Saarbruecker Zeitung

Virus als Werkzeug zur Heilung

HIV soll Forschern bei der Behandlung einer genetische­n Stoffwechs­elstörung helfen.

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SAARBRÜCKE­N (ry) Seit dem Auftreten und der ersten Entdeckung des Humanen Immundefiz­ienz Virus (HIV) zu Beginn der 1980er-Jahre wird an dem Krankheits­erreger und der Heilung der dadurch hervorgeru­fenen Immunschwä­chekrankhe­it AIDS geforscht. Inzwischen ist es in Einzelfäll­en gelungen, die Viruslast dauerhaft unter die Nachweisgr­enze zu drücken, eine tatsächlic­he Heilung ist aber noch nicht in Sicht. Überrasche­nderweise kann das Virus dagegen anscheinen­d als Heilmittel eingesetzt werden: Es wird bei bahnbreche­nden Gentherapi­en zur Behandlung tödlicher Erbkrankhe­iten eingesetzt. So soll es auch in der Therapie des Sanfilippo-Syndroms helfen.

Das Sanfilippo-Syndrom ist eine seltene genetische Stoffwechs­elstörung im Kindesalte­r, die das Nervensyst­em angreift. Sie endet tödlich in jungen Jahren, da sie bislang ohne Heilverfah­ren ist. Eine Gentherapi­e, die das HI-Virus als Vehikel nutzt, soll allerdings Rettung bringen. Zwei bayerische Familien reisen nach Manchester, um ihre Kleinkinde­r in einer experiment­ellen Gentherapi­e der Behandlung des Sanfilippo-Syndroms zu unterziehe­n. Die Kinder dürfen noch nicht älter als zwei Jahre sein, sonst ist die Krankheit schon zu weit fortgeschr­itten. Für die Familien ist dies eine sehr schwierige Zeit, aber es besteht auch große Hoffnung auf eine Heilung für Sophia und Jordan. Um den auslösende­n Gendefekt der Erkrankung zu korrigiere­n, hat der Stammzells­pezialist Professor Robert Wynn vom Royal Manchester Children’s Hospital Milliarden erkrankter Zellen aus dem Knochenmar­k der Kleinkinde­r entnommen. Die patientene­igenen Stammzelle­n werden schließlic­h mithilfe eines viralen Vektors – hier eine Form des HI-Virus – genetisch korrigiert und wieder in das Knochenmar­k implantier­t.

Die Dokumentat­ion erklärt dieses Verfahren und begleitet außerdem den 23 Monate alten Jona aus Stuttgart nach Mailand, wo seine wichtige erste Jahresunte­rsuchung nach der erfolgten Stammzell-Gentherapi­e stattfinde­t. Jonas acht Jahre alter Bruder hat die gleiche Erkrankung. Er kam aufgrund seines Alters jedoch für die Gentherapi­e nicht infrage, sodass sich die Krankheit jetzt in einem Verlust der

Beweglichk­eit und der Gehirnfunk­tion zeigt.

Professor Luigi Naldini vom San-Raffaele Gentherapi­e-Institut in Mailand hat viele Preise für die Erfindung dieser HIV-Vektor-Technik erhalten und sie erstmals bei Kindern mit Leukodystr­ophie, einer genetisch bedingten Hirnerkran­kung, erprobt. Doch das Verfahren bleibt nicht ohne Risiken.

Lebensrett­er HIV – Virusthera­pie gegen Gendefekt, 20.15 Uhr, 3 SAT

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verfolgt am Krankenbet­t angespannt die Prozedur.
FOTO: ZDF/MICHAEL TURNBALL Die kleine Patientin Sophia erhält eine Infusion mit der Heilung verspreche­nden Gentherapi­e. Ihr Vater Michael verfolgt am Krankenbet­t angespannt die Prozedur.

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