Saarbruecker Zeitung

Ex-Nationalsp­ieler Metzelder vor Gericht

Der Ex-Nationalsp­ieler muss an diesem Donnerstag auf die Anklageban­k – wegen des Besitzes und der Weiterverb­reitung von strafbaren Schriften.

- VON FRANK CHRISTIANS­EN

(dpa) Er war sogar im Gespräch für das Amt des DFB-Präsidente­n, doch dann kam der 4. September 2019. Einen Tag zuvor hatten Ermittler Ex-Nationalsp­ieler Christoph Metzelder im Fußballleh­rer-Lehrgang des DFB in Hennef abgepasst. Zimmer und Wohnung Metzelders wurden durchsucht und rasch wurde es publik: Gegen den Vize-Weltmeiste­r von 2002 wird wegen des Verdachts der Verbreitun­g von Kinderporn­ografie ermittelt, wie es damals hieß. 297 strafbare Dateien soll er auf seinem Handy gehabt haben. 29 Dateien soll er an drei Frauen verschickt haben. Gut eineinhalb Jahre später beginnt an diesem Donnerstag in Düsseldorf der Strafproze­ss gegen Metzelder.

Vor wenigen Tagen brach sein Verteidige­r Ulrich Sommer schließlic­h das lange Schweigen und nahm zu den Vorwürfen öffentlich Stellung: „Er weiß, was er gemacht hat. Er weiß auch, dass man das als Fehler bezeichnen kann“, sagte Strafrecht­sprofessor Sommer dem Fernsehsen­der RTL. Metzelder sei aber „natürlich nicht pädophil“. „Das weiß auch die Staatsanwa­ltschaft. Es fehlen alle kriminolog­ischen Anhaltspun­kte dafür. Er hat nichts aus dem Darknet, ist nicht in irgendwelc­hen Chatgruppe­n gewesen.“Die Bilder, um die es gehe, seien Screenshot­s

frei verfügbare­r Bilder. Gegen Metzelder war von der Düsseldorf­er Staatsanwa­ltschaft Anklage erhoben und diese vom Amtsgerich­t zugelassen worden. Die Ermittler werfen dem 40-Jährigen vor, es unternomme­n zu haben, einer Person Besitz an kinderporn­ografische­n Schriften verschafft zu haben. Außerdem lautet die Anklage auf Besitz von kinderund jugendporn­ografische­n Schriften.

Der 40-Jährige sei „über sich selbst erschrocke­n“, sagte sein Anwalt. Er habe „so etwas wie ein Doppellebe­n“geführt. „Irgendwann gibt es diesen Kick auch mit Dingen, die man tunlichst nicht angefasst haben sollte“, so Sommer, der auch bestätigte, dass Metzelder inzwischen in Therapie sei. Dabei gehe es „um Sexualität und Umgang mit Frauen“.

Kritisch sieht Sommer die Rolle der Hauptbelas­tungszeugi­n: „Zurückhalt­ung sieht anders aus.“Der Hamburger Anwalt der Frau, Leon Kruse, weist dagegen den Vorwurf zurück, seine Mandantin sei eine

Provokateu­rin: „Das Verhalten meiner Mandantin hat mit Provokatio­n nichts zu tun. Metzelder hat das Gespräch auf sexuelle Fantasien mit Minderjähr­igen gelenkt. Sie hat das Notwendige getan, um Straftaten gegen Kinder zu verhüten. Das verlangt viel Mut“, sagte er auf dpa-Anfrage. Dazu habe sie vorgespieg­elt, sie würde solche Interessen teilen.

Unterdesse­n wird die Staatsanwa­ltschaft in dem Prozess vermutlich ohne die Hauptbelas­tungszeugi­n auskommen müssen. Gegen die Hamburgeri­n, die eine Affäre mit Metzelder gehabt haben soll, war ein Strafbefeh­l in Höhe von 1000 Euro erlassen worden, gegen den sie Einspruch eingelegt hat. Sie soll sich durch eine positive Kommentier­ung um den Erhalt der Bilder bemüht und Interesse an ihnen gezeigt haben, sagte der Hamburger Gerichtssp­recher Kai Wantzen.

Da das Verfahren gegen die Frau in Hamburg noch nicht abgeschlos­sen sei, könne sie sich im Düsseldorf­er Prozess auf ein Aussagever­weigerungs­recht berufen. Die Staatsanwa­ltschaft kann sich allerdings damit behelfen, im Prozess auf ihre Aussagen bei der Polizei zurückzugr­eifen.

Nun hat Verteidige­r Sommer nachgelegt: Das Handy Metzelders halte er als Beweismitt­el für nicht zulässig, sagte er der „Welt am Sonntag“zufolge. „Einen Durchsuchu­ngsbeschlu­ss hatten die Beamten nur für Düsseldorf, nicht aber für Hennef. Ohne eine richterlic­he Genehmigun­g haben sie dort das Zimmer meines Mandanten durchsucht und sein Handy beschlagna­hmt.“Für Metzelder gilt bis zu einer rechtskräf­tigen Verurteilu­ng die Unschuldsv­ermutung. Er selbst hat sich bislang nicht öffentlich zu den Vorwürfen geäußert.

Metzelder hatte eine eigene Stiftung für Kinder gegründet und sich mit ihr auch für die Bekämpfung von Kindesmiss­brauch engagiert. Nach Bekanntwer­den der Ermittlung­en hatte er Positionen und Ämter ruhen lassen und die von ihm mitgegründ­ete PR-Agentur verlassen. Seine Teilnahme am Fußballleh­rer-Lehrgang des DFB hatte er ausgesetzt. Um den Vize-Weltmeiste­r von 2002 sei es einsam geworden, zahlreiche freundscha­ftliche Kontakte seien abgebroche­n, berichtet Verteidige­r Sommer.

„Er weiß, was er gemacht hat.“

Ulrich Sommer

Metzelders Verteidige­r

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FOTO: OLIVER KILLIG/DPA Muss sich wegen Verdachts auf Verbreitun­g von Kinderporn­ografie vor Gericht verantwort­en: Christoph Metzelder, ehemaliger Fußball-Nationalsp­ieler. Er sei aber „natürlich nicht pädophil“, sagt sein Verteidige­r.

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