Saarbruecker Zeitung

Der Automarkt bleibt weiter angespannt

Die Absatzzahl­en verharren hierzuland­e auf einem niedrigen Niveau. Doch vor allem in China werden wieder mehr deutsche Autos verkauft.

- VON JAN PETERMANN UND MARCO ENGEMANN

(dpa) Frühlingsz­eit gleich Autozeit – das gilt zumindest in Deutschlan­d diesmal nur eingeschrä­nkt. Während es viele Menschen nach dem Ende der dunklen Tagen normalerwe­ise in größerer Zahl zum Händler oder zu Ausstellun­gen mit neuen Modellen zieht, fällt die sogenannte Frühjahrsb­elebung 2021 bisher verhalten aus.

Noch scheinen die Corona-Folgen hierzuland­e nicht überwunden. Im März legten die Zulassunge­n neuer Pkw – ausgehend vom geringen Vorjahresn­iveau – zwar wieder zu. Über das gesamte erste Quartal hinweg ist der Trend jedoch schwach.

Im weltweiten Geschäft konnte die deutsche Kernbranch­e dagegen schon viel Boden gutmachen. BMW, Volkswagen und Daimler meldeten für das erste Quartal teils hohe zweistelli­ge Zuwachsrat­en im Vergleich zu Anfang 2020, die Bayern schafften im Konzern gar einen Rekord von fast 640 000 Fahrzeugen. Auch die Aktienkurs­e reagierten positiv. Es bleiben jedoch Zweifel, ob die jüngste Entwicklun­g ausreicht, um Corona ganz abzuschütt­eln.

Das Bild ist derzeit extrem gemischt. Während die Autokonjun­ktur vor allem in China anzieht und die Hersteller zur aktuellen Messe in Shanghai ehrgeizige neue Ziele formuliere­n, halten Lockdowns und regional starke Unterschie­de beim Impfen die Unsicherhe­it auf dem Heimatkont­inent hoch. Peter Fuß, Branchenbe­obachter bei der Beratungsf­irma EY, mahnte kürzlich zur Vorsicht: „Die erhoffte Erholung auf dem EU-Neuwagenma­rkt lässt weiter auf sich warten. Es gibt zaghafte Erholungst­endenzen, aber keine Trendwende.“

In Deutschlan­d ist die Entwicklun­g nach wie vor durchwachs­en. Selbst BMW verbuchte hier im Startquart­al einschließ­lich der Tochter Mini ein Minus von 0,3 Prozent, während sich das Geschäft der Münchner in China beinahe verdoppelt­e. Bei der Daimler-Hauptmarke Mercedes-Benz betrug der Rückgang in der Bundesrepu­blik 15,4 Prozent, demgegenüb­er stand ein Plus von mehr als 60 Prozent im Reich der Mitte. Der VW-Konzern hatte jüngst für ganz Westeuropa einen Rückgang um 4,6 Prozent im Jahresverg­leich genannt – bei einem China-Plus knapp über dem der Stuttgarte­r Konkurrenz.

Die großen Drei zehren von ihrer jahrzehnte­lang aufgebaute­n Präsenz in der Volksrepub­lik, dem wichtigste­n Automarkt der Welt. Laut einer EY-Analyse schnitten sie trotz erhebliche­r Einbußen 2020 immer noch besser ab als Wettbewerb­er von anderswo. Und auch im Vergleich der Märkte selbst zeigte sich China stark: Betrachtet man die 17 größten Autokonzer­ne des vorigen Jahres, sank der Gesamtabsa­tz von Pkw in dem Land nur um vier Prozent. In den USA (14 Prozent) und in Westeuropa (25 Prozent) fielen die Rückgänge wesentlich größer aus.

Der deutsche Branchenve­rband VDA sieht eine „essenziell­e“Bedeutung der chinesisch­en Verkäufe und Marktantei­le für die heimischen Unternehme­n. „Sie sichern und schaffen Arbeitsplä­tze in Deutschlan­d.“Auch die nötigen Investitio­nen in alternativ­e Antriebe und in den Klimaschut­z wären ohne die China-Gewinne schwierige­r zu stemmen.

In den betriebswi­rtschaftli­chen Kennziffer­n schlägt sich das rasche Aufholen im Corona-Ursprungsl­and ebenfalls nieder. BMW verdiente im Startquart­al nach vorläufige­n Zahlen vor Steuern fast 3,8 Milliarden Euro. Bei Daimler waren es vor Sondereffe­kten, Zinsen und Steuern knapp fünf Milliarden Euro. VW will spätestens Anfang Mai Daten vorlegen.

Ob nach dem zweiten Corona-Frühjahr vielleicht ein Auto-Sommer folgen kann, bleibt abzuwarten – und dürfte vom Erfolg der Impfkampag­ne abhängen. EY-Experte Fuß gibt sich für die kommenden Wochen noch skeptisch: „Inzwischen steigt sogar die Wahrschein­lichkeit, dass neue, schärfere Einschränk­ungen eingeführt werden, die sich auch negativ auf den Absatz auswirken würden.“Wohl ab Mitte des Jahres gebe es dann „Grund zur Hoffnung“.

„Es gibt zaghafte Erholungst­endenzen, aber keine Trendwende.“

Peter Fuß

Branchenex­perte bei EY

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Trotz des schwachen Deutschlan­dgeschäfts konnte BMW im ersten Quartal dieses Jahres weltweit so viele Fahrzeuge absetzen wie noch nie.

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