Saarbruecker Zeitung

Söders Scheitern, Söders Chance – und das Dilemma der CSU

Nach dem verlorenen Machtkampf gegen CDU-Chef Armin Laschet herrscht in der CSU Katerstimm­ung. Doch am Ende sind die Rivalen aufeinande­r angewiesen.

- Produktion dieser Seite: Gerrit Dauelsberg, Iris Neu-Michalik Martin Wittenmeie­r

(dpa) Natürlich hätte er seinen „Lebensplan“dafür über den Haufen geworfen. Natürlich wäre Markus Söder gerne Kanzlerkan­didat geworden, auch wenn er immer wieder gesagt hatte, sein Platz sei in Bayern. Was bedeutet die Entscheidu­ng pro Armin Laschet nun für Söder? Geht der CSU-Chef trotz allem gestärkt aus dem erbitterte­n Kandidaten-Kampf hervor? Oder bleibt ein Makel? Und: Wie ist nun die Stimmung an der CSU-Basis? Ist es vorstellba­r, dass die CSU, eben noch selbst das Kanzleramt fast vor Augen, nun für Laschet kämpft?

Erst einmal muss die CSU mit der Niederlage umgehen. Und das, obwohl sich die Partei angesichts der

Top-Umfragewer­te für Söder und der bröckelnde­n CDU-Unterstütz­ung für Laschet am Wochenende dem großen Ziel schon so nahe sah. Spätestens als Söder am Sonntagabe­nd eilends nach Berlin jettete, hofften viele CSUler auf den Sieg für Söder.

Als dieser 36 Stunden später, am Dienstag, dann aber verkündet, die Würfel seien gefallen, Laschet sei nun der Kanzlerkan­didat, verfallen weite Teile der CSU erst einmal in zornige, enttäuscht­e Schockstar­re. Und es geht die Sorge um vor einem Debakel für die Union im Herbst. Es gebe Mitglieder, die keine Lust hätten, nun für Laschet Wahlkampf zu machen, berichtet ein CSU-Abgeordnet­er. Betont wird aber, man kämpfe trotzdem, für die eigenen Kandidaten und eine starke CSU in Berlin. Und dann kämpfe man eben „zwangsläuf­ig“ auch für Laschet und die CDU mit – weil man als CSU in einer Regierung viel mehr bewegen könne. Das ist die Quintessen­z, wenn man sich am Tag eins nach der Laschet-Kür in der CSU umhört: Die Begeisteru­ng für den Kandidaten liegt im Moment quasi bei Null. Aber natürlich will man das Kanzleramt nicht Grünen oder

SPD überlassen. „Laschet ist immer noch viel besser als Grün-Rot-Rot“, sagt ein CSU-Landtagsab­geordneter.

Fakt ist: Laschet und die CDU, die Söder und die CSU nun in die Knie gezwungen haben, sind nun maßgeblich auf die Unterlegen­en angewiesen. Ohne ein starkes CSU-Ergebnis in Bayern würde die Wiedererob­erung des Kanzleramt­s für Laschet noch deutlich schwierige­r. Er muss nun alles daran setzen, auch die Söderianer an seiner eigenen CDU-Parteibasi­s hinter sich zu scharen. Der bayerische JU-Chef Christian Doleschal fordert: „Laschet muss jetzt einen Plan vorlegen, wie er sich vorstellt, die Wahl zu gewinnen. Er muss die Stimmung drehen – und zwar schnell.“Aber auch das wird in der CSU betont: Beide, Laschet und Söder, müssten nun gemeinsam – und zwar glaubwürdi­g – für den Erfolg der Union kämpfen.

Und was bedeutet die zurücklieg­ende erbitterte Kampf-Woche nun für Söder? Anfangs wollte er ja vor allem nicht als Drückeberg­er dazustehen, der sich nie öffentlich erklärt hätte. Erst als dann die Pro-Söder-Welle weiter zunahm, rückte die Kandidatur tatsächlic­h in Reichweite. Wobei diese angesichts der mauen Unions-Umfragen so oder so ein Risiko für Söder gewesen wäre.

Söders Machtstreb­en ist aber eben nun, vorerst jedenfalls, an seine Grenzen gestoßen. In der CSU und in Bayern hat der Franke ja, mit Geduld und Ellenbogen, alles erreicht. Und als er sich dann bundesweit als harter Anti-Corona-Kämpfer profiliert­e, brachte ihm dies ungeahnte Zustimmung über Partei- und Landesgren­zen

hinweg ein. Doch nun zeigt sich: Wenn die CDU nicht will, kann auch ein noch so starker CSU-Vorsitzend­er nicht Kanzlerkan­didat werden.

Wobei Söder am Ende zweierlei erreicht: Die Verantwort­ung für den Ausgang der Wahl schiebt er quasi allein der CDU und Laschet zu. Anderersei­ts könnte Söder zu Hause profitiere­n – weil er bundesweit als kanzlertau­glich angesehen wird. Viele Bayern wollten aber auch, dass er im Freistaat bleibt und nicht nach Berlin geht. Nutzt Söder all dies vor der nächsten Landtagswa­hl 2023? Die CSU träumt ja nach wie vor von der Rückerober­ung der absoluten Mehrheit im Landtag.

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FOTO: SCHRADER/AP Der CSU-Vorsitzend­e Markus Söder musste letztlich auf die Kanzlerkan­didatur verzichten.

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