Saarbruecker Zeitung

Regisseuri­n aus China schreibt Oscar-Geschichte

Eine junge, in Peking geborene Filmemache­rin ist die große Gewinnerin bei den „Oscars“: Ihr Drama „Nomadland“gewann gleich drei Trophäen. Chloé Zhaos Erfolg steht auch für ein sich langsam wandelndes Hollywood, das der Pandemie mit einer kreativen Gala a

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Ihnen dankte die 39-jährige Zhao dann auch, als sie den Preis für den besten Film annahm. Diese Menschen hätten ihr „die Kraft der Belastbark­eit und Hoffnung beigebrach­t“. „Vielen Dank, dass ihr uns daran erinnert habt, wie wahre Güte aussieht“, sagte sie sichtlich aufgeregt, bevor sie kurz darauf auf der Bühne in Tränen ausbrach. Für Zhao dürfte dieser Triumph den endgültige­n Durchbruch in Hollywood bedeuten. Schon mit ihrem vorigen Film, dem Western „The Rider“, bewies sie ihr cineastisc­hes Talent. Auch jetzt verbindet sie die berührende Geschichte mit atemberaub­enden Bildern der weiten, amerikanis­chen Natur.

Die Preise für die Regisseuri­n spiegeln zugleich ein sich langsam wandelndes Hollywood. Fünf Jahre nach der heftigen Kritik an der US-Filmakadem­ie, als fast alle Nominierte­n weiß waren und das Schlagwort #OscarsSoWh­ite die Runde machte, gingen nun gleich mehrere Preise an nicht-weiße Filmschaff­ende. So bekam die Südkoreane­rin YuhJung Youn den Oscar als beste Nebendarst­ellerin für das Familiendr­ama „Minari – Wo wir Wurzeln schlagen“, und der schwarze Brite Daniel Kaluuya gewann mit seiner Rolle in der Filmbiogra­fie „Judas and the Black Messiah“über die Ermordung eines schwarzen Bürgerrech­tlers die Trophäe als bester Nebendarst­eller. Zwei weitere Oscars (Make-up/Frisur sowie Kostümdesi­gn) gab es unter anderem für das Musikdrama „Ma Rainey‘s Black Bottom“über die schwarze „Mutter des Blues“.

Der ganz große Paukenschl­ag aber blieb aus. In den wichtigen Kategorien „Beste Hauptdarst­ellerin“und „Bester Hauptdarst­eller“waren zwar auch nicht-weiße Amerikaner

nominiert. Gerade dem „Black Panther“-Star Chadwick Boseman, der 2020 mit 43 Jahren starb, wurden gute Chancen ausgerechn­et, posthum einen Oscar für „Ma Rainey‘s Black Bottom“zu gewinnen. Letztendli­ch wurde in dieser Sparte aber der 83-jährige Brite Anthony Hopkins ausgezeich­net, der in „The Father“einen dementen Vater spielt, sowie die 63-jährige Frances McDormand

(„Fargo“), die mit „Nomadland“ihren dritten Oscar erhielt.

Doch was wird neben dem Erfolg von Chloé Zhao von dieser Gala in Erinnerung bleiben? Das werden sicherlich die Umstände sein, unter denen die Show stattfand. Denn wegen der Corona-Pandemie trafen sich nicht alle Stars wie in den Vorjahren im großen Dolby Theatre.

Stattdesse­n wurde das Bahnhofsge­bäude Union Station in Los Angeles zur kleineren, damit aber auch intimeren Hauptbühne der Preisverle­ihung. Außerdem wurden zahlreiche Nominierte aus unterschie­dlichsten Ländern wie Australien, Großbritan­nien, Italien und Frankreich zugeschalt­et.

Die Organisato­ren lösten das geschickt und schnitten die verschiede­nen Standorte so nahtlos hintereina­nder, dass man beim Zuschauen durchaus vergessen konnte, dass die Bilder nicht aus einem Veranstalt­ungsort stammten. Allerdings gab es dieses Mal praktisch keine Showeinlag­en, die die Gala auflockert­en. Auch die nominierte­n Songs wurden nicht live aufgeführt. All das führte dazu, dass letztendli­ch nur die Preise verliehen wurden.

Wer auf eine pompöse Show gehofft hatte, die Hollywood und die durch Corona gebeutelte Filmindust­rie feierte, wurde also enttäuscht. Eine abwechslun­gsreiche Gala war das nicht.

Kurz vor Schluss aber sorgten dann Frances McDormand und Glenn Close doch noch für einen Schuss Unterhaltu­ng: McDormand heulte auf der Bühne in Erinnerung an einen gestorbene­n Toningenie­ur von „Nomadland“ein lautes Wolfsgeheu­l und Glenn Close sprang für eine Tanzeinlag­e von ihrem Platz auf. Zum Rhythmus des Songs „Da Butt“ließ die 74-Jährige ihren Hintern kreisen – und avancierte im Internet schnell zu einem heimlichen Star des sonst eher an Höhepunkte­n armen Abends.

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