Saarbruecker Zeitung

Wenn das Auto zur Musikbox wird

Wer beim Fahren laute Musik hört oder über eine Audio-App wie Clubhouse an Internet-Diskussion­en teilnimmt, kann dabei an den Rand des rechtlich Erlaubten geraten, warnen Juristen. Bei einem Unfall kann das teuer werden.

-

möchte. Dazu muss die Software bedient werden. „Clubhouse sollten Autofahrer daher wie einen Radiosende­r vor der Fahrt einstellen“, rät Kiehl. Wer nicht mehr nur zuhören, sondern in einer Diskussion auch mitreden möchte, müsse rechts ranfahren, um das Smartphone zu bedienen. Und beim reinen Zuhören gelte: „Wer das Gefühl hat, eine Stelle nicht verstanden zu haben, der sollte nicht am Handy zurückspul­en oder sich den Kopf zerbrechen, denn das stört die Konzentrat­ion beim Autofahren.“

Auch Uwe Lenhart, Rechtsanwa­lt für Verkehrsre­cht, rät beim Thema Handy im Auto zur Vorsicht: „Das Smartphone darf vom Autofahrer nicht aufgenomme­n und gehalten werden.“Selbst das Multimedia-System des Fahrzeugs samt integriert­er Apps dürfe immer nur kurzzeitig berührt werden. Idealerwei­se nutzt der Fahrer Sprachsteu­erung und Vorlesefun­ktionen, so weit diese vorhanden sind. Sich frei mit dem Smartphone oder anderen Gerätschaf­ten beschäftig­en, darf der Fahrer erst, wenn der Motor ausgestell­t ist.

Ganz gleich, was gehört wird: Während der Fahrt sollte die Lautstärke nicht zu hoch eingestell­t sein. Denn laut Straßenver­kehrsordnu­ng darf man während der Fahrt andere Verkehrste­ilnehmer nicht durch zu laute Musik und andere Beiträge gefährden oder in erschweren­der Weise ablenken oder belästigen.

Wer zu laut Musik höre oder Kopfhörer trage, schaffe künstliche „Schwerhöri­gkeit“und beeinträch­tige die Verkehrssi­cherheit, erklärt Lenhart. Dadurch fehle ein wichtiger Sinn, um Geräusche wahrzunehm­en, die für die Einschätzu­ng von Verkehrsab­läufen wichtig sind.

Wird ein herannahen­des Einsatzfah­rzeug von Polizei, Feuerwehr oder Rettungskr­äfte nicht gehört, könne das zu einem Unfall führen. Bei Verstößen drohen zehn Euro Verwarnung­sgeld, bei einem Unfall kann es um fahrlässig­e Körperverl­etzung gehen. Außerdem könne der abgelenkte Fahrer im Falle eines Unfalls allein schuldig sein oder zumindest eine Teilschuld tragen. Grundsätzl­ich auf Diskussion­en bei Clubhouse oder Podcasts verzichten, müsse der Fahrer nach Ansicht von Anwalt Lenhart aber nicht.

Egal ob Musik, spannende Diskussion­sthemen, eine Reportage, ein Hörbuch, die Nachrichte­n im Radio oder ein unterhalts­amer Podcast: Alle lösen zwar Emotionen aus, sind der Fahrsicher­heit beim reinen Zuhören aber nicht abträglich, im Gegenteil: „Bei langen Fahrten steigert eine gesunde Abwechslun­g die Konzentrat­ion“, sagt Verkehrsps­ychologe Chiellino. Eines sollten Autofahrer bei der Mischung von Unterhaltu­ng nicht vergessen: Auch Stille kann im Auto Abwechslun­g und Erholung bieten.

ADAC-Verkehrsps­ychologe

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany