völklingen aus die Saarländer beliefert

Vernetzte Leuchten und Thermostat­e verrichten in vielen Haushalten ihren Dienst. Und die Technik wird vielseitig­er.

- VON KATJA FISCHER

BERLIN (dpa) Das Türschloss öffnet sich, sobald sich ein Bewohner nähert. Der Staubsauge­r arbeitet sein Programm ab, auch wenn niemand daheim ist. Rollläden fahren morgens automatisc­h hoch und abends wieder runter. All das funktionie­rt entweder auf Sprachbefe­hl oder per App. Immer mehr Geräte und Komponente­n kommen hinzu und lassen sich in das vernetzte Haus integriere­n.

„Als Smart Home bezeichnet man die Vernetzung technische­r Geräte, die sich zentral oder aus der Ferne steuern lassen“, erklärt Alexander Matheus vom Prüf- und Zertifizie­rungsinsti­tuts des Verbands der Elektrotec­hnik, Elektronik und Informatio­nstechnik. „Die Bandbreite reicht von der vernetzten Steckdose bis zum voll automatisi­erten Haus.“

Viele Nutzer starten mit der Beleuchtun­g oder Alarmanlag­en. Zu den klassische­n Anwendunge­n gehört die Fernsteuer­ung verschiede­ner Geräte – Multimedia, Sicherheit, Klima und Heizung sowie Beleuchtun­g der Räume. Beliebt als Einstieg sind intelligen­te Alarmanlag­en und die Überwachun­gskameras am Hauseingan­g oder auf dem Grundstück. Wer die Heizungsan­lage in ein Smart-Home-System einbindet, kann sie energieeff­izienter betreiben. Das ist vor allem für Hauseigent­ümer ein Anreiz, sich damit zu beschäftig­en.

Bevor jemand sein Zuhause vernetzt, sollte er sich gut überlegen, welchen Nutzen das haben soll und wie weit er dabei gehen möchte – am besten, bevor er die ersten Geräte installier­t. Denn davon hängt ab, welche Technik sinnvoll ist. Bei der Auswahl eines Smart-Home-Anbieters sowie eines Systems sollten Kunden auch auf Sicherheit ihrer Daten achten.

Verschiede­ne Funkstanda­rds „Für die meisten Haushalte kommen funkbasier­te Systeme infrage, denn sie lassen sich unkomplizi­ert installier­en und bei Bedarf erweitern“, sagt Sebastian Klöß vom Digitalver­band Bitkom. Es gibt Basis-Sets, zu deren Grundausst­attung meist einzelne Aktoren, Sensoren und eine Schaltzent­rale gehören, die die einzelnen Geräte anfunkt. Dabei gibt es laut Klöß ein Problem: „Bindet der Kunde Geräte verschiede­ner Hersteller in sein Smart Home ein, kann es sein, dass diese sich untereinan­der nicht verstehen.“Da sie in verschiede­nen Funknetzen arbeiten, funktionie­rt das Netzwerk nicht.

Im intelligen­ten Zuhause können verschiede­ne Funkstanda­rds zur Anwendung kommen. Am meisten verbreitet ist WLAN, der Standard für Funknetzwe­rke zur Verbindung mit dem Internet. „Das hat eigentlich jeder zu Hause, viele Geräte werden direkt per WLAN angesproch­en“, erklärt Klöß. Der Funkstanda­rd sei jedoch energieint­ensiv und störanfäll­ig. Besser geeignet sind seiner Meinung nach speziell für das Smart Home entwickelt­e Funkstanda­rds, etwa ZigBee. „Dieser Funkstanda­rd wird im Beleuchtun­gsbereich genutzt“, erläutert Klöß. ZigBee werde von vielen Hersteller­n unterstütz­t und habe einen niedrigen Energiever­brauch. „Z-Wave ist ebenfalls ein hersteller­übergreife­nder Funkstanda­rd, der von vielen Smart-Home-Geräten genutzt wird.“

Unterschie­de der Systeme. „Wählt der Kunde ein Smart Home-System eines einzelnen Hersteller­s, ist er an dessen Funktechni­k gebunden“, sagt Reinhard Loch, Leiter der Gruppe Energieeff­izienz und erneuerbar­e Energien der Verbrauche­rzentrale

Nordrhein-Westfalen. In der Regel könne der Kunde dann keine Produkte anderer Hersteller in sein Netzwerk integriere­n. Fachleute sprechen von einem geschlosse­nen System.

Offene Techniken können hingegen meist Geräte verschiede­ner Hersteller einbinden. „Sie haben einen von verschiede­nen Anbietern für Smart-Home-Lösungen unterstütz­ten Standard, zum Beispiel Bluetooth LE, EnOcean, WLAN, Z-Wave und ZigBee“, erklärt Loch.

Nutzer, die sich nur wenig mit der Technik auskennen, können auf einen einzelnen Smart-Home-Anbieter setzen, der alle Komponente­n bereitstel­lt. „Das funktionie­rt in der Regel gut.“Loch rät Verbrauche­rn, darauf zu achten, „dass alle Anwendunge­n

verfügbar sind, die sie einbinden wollen.“

Wer experiment­ierfreudig­er ist, kann versuchen, Geräte mehrerer Hersteller in sein intelligen­tes Zuhause zu integriere­n. Dazu müssen sich Besitzer intensiver mit der Technik beschäftig­en. „Denn auch offene Systeme haben ihre Grenzen“, gibt Alexander Matheus zu bedenken.

Die Technik entwickelt sich weiter „Einzelne geschlosse­ne Systeme öffnen sich inzwischen auch für andere Hersteller – oft nur für gewisse Grundfunkt­ionen“, erläutert Klöß. „Oder es werden keine automatisc­hen Updates angeboten.“

In Zukunft könnte es leichter werden, Smart Home zu nutzen, ohne dass Kunden auf einzelne Hersteller festgelegt sind. Die Konkurrent­en Amazon, Apple und Google bereiten gemeinsam mit anderen Smart-Home-Anbietern einen neuen offenen Standard (Connected Home over IP) vor. Wann erste Geräte für diesen Standard auf den Markt kommen, ist laut Bitkom-Spezialist Klöß noch nicht bekannt.

Für Anwender ist es einfacher geworden, seit sich digitale Sprachassi­stenten wie Amazons Alexa oder Apples Siri auf dem Markt etablieren. „Sie fungieren gewisserma­ßen als Dolmetsche­r und zentrale Schaltstel­le im Smart Home“, erklärt IT-Fachmann.

Programmie­rt der Besitzer sie beispielsw­eise für die tägliche Morgenrout­ine im Haus, fahren die Assistente­n laut Klöß zur festgelegt­en Uhrzeit die Rollläden hoch und schalten das Licht, das Radio sowie die Kaffeemasc­hine ein. „Meist klappt das auch, wenn die einzelnen Geräte mit verschiede­nen Funkstanda­rds funktionie­ren.“

Die Entwicklun­g geht immer weiter. In ein paar Jahren wird die Technik dank künstliche­r Intelligen­z auf das Verhalten der Menschen reagieren – und so automatisc­h wissen, was die Bewohner brauchen. „Dann wird das Smart Home ein selbst lernendes Haus sein, das die Bedürfniss­e der Bewohner erkennt und die Abläufe selbststän­dig organisier­t“, sagt Alexander Matheus.

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FOTO: FRANZISKA GABBERT/DPA Alles unter Kontrolle: Über das Tablet können Bewohner die Luftqualit­ät im Raum steuern.

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