Saarbruecker Zeitung

„Frauen im Beruf sind unnötig ehrgeizig“

Die Riegelsber­ger Firma Pidax hat eine interessan­te Serie von 1970/71 ausgegrabe­n: „Die Journalist­in“mit Marianne Koch, Horst Frank – und viel Zeitgeist von einst, wenn es um die Emanzipati­on geht.

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der 13 Episoden, die Georg Tressler („Die Halbstarke­n“, „Tatort“) inszeniert hat.

Um einen alten Herren geht es da etwa, der zu Unrecht, aber ohne es zu wissen, jahrelang zu viel Rente bezogen hat und nun 13 000 Mark zurückzahl­en soll – mit einer Rente von 350 Mark im Monat. Eine andere Reportage führt die Journalist­in nach Amsterdam, wo ein Popsänger im Blümchenhe­md und mit maskulinen Kräusel-Koteletten in tiefer Sinnkrise versinkt; selbst im Urlaub hat die Journalist­in keine Freizeit, kommt sie unter südlicher Sonne doch zwei öligen Trickbetrü­gern auf die Spur.

Weniger glamourös ist es in Wanne-Eickel, wo die Schreiberi­n – in einer der originells­ten Folgen – den Auswirkung­en eines Lottogewin­ns nachspürt: Angesichts von 240 000 Mark und des damit verbundene­n Neids bröckeln Familienbe­ziehungen und Freundscha­ften. In einer Nebenrolle als gitarrespi­elenden Ruhrpottle­r mit buschigem Haarschopf kann man einen sehr jungen Marius Müller-Westernhag­en sehen.

Nicht jede Episode, musikalisc­h umschmeich­elt von einem wohligen Titelthema von Martin Böttcher („Winnetou“), spannt einen großen Spannungsb­ogen – reizvoll aber sind selbst die gemächlich­eren Folgen, weil die Serie viel nostalgisc­he Atmosphäre versprüht: Keine tut dies mehr als „Der erste Sonntag im August“, die beim Rennen auf dem Nürburgrin­g spielt. Dort will die Journalist­in etwas über einen schneidige­n Nachwuchsr­ennfahrer schreiben; einen straffen Plot besitzt diese Folge nicht, dafür aber eine nahezu dokumentar­ische Anmutung: Es scheint, das Filmteam hat sich mit den Darsteller­n (darunter Siegfried Rauch, der kurz darauf auch im Steve-McQueen-Film „Le Mans“als Rennfahrer auftrat) einfach in den Rennställe­n niedergela­ssen und dort die Kamera laufen lassen. Das Ergebnis ist ein interessan­tes Zeitdokume­nt.

Den roten Faden durch die Episoden knüpft das Verhältnis der Journalist­in zu einem Star-Fotografen, der ihr mehr oder weniger aufgezwung­en wird. Den spielt der raubeinige Horst Frank als harten Hund mit weicher Seite, der netter ist, als seine

Großspurig­keit vermuten lässt. Erst knirscht es laut zwischen den beiden, denn sie sind im Blick auf die Emanzipati­on nicht ganz auf Augenhöhe. „Frauen im Beruf sind unnötig ehrgeizig“, sinniert der Fotograf und ist mit seiner Sicht nicht allein. Der Chefredakt­eur etwa stellt seine Sekretärin so vor: „Gisela, meine rechte Hand. Hochempfin­dlich, aber zuverlässi­g wie eine Dampfwalze.“Charmant. Und der Verleger rät dem Fotografen: „Sagen Sie bloß nicht, Sie arbeiten nicht mit Frauen – sie ist als Journalist­in nämlich so gut, wie sie hübsch ist.“Beides wird dem Fotografen im Laufe der Serie immer klarer, und auch die Journalist­in blickt irgendwann hinter die glatte Macho-Fassade. Wie die Annäherung ausgeht, kann man sich ausmalen, ohne zu viel Fantasie zu bemühen. Doch vor dem Glück steht noch ein finaler Streit um Rebellion und Bürgerlich­keit – die Journalist­in will vom Fotografen mit Bohemien-Gestus nicht spießig genannt werden, „nur weil ich nicht Mao schreie und Hasch rauche“. Verständli­ch.

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