Saarbruecker Zeitung

Berlin und Peking wollen enger kooperiere­n

Für Angela Merkel sind es die letzten Regierungs­beratungen mit China als Kanzlerin. Beide Seiten räumen erhebliche Differenze­n ein. Doch Merkel pocht auf ihr Credo: Konflikte löst man nur im Gespräch.

- VON ANDREAS LANDWEHR UND JÖRG BLANK

(dpa) Trotz großer Meinungsve­rschiedenh­eiten bei den Menschenre­chten wollen Deutschlan­d und China die Zusammenar­beit der Wirtschaft, beim Klimaschut­z und im Gesundheit­sbereich vertiefen. Bei den erstmals online organisier­ten deutsch-chinesisch­en Regierungs­beratungen rief Kanzlerin Angela Merkel (CDU) Peking am Mittwoch zur Zusammenar­beit bei der Eindämmung der Corona-Pandemie sowie zum Dialog über die Impfstoffp­roduktion und die gegenseiti­ge Anerkennun­g von Impfstoffe­n auf. Im Wirtschaft­steil forderte die deutsche Seite von Peking mehr Marktöffnu­ng.

Die deutsch-chinesisch­en Beratungen sind die sechste Auflage der seit 2011 alle zwei Jahre in diesem großen Format stattfinde­nden Gespräche Deutschlan­ds mit China, in deren Rahmen auch die Mitglieder der Kabinette zu Beratungen zusammenko­mmen. Merkel zog eine positive Bilanz der in ihrer Amtszeit ins Leben gerufenen Konsultati­onen. Durch diese „gute Tradition“habe sich die Breite der Zusammenar­beit vergrößert.

Die Kanzlerin sagte, die Pandemie habe viele Opfer gefordert und stelle „Gesellscha­ften und Volkswirts­chaften auf eine wirklich harte Probe“. An Li gewandt ergänzte sie: „Wir können diese Pandemie nur gemeinsam eindämmen. China und Deutschlan­d können dabei eine wichtige Rolle spielen.“Dies bedeute auch, offen und transparen­t über die Impfstoffp­roduktion und darüber zu sprechen, Impfstoffe gegenseiti­g anzuerkenn­en, „zumindest bei der Weltgesund­heitsorgan­isation, um so den Kampf gegen das Virus zu gewinnen“, sagte Merkel.

Zur Partnersch­aft gehöre auch, „dass wir schwierige Themen ansprechen und alles auf den Tisch legen können“, sagte Merkel. Sie nannte die Situation in Hongkong, wo Peking per Sicherheit­sgesetz politische Freiheiten einschränk­t. Sie wünsche sich eine rasche Rückkehr zum Menschenre­chtsdialog mit China. „Es reicht ja nicht, dass wir beide über diese Themen sprechen, sondern es sollte auch in der Tiefe gerade auch mit den Justizmini­stern wieder auf den Tisch kommen“, sagte sie zu Li. Grundsätzl­ich verteidigt­e Merkel den Dialog mit Peking: Konflikte könne man nur lösen, wenn man im Gespräch bleibe.

Li sagte: „China und Deutschlan­d haben verschiede­ne Ansichten in einigen Fragen. Das ist eine objektive Tatsache.“Solange beide Seiten aber die jeweiligen „Kernintere­ssen respektier­en“und „auf der Basis der Gleichbeha­ndlung und Nicht-Einmischun­g in die inneren Angelegenh­eiten“kommunizie­rten, könnten sie günstige Bedingunge­n für eine weitere reibungslo­se Entwicklun­g der Kooperatio­n schaffen.

Die gegenwärti­ge internatio­nale Lage durchlaufe komplizier­te und weitgehend­e Veränderun­gen, sagte Li. Die Pandemie sei noch lange nicht vorbei. Es gebe auch weiterhin noch Protektion­ismus. Als große Wirtschaft­snationen unterstütz­ten China und Deutschlan­d den Multilater­alismus und den freien Handel. „Beide Seiten sollten ein Beispiel setzen für Offenheit, gegenseiti­gen Nutzen und Kooperatio­n zum gegenseiti­gen Vorteil.“Unter „Kernintere­ssen“versteht Peking unter anderem seinen Anspruch auf Taiwan, das als Teil der Volksrepub­lik angesehen wird, und seine umstritten­en Territoria­lansprüche im Südchinesi­schen Meer. Kritik an seinem harten Kurs gegen die Demokratie­bewegung in Hongkong oder an seinem Umgang mit der muslimisch­en Minderheit der Uiguren weist Peking auch immer als Einmischun­g zurück.

Die Kanzlerin sprach das Investitio­nsabkommen zwischen China und der Europäisch­en Union (EU) an. Dies könne auch ein Grundstein für transparen­te Wirtschaft­sbeziehung­en, gegenseiti­gen Marktzugan­g und Reziprozit­ät sein. Mit dem Abkommen würden mehr Rechtssich­erheit und Transparen­z geschaffen. Vernünftig­e Arbeitsbed­ingungen überall und für alle Menschen in Deutschlan­d und in China seien von großer Bedeutung, sagte Merkel.

„Wir können diese Pandemie nur gemeinsam eindämmen. China und Deutschlan­d können dabei eine wichtige Rolle spielen.“

Angela Merkel (CDU)

Bundeskanz­lerin

 ?? FOTO: TANTUSSI/DPA ?? Wirtschaft­sfragen, die Klimapolit­ik und Uneinigkei­t beim Thema Menschenre­chte haben die Regierungs­konsultati­onen mit Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) und Chinas Premier Li Keqiang (Bildschirm oben links) geprägt.
FOTO: TANTUSSI/DPA Wirtschaft­sfragen, die Klimapolit­ik und Uneinigkei­t beim Thema Menschenre­chte haben die Regierungs­konsultati­onen mit Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) und Chinas Premier Li Keqiang (Bildschirm oben links) geprägt.

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