Was Luxemburg auf dem Mond zu suchen hat
Luxemburg hat sich zum europäischen Aushängeschild für die Weltraumforschung entwickelt. Einige Erfindungen haben aber bereits auf der Erde viel Potenzial.
Luxemburgisch spricht er noch nicht, das Geschäft läuft auf Englisch einwandfrei. Dass der Niederländer Joost van Oorschot sein Start-up-Unternehmen Maana Electric vor knapp drei Jahren ausgerechnet im Großherzogtum gründete, ist aber kein Zufall. Als erstes europäisches Land, und als zweites Land weltweit nach den USA, hat Luxemburg bereits 2017 ein Weltraumgesetz verabschiedet. In erster Linie sollen dadurch künftige Aktivitäten im Bereich Weltraumbergbau reguliert werden – also ganz konkret, wem Ressourcen wie seltene Erden gehören, die auf anderen Planeten und Asteroiden gefördert werden könnten. Dafür wollte der damalige Vize-Premierminister Etienne Schneider Forschungsunternehmen aus der ganzen Welt ins Großherzogtum locken, um gemeinsam an dem großen Ziel im All zu tüfteln.
„Das Weltraumprogramm war ausschlaggebend für uns. In Luxemburg gibt es zurzeit zwischen 50 und 60 Firmen, die im Bereich Weltraumforschung aktiv sind. Viele von ihnen arbeiten an Projekten, die sich mit unseren Aktivitäten ergänzen“, sagt Fabrice Testa, Mitbegründer von Maana Electric. Mehr als 30 Mitarbeiter arbeiten bei dem Start-up und weitere Stellen sind ausgeschrieben. Das junge Unternehmen entwickelt ein autonomes System für die Produktion von Solarmodulen. Die Innovation daran: Das System braucht nur eine sandige Oberfläche und Strom zum Funktionieren. „Die herkömmliche
Produktion von Solarmodulen wird zurzeit von China beherrscht. Dabei werden viele chemische Stoffe und Unmengen an Wasser verwendet. Unser Prozess ist zu 100 Prozent rein und benötigt kein Wasser“, erklärt Testa. „Außerdem sind wir viel günstiger als die bisherigen Produkte, da wir nur Sand und Elektrizität brauchen“, sagt er. Die mobile Produktionsstätte nutzt ihren eigenen Strom als Vorleistung und so können die Solarzellen direkt da produziert werden, wo sie gebraucht werden. Das macht die Erfindung vor allem für die Mondforschung interessant. Denn die dortige Oberfläche besteht aus Regolith, ein sandartiges Gestein, das auch als Rohstoff für die Produktion von Solarpanelen verwendet werden könnte.
Was sich nach Science-fiction anhört, ist für das Team von Maana Electric kein Hirngespinst. Die ersten Versuche im Labor waren nach eigenen Angaben erfolgreich. „Bis Ende des Jahres wird unser erster Prototyp fertig“, so Testa. „Im kommenden Jahr starten wir dann unsere ersten kommerziellen Projekte“, fügt er hinzu. Denn auf dem Mond ist zwar noch kein Luxemburger gelandet, geschweige denn ist dort eine Geschäftsidee umgesetzt worden. Doch das Potenzial der Erfindung von Maana Electric hat auch Kunden auf der Erde neugierig gemacht. Und Wüstenabschnitte, die zwar eine unwirtliche Umgebung darstellen aber wo Sand und Sonne keine Mangelware sind, gibt es hier genug. „Die meisten unserer Kunden planen Solarpark-Großprojekte. Durch unsere neue Technologie können sie nicht nur ihre Kosten erheblich reduzieren, sondern auch versichert sein, dass diese Solarzellen absolut ressourcenschonend und umweltfreundlich hergestellt werden“, meint er. Kundennamen will das Unternehmen vor dem Start des Projektes aber noch keine preisgeben.
Doch nicht nur für die einzelnen Start-ups, sondern für den ganzen
Staat gewinnt die Branche an wirtschaftlicher Bedeutung. Laut luxemburgischer Regierung macht die Luft- und Raumfahrt heute vier Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) des Landes aus und beschäftigt mehr als 500 qualifizierte
Mitarbeiter. Sie zählt sieben Forschungszentren und mehr als 20 spezialisierte Unternehmen. Neben dem Projekt von Maana Electric werden unter anderem Mikrosatelliten gebaut und Ersatzteile für Raketen mit 3D-Druckern entwickelt. Außerdem bietet die Universität Luxemburg einen entsprechenden Studiengang.
Wurden vor vier Jahren die luxemburgischen Ambitionen im All noch etwas belächelt, hat sich das Land mittlerweile einen Pioneer-Status erarbeitet. Diese Woche findet zum dritten Mal die „Space Resources Week“statt (online aufgrund der Pandemie). Rund 1300 Fachleute aus der ganzen Welt haben sich für die viertägige Veranstaltung angemeldet. Bei der Eröffnung würdigte auch Josef Aschbacher, Chef der Europäischen Weltraumorganisation (ESA), die Rolle Luxemburgs. „Ich rechne weiterhin mit der Unterstützung und dem Leadership des Großherzogtums. Luxemburg ist ein zentraler Akteur im europäischen Raumfahrtsektor und insbesondere im Bereich der Weltraumressourcen“, sagte er.
„Bis Ende des Jahres wird unser erster Prototyp fertig.“
Fabrice Testa
Mitbegründer von Maana Electric