RB Leipzig setzt im Umbruch auf einen Vertrauten
Der Fußball-Bundesligist steht vor der Verpflichtung des US-Amerikaners Marsch als Nachfolger von Trainer Nagelsmann.
(sid) Das Trainer-Beben um Julian Nagelsmann wirkte am Campus von RB Leipzig auch am Mittwoch nach. Der künftige Bayern-Coach bereitete sein Team in gewohnter Form auf das Pokal-Halbfinale bei Werder Bremen (Freitag, 20.30 Uhr/ARD und Sky) vor, als nebenan auf der Geschäftsstelle schneller als erwartet die dringende Nachfolge-Lösung offenbar geklärt wurde: Jesse Marsch vom Schwester-Club Red Bull Salzburg soll laut Medienberichten bei RB Leipzig ab Sommer an der Seitenlinie stehen.
Demnach herrscht zwischen Leipzig und dem 47 Jahre alten US-Amerikaner Einigkeit. Ausstehend sei nur die Einigung zwischen den Clubs – was angesichts der Nähe beider Vereine reine Formsache sein dürfte. Die Risse, die durch den Nagelsmann-Abgang im scheinbar stabilen Konstrukt RB Leipzig entstanden waren, wurden also schleunigst mit einem Vertrauten aus dem RB-Kosmos geflickt. Wie tief die Verwerfungen angesichts der ebenfalls beschlossenen Trennung von Sportdirektor Markus Krösche allerdings wirklich sind, ist noch nicht abzusehen. Unter der Oberfläche von RB brodelt es jedenfalls, das ist klar.
Vor allem Nagelsmann ist für Leipzig nicht zuletzt aufgrund der Strahlkraft des 33-Jährigen nicht adäquat zu ersetzen. Dessen Abgang zeigt, dass der ambitionierte Club vorerst am Ende seiner Entwicklung angekommen ist. RB kann Bayern-Jäger sein. Ein Bayern-Erbe ist der Emporkömmling nicht. Das dürfte auch Nagelsmann erkannt haben, der sich in München seinen „Lebenstraum“erfüllt.
Ob sich RB Leipzig ohne Nagelsmann noch weiter nach vorne entwickeln kann, dürften sich jetzt viele Spieler fragen. Die international begehrten Leistungsträger Dani Olmo (22) oder Christopher Nkunku (23) reagierten in Interviews wenig begeistert auf den Nagelsmann-Wechsel. Spielmacher Emil Forsberg (29) und Kapitän Marcel Sabitzer (27) – beide seit Jahren im Club und mit Verträgen bis 2022 ausgestattet – dürfte ein weiteres Bekenntnis zu RB deutlich schwerer fallen. Zumal Abwehrchef Dayot Upamecano seinem Trainer nach München folgt und weitere Spieler wie Ibrahima Konaté (wohl zum FC Liverpool) vor dem Absprung stehen.
Eine Gefahr, den national wie international mit viel guter Arbeit erkämpften Status im wohl größten Umbruch der jungen Clubgeschichte zu verspielen, sieht Geschäftsführer Oliver Mintzlaff allerdings nicht. „Das ist keine Bankrott-Erklärung“, sagte Mintzlaff zur Nagelsmann-Entscheidung: „Wir werden die Lücke schließen. Julian wird uns spüren, wir werden weiterhin auf Angriff gehen.“
Seine Zuversicht schöpft Mintzlaff auch aus dem Blick in die Vergangenheit. Die Abgänge von Trainer Ralph Hasenhüttl und Leistungsträger Naby Keita (2018) meisterte RB ebenso wie den Abschied von Leitfigur Ralf Rangnick und Torjäger Timo Werner (2020). „Ich weiß, dass wir einen Plan haben“, sagte Mintzlaff: „Wir werden einen Nachfolger haben, der die Philosophie nicht auf links dreht, sondern das, was Julian aufgebaut hat, fortsetzt.“Dieser heißt offenbar Jesse Marsch.