Das Saarland verliert seine Vogelschutzwarte
Aus der für drei Bundesländer zuständigen staatlichen Vogelschutzwarte in Gießen soll eine rein hessische werden. Im Saarland fürchtet man um aktuelle Projekte. Doch es zeichnet sich eine Lösung des Problems ab.
Saarland - Institut für angewandte Vogelkunde“, wie sie mit vollen Namen heißt, soll in Zuge dessen mit anderen Naturschutzfachbehörden an einem Ort konzentriert und zu einem neuen „Zentrum der Artenvielfalt“zusammengefasst werden. Betroffen davon sind auch die Naturschutzabteilung des Hessischen Landesamts für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) sowie die Naturschutz-Akademie Hessen in Wetzlar (NAH). Und eben auch das Saarland. Denn dieses war neben Rheinland-Pfalz, Hessen und der Stadt Frankfurt/Main seit 1957 Träger der Vogelschutzwarte (siehe Infokasten), die mittlerweile in Gießen untergebracht ist. Nach Informationen unserer Zeitung soll die Verwaltungsvereinbarung mit den vier Trägern aller Voraussicht nach zum Jahresende nun in Folge der Umstrukturierung aufgekündigt werden. Bedeutet: Aus der länderübergreifenden Vogelschutzwarte wird eine rein hessische werden. Rheinland-Pfalz und das Saarland stehen ab 2022 dann ohne eigene Vogelschutzwarte da.
In Naturschutzkreisen wird das Vorhaben von vielen daher eher als Auflösung statt als Umstrukturierung verstanden. Die Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz Rheinland-Pfalz e.V. (GNOR) kritisiert die Pläne als „eine politische Entscheidung ohne Konsultation aller Beteiligten.“Der bundesweit anerkannte
Umweltverband Naturschutzinitative e.V. (NI) fürchtet ein Wegfall der „bisherigen Synergieeffekte“. Die Leitung der Staatlichen Vogelschutzwarte sieht die Umstrukturierung dagegen komplett anders. „Das ist eindeutig eine Verstärkung, keine Auflösung!“, heißt es seit kurzem auf der Homepage der Einrichtung.
Auch die Vogelschützer im Saarland beschäftigt die jetzige Entwicklung. Schließlich war die Staatliche Vogelschutzwarte bisher ein wichtiger Ansprechpartner
und beispielsweise für die fachliche Betreuung der Beringer der Nabu-Beringungsstation in Saarlouis zuständig. Auch wenn dies wohl nicht immer zu merken war. In den letzten Jahren habe man in der Beringungsstation „leider keine spürbare Unterstützung der Vogelschutzwarte erfahren“, erklärte Sebastian Kiepsch, der auch Vorstandsmitglied im Ornithologischen Beobachterring Saar e.V. (OBS) ist. Und auch der stellvertretende Nabu-Landesvorsitzende
Rudi Reiter bedauerte eine schon länger rückläufige Unterstützung aus Hessen. Gleichzeitig würde durch den Wegfall der Vogelschutzwarte die Zukunft von mehreren Vogelschutz-Projekten jetzt fraglich sein. So sollte die Staatliche Vogelschutzwarte in diesem Jahr beispielsweise ein Schutzkonzept für Vögel, die an Gebäuden brüten, erstellen, erklärt Reiter.
Von Seiten des Ministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz in Saarbrücken gab man sich zu dem
Thema zunächst etwas bedeckt. Es werde geprüft, „wie die Aufgaben, die die Vogelschutzwarte für das Saarland erfüllt, ab dem kommenden Jahr wahrgenommen werden können“, hieß es in einer ersten Antwort auf die Anfrage unserer Zeitung. Dieser Prüfprozess werde wohl im Sommer abgeschlossen sein. Kurze Zeit später wurde man im Hause von Umweltminister Reinhold Jost (SPD) dann doch konkreter: „Wir streben eine saarländische Lösung an“, erklärte eine Sprecherin des Ministeriums. Doch wie könnte die aussehen? Laut der Nabu-Landesvorsitzenden Julia Michely steht die Idee eines „Zentrums für Vogelschutz im Saarland“im Raum. Dieses könnte dann unter anderem als landesweiter Ansprechpartner für ornithologische Fachfragen dienen. Doch auch eine mögliche Zusammenarbeit mit Rheinland-Pfalz wolle man bei bestimmten Themen nicht sofort ausschließen. Sowohl der Nabu als auch der OBS beteiligen sich laut Michely an entsprechenden Vorbereitungen.
Die größte Frage dürfte jedoch ohnehin die der Finanzierung werden. Denn die ist noch völlig unklar. Für Rudi Reiter vom Nabu steht bereits jetzt jedoch schon eines fest: Die bisher jährlich 80 000 Euro, die das Saarland in die Staatliche Vogelschutzwarte gesteckt hat, dürften wohl nicht ausreichend sein.