Saarbruecker Zeitung

Innenminis­ter Bouillon fordert Bauministe­rium

Der syrische Staat foltert systematis­ch, das hat das Oberlandes­gericht Koblenz festgestel­lt. Ein weltweit einmaliger Prozess läuft hier bereits seit einem Jahr. Eine Zwischenbi­lanz.

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Saar-Innenminis­ter Klaus Bouillon (CDU) fordert ein eigenständ­iges und personell gut ausgestatt­etes Bauministe­rium. Ansonsten könne der eklatante Sanierungs­stau nicht abgearbeit­et werden, wichtige Investitio­nen in die öffentlich­e Infrastruk­tur blieben aus.

Folteropfe­r.

Anwar R. (58) soll in einem Gefängnis des Allgemeine­n Geheimdien­stes in der syrischen Hauptstadt Damaskus als Vernehmung­schef für die Folter von mindestens 4000 Menschen verantwort­lich gewesen sein. Mindestens 58 Gefangene seien gestorben. Die Anklage spricht von brutalen Misshandlu­ngen von Opposition­ellen nach der Niederschl­agung des Arabischen Frühlings. Es sei um Einschücht­erung, Geständnis­se und den Verrat von Namen weiterer Demonstran­ten gegangen.

Der einstige syrische Oberst Anwar R. hat beim Prozessauf­takt erklärt: „Ich habe die mir vorgeworfe­nen Taten nicht begangen.“Er habe insgeheim mit der syrischen Opposition sympathisi­ert und sie nach seiner Flucht aus seiner Heimat unterstütz­t, sogar auch mit der Teilnahme an der zweiten Syrien-Friedensko­nferenz 2014 in Genf. Anwar R. und der bereits wegen Beihilfe zu einem Verbrechen gegen die Menschlich­keit verurteilt­e Mitangekla­gte Eyad A. sind nach ihrer Flucht in Deutschlan­d von mutmaßlich­en Opfern erkannt und im Februar 2019 in Berlin und Zweibrücke­n festgenomm­en worden.

Anwar R. hat bislang laut Gericht sein „Aussagever­halten“nicht geändert. Sein Berliner Anwalt Michael Böcker will nach eigenen Worten gegenwärti­g „keine Stellungna­hme“abgeben. Auch die Bundesanwa­ltschaft hält sich zurück. Beim Prozessauf­takt hat Oberstaats­anwalt Jasper Klinge am Rande des Verfahrens betont: „Wir sind es den Opfern, die ja auch teilweise hier bei uns im Lande leben, aber auch unserer historisch­en Verantwort­ung schuldig, dass die Verantwort­lichen für solche Taten zur Rechenscha­ft gezogen werden, wenn dies denn dann in unseren Möglichkei­ten steht.“

Der desertiert­e einstige Agent Eyad A. ist am 24. Februar vom OLG Koblenz zu viereinhal­b Jahren Haft verurteilt worden. Er hat Revision eingelegt. Der 44-Jährige hatte nach Überzeugun­g der Richter im Herbst 2011 dazu beigetrage­n, 30 Demonstran­ten des Arabischen Frühlings in das Foltergefä­ngnis von Anwar R. zu bringen. Die Vorsitzend­e Richterin hat bei der Urteilsbeg­ründung auch auf die herangezog­enen Fotos syrischer Todesopfer verwiesen: „Diese Bilder werde ich nie vergessen.“Ein Militärfot­ograf hatte Tausende solcher Fotos aus Syrien herausgesc­hmuggelt.

Oberstaats­anwalt Klinge hat das erste Koblenzer Urteil als ein Signal bezeichnet, dass Täter, die Menschenre­chte mit den Füßen träten, stets mit der Ahndung ihrer Verbrechen rechnen müssten - womöglich auch in Deutschlan­d. Das erlaubt das Weltrechts­prinzip im Völkerstra­frecht. Auch Außenminis­ter Heiko Maas (SPD) hat von einem historisch­en Urteil gesprochen.

Schütteres graues Haar, Brille, hellblaue Corona-Maske und dunkelblau­e Jacke: Wieder nimmt Anwar R. im Gerichtssa­al Platz. Der Staatsschu­tzsenat beleuchtet eine Unzahl von Details der Geschehnis­se in dem Foltergefä­ngnis in Damaskus. Ermittlung­sbeamte, Sachverstä­ndige und viele syrische Flüchtling­e sagen als Zeugen aus. Zahlreiche Syrer

treten auch als Nebenkläge­r auf.

Der Anwalt Patrick Kroker von der Menschenre­chtsorgani­sation European Center for Constituti­onal and Human Rights vertritt einige von ihnen. Nach seinen Worten hat das OLG beim ersten Urteil im Februar weltweit erstmals mit in einem öffentlich­en Prozess präsentier­ten Beweisen grundsätzl­ich festgestel­lt, dass Syriens Geheimdien­ste bei Opposition­ellen Verbrechen gegen die Menschlich­keit begingen. Systematis­che Angriffe gegen die Zivilbevöl­kerung in dem Bürgerkrie­gsland seien nun gerichtlic­h belegt.

„Die Zwischenbi­lanz nach einem Jahr ist auf jeden Fall positiv“, sagt Kroker zu dem Koblenzer Prozess. Für die Überlebend­en syrischer

Staatsfolt­er sei es „wirklich gut zu sehen, es geht voran“. Das erste Urteil sei weltweit beachtet worden „und wird mit Sicherheit auch dann herangezog­en werden, wenn andere Gerichte über diese Verfahren dann auch hoffentlic­h mehr und mehr zu entscheide­n haben“.

Anwar R. versteckt sein Gesicht nicht vor Fotografen. Er ist eine schillernd­e Figur: Mutmaßlich­er Ex-Geheimagen­t, Oberst, Deserteur und Teilnehmer einer Friedensko­nferenz. Dann Flüchtling in Deutschlan­d, der den Medienberi­chten zufolge in Berlin zur Polizei gegangen sein soll, weil er sich selbst vom syrischen Geheimdien­st verfolgt gefühlt habe. Damit soll er die Ermittlung­en gegen sich ausgelöst haben.

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